39 - Meuchelmörder von Scorpio
Nacken, Schwachkopf!«
Oho, sagte ich mir. Also erholt Madam sich wieder. Gut! Sie fuhr fort. »Du solltest lieber die anderen Dinge erklären – Carazaar?«
»Ein Phantom. Arzuriel, sein tierähnlicher Komplize, ist anscheinend nicht tot, was an sich schon ein Verbrechen gegen die Natur ist. Sie versuchen, mir zu schaden.«
»Wenn sie mit den Everoinye in Verbindung stehen ...«
»Daran habe ich nie gedacht. Ich war überrascht, als die verdammten Vögel ...«
»Schwachkopf! Wirklich! Du mußt deinen Ton mäßigen. Wer weiß, was dir hätte geschehen können?« Sie wandte mir das Gesicht zu, das jetzt in seiner natürlichen kräftigen Farbe leuchtete, die zurückgekehrt war. Ich fühlte mich wie ein wirklich übler Bursche, daß ich sie verletzt hatte. Aber ich beschimpfte den Gdoinye jetzt schon seit Jahren, und er hatte meine Beleidigungen doppelt erwidert. Wie mit den Herren der Sterne selber, hatte ich eine Beziehung und eine Art Übereinstimmung mit dem Gdoinye aufgebaut.
»Ja, gut«, sagte ich etwas ausweichend. »Diese anmaßenden Vögel scheinen dir ganz schön unter die Haut zu gehen.« Wir begaben uns nach draußen in den strahlenden Glanz der Sonnen Scorpios. »Laß uns gehen und etwas kühlen Parclear trinken. Ich bin ausgetrocknet.«
»Nach alledem, was du zum Frühstück getrunken hast?«
»Ganz genau.«
Jeder Bursche bekommt ein seltsames Gefühl, wenn er eine schöne Frau begleitet und fast alle vorbeigehenden Männer sich umdrehen, um sie anzustarren. Das ist keine Unverschämtheit, zumindest so wie ich es sehe, sondern eher eine Art Hommage an die Schönheit. Wenn es der Dame natürlich zuwider und ihr Begleiter der Meinung ist, die Blicke seien zu aufdringlich, sollte man vielleicht etwas unternehmen. Wie dem auch sei, man kann die Gedanken eines Mannes wirklich nicht gesetzlich kontrollieren – zumindest so lange nicht, bis die Prophezeiungen einer Gedankenpolizei und -Überwachung Wirklichkeit werden.
So nahm Mevancy absolut keine Notiz von dem Mann, der sie von der anderen Straßenseite offen anstarrte. Ich warf ihm einen scharfen Blick zu. Er war mittelgroß, hatte dunkelbraunes Haar und braune Augen. Sein Gesicht erschien mir einnehmend und gleichmäßig geschnitten, auch wenn es hier und da von ein paar Flecken gezeichnet war. Wie die meisten Leute in Makilorn trug er die allgemein übliche Kombination aus hellbraunem Gewand und Mantel, und seine linke Hand ruhte in dem Gewand. Als er bemerkte, daß ich ihn anblickte, wandte er sich ab und verschwand in einer Gasse. Der Gedanke, ihm zu folgen, kam mir nicht. Mevancy ging mit erhobenem Kopf voran.
Eine – wenn auch die einzige, bei Vox! – gute Sache hatte der Sieg von Shang-Li-Pos Partei mit sich gebracht, soweit es Mevancy und mich betraf; und zwar waren wir die Meuchelmörder los. Zumindest ich war zu dieser Überzeugung gekommen, der sowohl Kuong als auch Chandra zustimmten. Der Anblick dieses aufgeweckten Burschen, der uns mit mehr als bloßer Bewunderung für Mevancy beobachtet hatte, machte mir Sorgen. Wir ich bereits sagte, war Mevancy keine atemberaubende Schönheit. Ihr Reiz beruhte mehr auf ihrer Lebhaftigkeit und ihrem Temperament als dem Schnitt ihrer Gesichtszüge. Was also hatte dieser Bursche gewollt?
Wir fanden eine kleine freistehende Theke an der Ecke eines Gebäudes mit darüber befindlichen Wohnungen und tranken unseren Parclear. Ich zumindest. Da sie von dem allseits akzeptierten Frauenbild abwich, bestellte sie Sazz. Sie wählte eine hellgrüne Sorte. Das störte mich nicht ein Jota.
Wir besprachen die Erscheinung von Carazaar, und ich sagte, daß es nicht der Gdoinyi bedurft hätte, um mir zu sagen, daß er böse bis ins Mark war. *
»Wenn er irgendwie mit den Everoinye in Verbindung steht, Schwachkopf, geht mich das auch an.«
»Sicherlich.«
»Ach, du!«
Gut, sagte ich mir, sie mag nicht das hübscheste Mädchen zweier Welten sein, aber sie hat ein Feuer und einen Geist, den jeder bewundern würde.
Nun war sie über meine sanfte Spöttelei gestolpert, über meine idiotische Neckerei, und aus ihren Augen schoß ein Blick, der dazu bestimmt war, mich zurechtzustutzen und auf meinen Platz zu verweisen.
Sie erwähnte den Mann auch nicht, der sie angestarrt hatte.
Ich drehte mich um, lehnte mich mit dem Rücken an die Theke, die Ellbogen auf die Platte gestützt, und sah der vorbeimarschierenden Parade zu. Die Sonnen schienen schräg herab, und die vertrauten Staubflecken waren in der Luft. Eine
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