39 - Meuchelmörder von Scorpio
Abteilung der königlichen Garde marschierte vorbei, und da dies Loh war und die alten kaiserlichen Traditionen immer noch fortbestanden, marschierten alle im Gleichschritt. Die gelben Nocken ihrer Pfeile fingen das Licht auf und schimmerten messingfarben. An der Spitze marschierte, meiner Meinung nach zu geziert für einen Soldaten, ein Hikdar mit blutarmem Gesicht und zu vielen goldenen Schnüren behängt. Er rief mit schriller Stimme einen Befehl, und die Gruppe kam gegenüber der Erfrischungstheke mit viel Getöse zum Stehen. Ich stieß mich ab und konnte nicht verhindern, daß meine Hand zum Schwertgriff fuhr.
»Tu das nicht, Tikshim!« Die schrille Stimme hatte einen nasalen Klang. »Du bist Drajak, der als der Schnelle bekannt ist?«
»Wer will das wissen?«
»Schwachkopf!« ertönte ein hitziges Flüstern an meiner Seite.
»Hikdar Vangli ti Trishnar, Shint! Nach dir wird geschickt!«
Daraufhin kam die Wachabteilung auf mich zu.
Nicht einmal Dray Prescot hätte eine Möglichkeit gefunden, sich einen Weg aus dieser Gruppe zu bahnen, besonders nicht, als die lohischen Langbogen von den Schultern genommen wurden und die scharfen, stählernen Pfeilspitzen auf meinen Leib zielten.
Ich sagte: »Wer schickt nach mir?«
Unmöglich oder nicht, wenn die falsche Antwort kam, würde ich den Versuch wagen müssen.
»Die Königin, Shint! Sofort, Bratch! «
Das war nicht die falsche Antwort. Wenigstens hatte diese unangenehme Person Bratch gesagt statt des sklavenantreibenden Grak. Ich bewegte mich schnell vor, bis ich an seiner Seite stand. Er blinzelte. Er öffnete den mit dicken, purpurnen Lippen versehenen Mund, und ich sagte scharf: »Worauf wartest du noch? Laß uns gehen.« Ich drängte mich an den beiden nächsten Wachen vorbei und ging los.
Er trippelte an meine Seite und versuchte, sich meinem Tempo anzupassen. Ich wandte den Kopf nicht um. Falls Mevancy ... Als wir losgingen, seufzte ich erleichtert auf. Sie hatte die Geistesgegenwart besessen, nicht zu rufen oder eine Szene zu machen. Soweit es Vangli ti Trishnar betraf, war sie nur eine Frau an der Theke und hatte nichts mit dem Mann zu tun, den er laut Befehl abzuholen hatte.
Also gingen wir alle zusammen im staubigen Licht der Sonnen zum Palast.
Eins mußte man Leone zugestehen: Sie sah jeden Zoll aus wie eine Königin. Meine Eskorte führte mich in ein Gemach. Obwohl es nicht groß oder bemerkenswert aufwendig ausgestattet war, war es mehr als nur ein einfaches Vorzimmer. Leone saß auf eine Art Mini-Thron, der vor Gold und Elfenbein nur so glitzerte. Sie trug einen königlichen Schatz an Juwelen. Ihr helles Haar war hochfrisiert und mit Edelsteinen durchsetzt. Ihr Gesicht – nun, ihr hübsches Gesicht glühte förmlich, und ihre Augen sahen mich strahlend an.
»Drajak!«
»Majestrix!«
Sie wedelte die Eskorte weg, doch Vangli zögerte. »Du darfst beruhigt sein, Hikdar. Dieser Mann ist ein Freund.«
Er verneigte sich und nahm seinen Wachtrupp mit.
Leone sah mich stirnrunzelnd an. »Ich nenne dich einen Freund, Drajak, und doch ignorierst du mich.«
»Du hast jetzt neue Freunde, Leone. San Chandro ...«
»Oh!« platzte es aus ihr heraus. »Willst du seinetwegen jammern?«
»Er verehrt dich sehr ...«
»Das hat er auf schöne Art zum Ausdruck gebracht!« Sie atmete schnell, und die Juwelen, die ihre Brust schmückten, funkelten. »Und du, Drajak, verehrst du mich auch so?«
Mir kam der Gedanke, daß sie die Macht hatte anzuordnen: ›Kopf ab!‹
Ich starrte ihr ins Gesicht, sah die Rötung, das Strahlen und das kleine verräterische Beben ihrer weichen Lippen.
»Nun, Drajak?«
»Du kennst die Antwort, Leone.«
Sie biß sich auf die Unterlippe und ließ sich in den Thron zurücksinken. Ein kleiner, mit Seide bekleideter Fuß tappte gegen das elfenbeinerne Stuhlbein. »Du könntest mein Gatte sein.«
»Das ist unmöglich. Ich würde dir die Demütigung ersparen ...«
»Demütigung!« Sie brauste auf, lehnte sich vor und setzte sich kerzengerade hin. Ihre Juwelen blitzten angriffslustig auf. »Shang-Li-Po hat bestimmte Dinge über dich gesagt, und über San Chandro. Wenn ich wollte ...«
Mit scharfer und haßerfüllter Stimme knurrte ich: »Shang-Li-Po ist dir kein Freund, Leone! Er hat Nalgre ermorden lassen. Er wird Chandro töten lassen, wenn er eine Möglichkeit findet. Er sorgt nur für sich.«
Sie erbebte vor Leidenschaft. »So kannst du nicht mit mir sprechen!«
»Ich habe es gerade getan. Und da ist noch mehr. Wenn du
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