4 Meister-Psychos
zusammensuchte. Dann stürmte sie
über die Straße.
Julia wählte mit zitternden
Fingern die Nummer, das Durchstellen dauerte ja wieder ewig — dann meldete sich
Nogees sanfte Stimme, und Julias Worte sprudelten in den Hörer.
Peter Marohn trat ein und sah
Ilse Randloph sofort. Nogees thronte hinter seinem Schreibtisch wie eine
Spinne.
»Frau Dr. Randolph wollte Sie
gern sehen.«
»Ilse!«
»Peter!«
»Wie geht’s dir, Ilse?«
»Danke«, brachte sie hervor.
»Es tut mir aufrichtig leid um
deinen Mann. Glaubst du das, Ilse?«
»Ja, Peter.«
Hat der Glück bei Frauen,
dachte Nogees hinter seinem Schreibtisch. Ja, den Seinen gibt’s der Herr
bekanntlich im Schlafe.
»Man hat mich in Verdacht,
deinen Mann ermordet zu haben«, fuhr Marohn fort, »aber ich habe ihn nicht
getötet. Ich habe mich mit ihm ausgesprochen und ihn verlassen, und er lebte,
als ich ihn verließ. Glaubst du mir, Ilse?«
»Ja, Peter. Ich glaube dir.«
»Es war nett von dir, daß du
mich nicht verraten wolltest. Aber die Wahrheit muß auch so herauskommen. Ich
habe ihn nicht ermordet.«
Sie sah auf den Mann vor sich,
dann auf den Kommissar, als erwarte sie eine Frage. Aber Nogees blieb stumm, er
hatte nichts zu fragen.
»Geht es dir gut, Peter? Hast
du alles? Kann ich dir irgend etwas...«
»Dank’ dir schön, Ilse. Ich
habe alles. Der Herr Kommissar sorgt rührend für mich.«
Nogees verzog das Gesicht, es
wurde Zeit, daß er mal eingriff. »Sie halten es für ausgeschlossen, daß Dr.
Marohn Ihren Mann erschossen hat, gnädige Frau.«
»Ja!« rief sie sofort. »Ich
kenne ihn seit langem — das würde er niemals tun. Niemals.«
»Hm« machte Nogees, und Peter
wußte, daß jetzt wieder etwas kommen würde. »Hm — sagen Sie, Frau Randolph —
Sie glauben doch sicher auch, daß ein Mann, der eine Frau wirklich liebt, alles
für sie tut — verstehen Sie, alles!«
Einen Augenblick sah sie ihn
verständnislos an, dann rötete sich ihr Gesicht.
»Wenn Sie das glauben — so sehr
liebt mich Dr. Marohn nicht. Und um diesen Preis würde ich ihn auch nicht
lieben.«
»Nicht — oder nicht mehr?«
»Herr Kommissar«, fuhr Peter
auf, »was soll das?«
»Nicht doch, Peter«, sagte sie
leise, »ich habe dich noch gern — warum sollte ich nicht. Ich weiß, was der
Kommissar meint — aber es ist Unsinn. Du hast meinen Mann nicht erschossen —
und ich habe dich nicht angestiftet. Das wissen wir beide.«
Marohn schwieg. Sie stand auf.
»Ich danke Ihnen, Herr
Kommissar, daß Sie mir das Wiedersehen ermöglicht haben. Auf Wiedersehen,
Peter. Wenn alles aufgeklärt ist — besuchst du mich dann mal,
ja?«
»Mach ich, Ilse. Bist ein guter
Kerl. Auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen«, sagte auch
Nogees. »Denken Sie an Warrender, gnädige Frau!«
»Ich werde es nicht vergessen.«
Die Tür schlug zu.
»Das war ja ein großartiger
Einfall von Ihnen«, sagte Peter wütend.
Nogees pfiff durch die Zähne.
»Man wird doch mal fragen dürfen. Finden Sie denn den Gedanken so absurd — die
Frau, die den Geliebten anstiftet, den eigenen Mann umzubringen?«
»Glauben Sie, ich hätte das
jetzt noch getan — jetzt, nachdem ich Julia kennengelernt hatte?«
Nogees pfiff durch die Zähne.
»Nicht schlecht. Nein, nun
hatten Sie allerdings keinen Grund mehr. Es kam mir auch mehr darauf an, wie
sie reagieren würde.«
»Sie haben ein Gemüt wie ein
Nilpferd«, sagte Peter. »Kaum ist sie einigermaßen wieder beieinander,
beschuldigen Sie sie schon, den Mord angestiftet zu haben.«
»Ich habe sie gar nicht
beschuldigt«, erwiderte Nogees. »Ich habe ihr die Möglichkeit nur angedeutet —
und sie verstand sehr schnell, finden Sie nicht?«
»Sie redet nicht gern um etwas
herum. Das war nie ihre Art. Und ich hätte mich nicht von ihr anstiften lassen,
das wissen sie doch.«
»Ich weiß gar nicht viel«,
sagte Nogees. »Übrigens — haben Sie mal den Namen Warrender gehört? Stefan
Warrender?«
»Warrender? Nein. Ist das der
Herr, den Sie nach mir hier einsperren wollen?«
»Für Sie wäre es bestimmt das
beste.«
»Waidmannsheil! Hoffentlich
haben Sie ihn bald. Mir wird die Luft hier zu trocken.«
»Hinaus mit Ihnen!« Nogees
drückte auf seinen Knopf. Der Beamte nahm Peter mit, und Nogees rief nach
Steinmann.
»Was machen unsere
Privatpatienten, Steinmann?«
»Nichts zu holen, Herr
Kommissar. Die beiden Herren sind brav zu Hause gewesen, bei Mutti. Die dürfen
so spät nicht fort. Und Dora Wellein, die Liebreiche, hatte abends
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