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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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aber ständig
zur Verfügung halten und erreichbar sein. Nur unter dieser Bedingung lasse ich
Sie laufen, verstanden.«
    Sie nickte gehorsam.
    »In Anbetracht dessen, daß Sie
mich so schamlos beschwindelt haben, ist das wohl auch nicht mehr als recht und
billig.«
    Julia nickte wieder und schämte
sich. Wie nett er war!
    »So, das wäre für heute alles.
Wo werden Sie wohnen?«
    »In einem Hotel oder einer
Pension wahrscheinlich.«
    »Gut. Geben Sie mir Ihre
Adresse heute abend noch an. Hier ist meine Nummer.« Er reichte ihr einen
Zettel.
    Julia stand auf, Peter mit ihr.
Sie sahen sich stumm an.
    Der Kommissar tat, wie wenn er
etwas von seinem Schreibtisch suche, und Peter küßte das Mädchen schnell
entschlossen.
    »Wiedersehen, Peter. Was auch
kommt, ich denke immer an dich. Immer, hörst du?«
    »In Ordnung, Julia. Ich behalte
dich lieb. Paß gut auf Herrn Mink auf, ja? Wiedersehen.«
    »Wiedersehen, Herr Kommissar.
Und ich danke Ihnen.«
    Sie wollte noch etwas
hinzufügen, zögerte — dann wandte sie sich schnell ab und verließ das Zimmer.

V
     
     
    Nogees entfernte das Siegel,
drehte das Sicherheitsschloß zweimal herum und trat ein. Die Neonstäbe an der
Decke flackerten auf, erfüllten dann den Vorraum mit ihrem eisblauen, kalten
Licht. Er hängte Mantel und Hut an den Garderobehaken, öffnete alle Türen und
schaltete sämtliche Lampen ein. Dr. Randolphs Praxis lag, wie sie nach seinem
Tode verlassen und versiegelt worden war. Der aromatische Geruch hing wie ein
Schleier in der dumpfigen Luft, und der Kommissar öffnete weit das mittlere
Fenster und atmete tief die einströmende Frühlingsluft ein.
    Schöne Arbeit, die er sich da
für den Feierabend ausgesucht hatte! Er musterte die mächtigen Regale mit den
eingelassenen Karteikästen und seufzte. Dann zündete er seine Pfeife an und zog
entschlossen den ersten Kasten heraus.
    Aa — Az. Er setzte sich an den
Schreibtisch und musterte die Karten nacheinander. Ganz einfache Sache. Name,
Geburtstag, Datum jedes Behandlungstermins und ein Haufen lateinischer Wörter
und Medikamentennamen.
    Stück um Stück, Kasten um
Kasten blätterte der einsame Mann durch, schrieb Notizen auf seinen Block, blätterte
weiter. Als er fertig war, reckte er die Arme und wanderte mit langen Schritten
im Zimmer umher. Achtunddreißig Kassenpatienten hatte der Tote an seinem
letzten Tag behandelt und beraten, achtunddreißig nichtssagende Namen,
Anschriften, Jahreszahlen. Nogees griff nach der Privatkartei, die in zwei
abseits gelegenen Fächern untergebracht war. Hier standen Daten und Summen der
Liquidationen mit eingetragen, und der Kommissar betrachtete die Zahlen mit
Ehr.
    furcht. Nach einer weiteren
halben Stunde lag das Ergebnis vor ihm.
    Dr. Friedrich Wartzin, 12.6.98,
Rechtsanwalt und Notar.
    Dora Wellein, 24.2.25,
Schauspielerin.
    Werner Holber, 6.8.10,
Exportkaufmann.
    Die letzten drei Patienten des
Dr. Randolph. Und alle vor Marohns Ankunft gegangen. Sollte einer zurückgekommen
sein? Wozu? Und wer von ihnen hatte Grund, den Arzt zu erschießen?
Unwahrscheinlich. Er notierte die Adressen und schob die Karten in ihre Kästen
zurück.
    Was war noch da? Er griff sich
zwei Schnellhefter aus dem oberen Regal. Das übliche. Abschriften von Briefen
eine Sammlung von Prospekten neuer Medikamente, Lieferscheine, Rechnungen,
Kontoauszüge, Buchkataloge und so fort. Nogees ging Brief für Brief durch.
Nichts, was einen Rückschluß auf die private Persönlichkeit des Arztes
zugelassen hätte. Er antwortete verbindlich, aber kurz, klar, scharf
gegliedert. Natürlich, Briefe an Freunde oder Freundinnen würde er wohl auch
nicht mit Schreibmaschine und Durchschlag geschrieben und in dieser Mappe
abgeheftet haben.
    Noch eine Handvoll Schriftstücke,
dann war Schluß. Nogees hielt inne, beugte sich vor. Ein einfacher, weißer
Halbbogen ohne Knopfaufdruck erregte seine Aufmerksamkeit. Datum vom 29.4.,
einer der letzten Briefe der Mappe, ohne Anmerkungen und unbeantwortet.
     
    Sehr geehrter Herr Doktor!
    Sind Sie einverstanden, wenn
ich schon am 8.5. zur gewohnten Zeit erscheine? Ich wäre Ihnen sehr dankbar,
wenn Sie es einrichten könnten.
    Mit ergebenem Gruß
    Ihr Stefan Warrender
     
    Der Name war mit Tinte
geschrieben, aber mit klaren, leserlichen Schriftzügen.
    Nogees überlegte. Der 8. Mai,
der Mordtag. Wahrscheinlich ein Privatpatient, der sich anmeldete. Hatte er ihn
übersehen? Er trat wieder zu den Kästen, sah nach, fand nach kurzem Suchen die
Karte. Stefan Warrender.

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