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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Vorstellung
— ›Kabale und Ärger‹, oder so ähnlich — ein tolles Weib, sage ich Ihnen — sie
wollte mir gleich eine Szene Vorspielen und fand alles wahnsinnig aufregend.«
    »Ich habe schon hundertmal
festgestellt, daß Ihnen der nötige Ernst fehlt, Steinmann«, sagte der Kommissar
betrübt. »Ich möchte nur wissen, wie es kommt, daß die brauchbaren Beamten
immer so viel Unsinn im Kopf haben und die unfähigen so humorlos sind. Wenn es
umgekehrt zusammenträfe, hätte ich sie längst in die Registratur versetzen
lassen.«
    Steinmann ging nicht darauf
ein. »Sie hat mir eine Freikarte für das nächste Mal ›Kabale und Ärger‹
gegeben. Ob ich hinterher mit ihr ausgehen kann?«
    »Kabale und Liebe«, sagte der
Kommissar gequält. »Sie werden sich vorher ein neues Hemd kaufen müssen und
neue Schnürsenkel, sonst hält man Sie für den Chauffeur der Dame. Sonst nichts
Neues von den dreien gehört?«
    »Nichts, Herr Kommissar.
Unschuldig wie Neugeborene.«
    »Hm. Und der Fall Warrender?«
    »Ist bis jetzt keiner. Das
Hauptmeldeamt hat keinen, und wir haben auch keinen.«
    »So. Hm. Entweder ein Deckname
oder ein Fremder von sonstwoher. Lassen Sie sich von den Meldeämtern sofort
Bescheid geben, wenn er irgendwo auftauchen sollte. Und fragen Sie erst mal bei
den Hauptmeldeämtern der Großstädte, vielleicht finden wir ihn da schon.«
    »O. k., Herr Kommissar. —
Welche Farbe würden Sie für mein neues Hemd vorschlagen?«
    »Bordellrot«, sagte Nogees
grimmig. »Raus!«
    Er verschwand. Der Kommissar
erhob sich und schickte sich an, zum Essen zu gehen. Kein sehr glücklicher Tag
bisher. Die Idee mit der Anstifterei durch Randolphs eigene Frau mußte er wohl
aufgeben, die eingetragenen Privaten hatten bildschöne Alibis, und von diesem
geheimnisvollen Warrender keine Spur. Traurig, traurig.
    Er wollte gerade die Tür hinter
sich zuschlagen, als das Telefon wütend und anhaltend schrillte. Er ging zurück
und nahm den Hörer auf. Er sagte kein Wort, aber seine Brauen hoben sich mehr
und mehr, und sein Gesicht nahm einen immer gespannteren Ausdruck an. Die
Stimme im Hörer verstummte erschöpft. »Gut«, rief er. »Warten Sie — quatschen
Sie ihn an, wenn’s auch schwerfällt — wir kommen!«
    Er knallte den Hörer auf.
»Steinmann!« brüllte er. »Einsatz! Los!«
    Und stürmte aus dem Zimmer.

VI
     
     
    Julie stieß die Tür der
Telefonzelle so hastig auf, daß der wartende Herr ängstlich zurücktrat und auf
dem eiligen Mädchen kopfschüttelnd nachschaute. Sie ging mit schnellen
Schritten zur Ecke, blieb dort luftholend stehen. Was tun? Der Kommissar mußte
in kurzer Zeit hier sein. Sie schlenderte im alten Tempo auf das Lokal zu, ging
vorbei, dann ein paar Schritte zurück und las die improvisierte Speisekarte,
wie vorher der Mann mit den gelben Schuhen. Sie tat, als ob sie überlegte,
überwand ihre Hemmung und betrat das Innere der Kneipe.
    Sie nickte zur Theke hin und
sah sich dann blitzschnell um. Das übliche Bierlokal, von seinen Artgenossen
nicht zu unterscheiden. Derbe, verräucherte Tische, niedrige Decke,
kupferbeschlagener Schanktisch, schmierige Dielen, mächtige Bierkrüge und in
der Luft der nahrhafte Geruch von Sauerkraut, Weißwürsten und abgestandenem
Bier. Das Gastzimmer war mit einem Blick zu übersehen, und Julia sah mit diesem
einen Blick, daß der Gesuchte nicht im Raum war. Sie bemühte sich mit
ungeheurer Anstrengung, ihre Aufregung zu verbergen. War er doch schon wieder
fort? Es konnte doch nicht sein. Vielleicht war er nur mal kurz verschwunden.
Sie trat zur Theke, der knorrige Alte dahinter musterte sie vergnügt.
    »Jo, Freilein?«
    »Eine Coca bitte«, sagte sie
schnell. Der Zapfer langte mit unsäglich verächtlicher Miene eine Flasche aus
dem altertümlichen Eisschrank, öffnete sie und goß ein. Julia stürzte das
Getränk hinunter und füllte den Rest nach.
    »Ach — verzeihen Sie«, sagte
sie dann mit schmelzender Stimme, »ich wollte hier einen Herrn treffen — wissen
Sie, so einen schwarzen — er trug einen Trenchcoat und — ganz helle Sandalen.
War er schon hier?«
    Sie wartete zitternd auf die
Antwort.
    »Jo Freilein, vor fünf Minuten.
Is aber glei’ wieder fort. Hat nur
Zigaretten kauft. Aber warten S’ doch. Der kommt bestimmt wieder. tat au wieder
kommen.«
    »Danke.«
    Julia lächelte den grinsenden
Alten an und versuchte tapfer die maßlose Enttäuschung zu verbergen, die von
ihr Besitz ergriff. Sie konnte und wollte es nicht glauben. Der

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