4 Meister-Psychos
bestellte. Meist
vergingen sechs oder acht Wochen zwischen den einzelnen Kontrollen.«
»Wann waren Sie zum letztenmal
bei ihm?« Fehling sah, daß die beiden trotz ihrer lässigen Haltung auf diese
Antwort gespannt waren.
»Aber das wissen Sie doch
sicher, Herr Kommissar«, sagte er mit freundlicher Nachsicht. »Am 8. Mai,
abends um dreiviertel acht.«
»Das wissen wir allerdings.«
Nogees ärgerte sich.
»Ich dachte es mir«, sagte der
Schauspieler behaglich.
»Wieso?«
»Ich hatte mich schriftlich
angemeldet. Ich war auf Tournee und wollte während einer Spielpause die Sache
erledigen. Deshalb schrieb ich aus Stuttgart.«
Er gähnte verstohlen hinter der
Hand. »Es hätte ja sein können, daß Randolph meinen Brief vernichtet hätte oder
daß Sie ihn nicht beachtet hätten. Mit der zweiten Möglichkeit habe ich
natürlich nicht gerechnet.«
Nogees fühlte, daß der andere
sich über ihn lustig machte. Woher nahm er nur diese Sicherheit?
»Und Sie leugnen nicht, am
Mordabend in der Praxis gewesen zu sein?«
»Warum sollte ich das leugnen?«
fragte Fehling mit unschuldigem Augenaufschlag. »Ja, ich war dort.«
»Haben Sie Dr. Randolph
gesprochen?«
»Leider nicht. Es war jemand
bei ihm, mit dem er sich unterhielt. Ich wartete zehn Minuten — vielleicht auch
nur fünf, ich hatte es eilig. Ich mußte um 20.15 Uhr im Theater sein, und
vorher wollte ich noch einmal nach Haus. Deswegen entschloß ich mich zu gehen
und an einem anderen Tage wiederzukommen!«
Er lehnte sich gemütlich
zurück. »Ich kenne die Fragen, die Sie mir stellen werden, meine Herren. Den
Besucher Dr. Randolphs habe ich nicht erkannt. Er verhielt sich still, Randolph
sprach fast die ganze Zeit allein. Er schien ziemlich erregt. Außer mir war zu
dieser Zeit kein anderer Patient im Wartezimmer, und ich habe auch niemand
gesehen, als ich fortging. Ich erfuhr von dem Mord zwei Tage später — aus der
Zeitung. Da stand auch, daß der letzte Besucher Dr. Randolphs unter Mordverdacht
verhaftet worden sei.«
»Und warum haben Sie trotzdem
noch bei Dr. Randolph angerufen? Mit einer erneuten Konsultation konnten Sie
doch kaum mehr rechnen?«
»Ich sehe, daß der Herr
Vertreter die Polizei bedeutend besser unterstützt hat als ich«, sagte Fehling
heiter, und Steinmann biß sich auf die Unterlippe. »Sie werden mir nicht
glauben — aber ich wollte Frau Randolph mein Beileid aussprechen, obwohl ich
sie nicht kannte. Aber es war nur dieser — Vertreter am Apparat. So habe ich
dann einen kurzen Beileidsbrief geschrieben — Sie haben ihn doch sicher zu
Gesicht bekommen, Herr Kommissar — oder nicht?«
Nogees ging nicht darauf ein.
»Warum haben Sie uns Ihre Beobachtungen nicht sofort mitgeteilt?«
»Ich hatte den Eindruck, Ihnen
in dieser Sache nicht viel helfen zu können. Es rennen so viele Leute zur
Polizei, machen sich wichtig, sagen irgend etwas aus, das nur Arbeit macht und
nicht weiterhilft — das wollte ich vermeiden.
»So, das wollten Sie
vermeiden«, sagte der Kommissar mit sanfter Stimme, und Steinmann wußte, daß
nun ein Angriff erfolgen würde.
»Wenn wir Sie jetzt nicht durch
Zufall gefunden hätten, hätten wir mit Warrender für immer im dunklen getappt —
es gab ihn einfach nicht mehr. Einer der beiden Männer, die kurz vor Dr.
Randolphs Tod dessen Praxis betreten haben, verschwindet spurlos — und das nur
aus dem anerkennenswerten Bestreben, der Polizei unnötige Arbeit zu ersparen.«
»Ich gebe zu, daß es
ungeschickt von mir war. Ich...«
»Es war vielleicht gar nicht so
ungeschickt, Herr Fehling. Angenommen, Sie wären Dr. Randolphs Mörder — dann
war es tatsächlich das Geschickteste, was Sie tun konnten, spurlos zu
verschwinden — wirklich, das war es.«
Im Gesicht des Schauspielers
veränderte sich nichts. »Halten Sie mich für den Täter?« fragte er mit leisem
Spott in der Stimme. »Ich denke, Sie haben schon einen?«
Nogees sah ihm gerade in die
Augen. »Ja, ich habe schon einen. Aber er erzählt merkwürdigerweise das gleiche
wie Sie. Nämlich, daß Dr. Randolph noch lebte, als er ihn verließ. Und er
verließ ihn um acht, Herr Fehling. Gesetzt den Fall, Sie wären nun doch noch in
der Praxis gewesen, als der erste Besucher sie verließ — um acht und ohne, daß
er Sie bemerkt hätte. Gesetzt den Fall, Sie hätten dann Dr. Randolph erschossen
und das Haus sofort wieder verlassen — denn Sie mußten ja rechtzeitig im
Theater sein, wie ich hörte. Wie wollen Sie mir beweisen, daß sich die
Weitere Kostenlose Bücher