4 Meister-Psychos
zu benehmen als der im Stück! Heute abend muß
ich leider unerwartet zum Dienst! Ich rufe Sie an. Ihr furchtbar trauriger Hans
Steinmann!«
Er nahm eine Rose aus der Vase,
die auf dem Tisch stand — billiger ging es ja nun wirklich nicht — , und legte
Rose und Zettel auf die Platte des spiegelumsäumten Schminktisches.
Von der Bühne drang noch der
Lärm des Beifalls, als er die Garderobe verließ und wieder nach vorn lief, um
seinen Mantel zu holen. Die freundliche Schließerin nickte ihm zu. Er verließ
mit den ersten Besuchern das Theater.
Wo war der Hintereingang? Er
umkreiste das Gebäude, bis er ihn fand, eine schmale Pforte mit einer
Pförtnerloge, in der ein grauhaariger Mann vor einem Brett mit vielen
Schlüsseln thronte. Dem Eingang gegenüber stand eine Plakatsäule, und der
Assistent verbarg sich dahinter und wartete. Wenn Fehling nun vorn das Theater
verließ? Den Pförtner wollte er nicht fragen, der könnte ihm das
wiedererzählen. Aber eigentlich war es ja auch gleichgültig. Fehling konnte ihm
nicht entkommen, er kannte ihn nun, und seine Wohnung ließ sich jederzeit
feststellen. Trotzdem — vielleicht konnte man heute abend noch etwas Wichtiges
erfahren.
Er strich um die Plakatsäule
und las zum zwanzigsten Male, daß Coco-Cola eiskalt getrunken werden müsse. Das
Abschminken dauerte ja ewig. Wie, wenn der Bursche im Restaurant ausgiebig aß?
Dann konnte er sich hier die Beine in den Bauch stehen.
Es verging noch so viel Zeit,
daß er mit sich selbst Wetten abschloß, ob Fehling kommen würde oder nicht, und
schließlich setzte er sich eine unwiderrufliche Grenze von fünf Minuten, die er
noch warten wollte, verlängerte sie aber zweimal, ehe seine Ausdauer belohnt
wurde.
Der Schauspieler kam langsamen
Schrittes an der Pförtnerloge vorbei, nickte freundlich, trat dann auf die
Straße und wandte sich nach links, Steinmann ließ ihn laufen, bis er rund 50
Meter voraus war, und glitt dann wie ein Schatten hinter ihm her. Der andere
sah sich nicht um, ging unbekümmert dahin, es war ein Kinderspiel, ihn im Auge
zu behalten. Die Straßenbahnen ließ er fahren, ein Auto nahm er nicht, er
schien es nicht weit zu haben. Jetzt bog er in eine Querstraße ein, und
Steinmann sah zu seinem Erstaunen, daß es die gleiche Straße war, in der sein
Chef, der Kommissar Daniel Nogees, sich seines bescheidenen Heims erfreute. Jetzt
fehlte nur noch...
Tatsächlich. Steinmann glaubte
seinen Augen nicht zu trauen. Der Schauspieler blieb stehen, das Klappern von
Schlüsseln wurde vernehmlich, er schloß auf und verschwand. Steinmann eilte auf
die andere Straßenseite. Das Haus, in dem Nogees wohnte!
Das Treppenhaus war erleuchtet,
jetzt verlosch das Licht, fast gleichzeitig flammte es hinter zwei Fenstern der
rechten Seite des zweiten Stockes auf, schimmerte rötlich durch die dichten
Vorhänge. Steinmann starrte mit offenem Mund hinauf. Unter dem Kommissar wohnte
er, genau darunter! Und sie hatten die ganze Gegend nach ihm abgesucht! Das
konnte nur Nogees und ihm passieren.
Steinmann sah auf die Uhr, halb
zehn zeigte sie. Bißchen spät für einen Besuch, aber diesen Spaß mußte er bis
zu Ende auskosten. Er überquerte die Straße und läutete lange und kräftig an
dem mit »D. Nogees« bezeichneten Klingelknopf. Es dauerte eine Weile, dann
sprang die Beleuchtung wieder an. Nogees kam die Treppe herunter. Er sah seinen
Assistenten mißtrauisch an.
»Schlafen Sie schon, Herr
Kommissar?« fragte Steinmann höflich.
»Nein, ich wache gerade auf.
Die Vorzüge Ihrer Angebeteten hätten Sie mir aber auch morgen schildern können.
Was ist los?«
»Was Wichtiges. Es ist besser,
wir setzen uns beide.«
»Wenn Sie mir oben einen Ihrer
faulen Witze erzählen, werfe ich Sie aus dem Fenster. Überlegen Sie sich’s noch
mal!«
»Ich muß es riskieren. Aber,
Ehrenwort, Sie werden staunen!«
»Also«, sagte Nogees, als sie
an seinem Rauchtisch saßen. »Was ist los?«
»Ich habe Herrn Warrender
gefunden. Wissen Sie, wo er wohnt?«
»Nein. Aber ich zittere vor
Begierde, es von Ihnen zu hören.«
Steinmann wies mit dem
Zeigefinger senkrecht nach unten.
»Unter Ihnen, Herr Kommissar.
Wenn Sie des Nachts lauschen, müßten Sie sein Schnarchen hören — wenn er nachts
lauscht...«
»Unter mir? Reden Sie keinen
Quatsch. Unter mir wohnt der Schauspieler Fehling — ich kenne ihn gut.«
»Eben derselbe.« Und Steinmann
erzählte ihm seine Geschichte. »Ich sagte ja«, schloß er, »Sie sollten mehr ins
Theater
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