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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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schloß für einen Moment die Augen, und Julia sah, daß ihre Lider
zitterten.
    »Sie wollen sagen«, begann
Fehling heiser, »er kommt hierher? Hier in diese Wohnung?«
    »Sie haben recht verstanden.«
Diesmal schwang in der Stimme des Kommissars ein leiser Spott.
    »Na, das ist ja doch — und
warum, zum Teufel, haben Sie uns dann hierhergeholt? Sollen wir Spalier
bilden?«
    »Nein«, sagte Nogees leise,
»nein, das nicht. Aber ich glaube, daß gerade unsere Gesellschaft heute abend
einen Anreiz für den Mörder darstellt. Und deswegen rechne ich auf sein
Erscheinen.«
    Julia wußte nicht, worauf der
Kommissar hinauswollte, er drückte sich sonst nicht so unbestimmt aus, aber sie
fühlte, es mußte etwas Besonderes sein; auch Peter schien dasselbe zu denken,
er blieb unbeweglich und sah nicht überrascht aus.
    Fehling stieß ein ärgerliches
Gelächter hervor.
    »Sie sind wirklich rührend um
unsere Unterhaltung besorgt. Und wenn der Kerl wirklich hierherkommt, was dann?
Wollen Sie warten, bis er den nächsten von uns abknallt?«
    »Wir haben alle
Vorsichtsmaßregeln getroffen. Es wird nichts passieren, und er kann nicht
entkommen. Ich weiß auch nicht, warum Sie sich aufregen, Fehling. Sie glauben
doch am allerwenigsten an den Unbekannten — wenn ich Sie vorhin recht
verstanden habe.«
    Er genoß die Unruhe des
Schauspielers mit leisem Triumph. Fehling fuhr mit dem Zeigefinger hinter
seinen Kragen.
    »Wen von uns kann er meinen?«
    »Das läßt sich leider nicht
vermuten. Jeden von uns. Vielleicht mich — vielleicht Sie.«
    »Vielleicht mich«, sagte Ilse
Randolph ruhig. Nogees sah sie aufmerksam an.
    »Ich fürchte, das ist das
wahrscheinlichste, gnädige Frau. Aber Sie können versichert sein...«
    »Ich habe keine Angst.« Keine
Spur von Furcht lag auf ihrem Gesicht und in ihrer Stimme. Julia mußte sie
insgeheim bewundern. Auch Peter war von ihrer Haltung offenbar beeindruckt,
jedenfalls sah er sie groß an.
    Nogees nahm seine Aktentasche
vom Boden hoch und auf die Knie und griff hinein. Der brünierte Lauf des
schweren Dienstrevolvers funkelte matt. Vorsichtig legte er die Waffe auf den
Schreibtisch.
    »Für alle Fälle«, sagte er
lächelnd.
    Fehling blickte mit größtem
Unbehagen auf den Revolver.
    »Sie haben wirklich Humor,
Kommissar. Abendliche Party mit Preisschießen. Ich für meinen Teil...«
    »Was wollen Sie, Herr«, fragte
Peter kühl, »auf der Bühne wird so oft auf Sie geschossen oder gestochen — Sie
müßten doch für ein bißchen Training dankbar sein.«
    »Ich brauche Ihre Ratschläge
nicht, Doktor. Wenn Sie in Schießereien mehr Übung haben, ist das Ihre Sache.«
    Ilse Randolph lächelte. »Am
besten, ich hole uns allen einen Kognak. Einverstanden?«
    Mit schnellen, sicheren
Bewegungen schenkte sie die Gläser voll und servierte. Der intensive, füllige
Duft verbreitete sich im Raum.
    Peter setzte sein Glas hart auf
den Untersatz. »Wann ist mit dem Eintreffen des Herrn zu rechnen?«
    Nogees beleckte genießerisch
seine Lippen. »Unbestimmt, wie alles andere. Aber ich nehme an, daß er um die
gleiche Zeit kommt wie damals — zwischen acht und acht Uhr zehn.«
    Alle Köpfe wandten sich der
schwarzen Standuhr zu. Fünf Minuten fehlten bis acht.
    Julia stellte, ohne zu wissen
warum, ihre Armbanduhr mit der Standuhr gleich. Jetzt endlich kam die
Entscheidung, auf die sie vier endlose Wochen gewartet hatte. Sie fühlte,
irgend etwas würde sich ereignen, etwas Unerwartetes, Unvorhergesehenes,
Schreckliches.
    Fehling leerte sein Glas und
sank resigniert in seinen Sessel zurück. »Na schön«, sagte er. »Lassen wir uns
überraschen. Bereit sein ist alles. Trifft es mich, so sind Sie am vorzeitigen
Ende eines der größten Mimen dieses Jahrhunderts schuld, Nogees.«
    Es war erstaunlich, wie schnell
sich sein Benehmen und seine Stimmung änderten.
    »Vielleicht setzen Sie sich
mehr auf diese Seite des Tisches«, sagte Nogees, an Fehling und Frau Randolph
gewandt. »Drehen Sie sich so, daß Sie die Tür nicht im Rücken haben — ja, so
ist es besser.«
    Die fünf Menschen saßen jetzt
im Halbkreis. Über die Vorderseite des Schreibtisches, die der Tür zugewendet
war, konnten sie den ganzen Raum übersehen.
    »Könnten Sie die Tür zum Labor abschließen,
Frau Doktor?«
    Sie stand wortlos auf, drehte
den Schlüssel zweimal um und zog ihn ab. Nogees verfolgte ihre Bewegungen mit
einem unbestimmten, nachdenklichen Blick. Sie legte den Schlüssel vor ihn auf
den Schreibtisch. Als sie sich

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