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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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gefühlt
oder nach dem Herzschlag gehört?« fragte ich Mabel.
    »Puls? Herz? Ich hab’ nur noch
geschrien und bin weggelaufen. Ich weiß nicht, wie ich rausgekommen bin... Ich
wollte nur weg — zu euch — zu jemandem, der lebt und sich bewegt...«
    Wir ließen sie weinen. Wahrscheinlich
hatte sie Grund. Kein Vergnügen, einen Toten lieben zu wollen.
    »Wir werden nachsehen müssen,
Tessa.«
    »Meinst du... Aber das kann
nicht wahr sein. Ron hat gelebt, ich habe ihn gesehen, ich habe mich geärgert
über ihn...«
    »Du meinst, da muß er auf jeden
Fall gelebt haben. Nun erst mal ruhig, Mädchen. Vielleicht ist er bewußtlos.
Mabel hat da nicht den Blick, und heute schon gar nicht...«
    Mabel wischte mit dem Kissen
über ihr Gesicht. »Aber kalt! So kalt! Wie kann er so kalt sein?«
    Ich stand auf und griff nach
meinem Hemd.
    »Ich komme mit«, sagte Tessa.
»Mabel, du bleibst hier, bis wir zurück sind. Zieh dich aus und schlaf.«
    Mabel weinte weiter. Ich zog
mich hinter der geöffneten Schranktür an. Tessa verschwand im Bad. Die Nacht
war zum Teufel, ganz sicher. Fünfzehn Minuten später gingen wir den Weg zurück,
den wir gekommen waren.
    »Paul — was glaubst du, was er
ist?«
    »Entweder spinnt sie. Oder er
hat sich noch mal übergeben, und die Lebensmittel sind ihm im Hals
steckengeblieben. Alles schon vorgekommen.«
    Tessa schwieg. Ich sah sie von
der Seite an und bemerkte den verkniffenen Trotz in ihrem Gesicht, den ich
kannte. »Denkst du was anderes?«
    »Ja.«
    »Was?«
    »Mara. Wenn er tot ist, ist
jemand hinter uns her.«
    Ich schwieg. Wir waren vor
Ronalds Haus. Wir hatten Mabels Schlüssel mit, Ron pflegte der jeweiligen
Leibfrau einen Schlüssel zu überlassen, damit sie pünktlich zum Saubermachen
erscheinen konnte.
    Der Tabakrauch war jetzt so
kalt wie aus einer Wasserpfeife. Das Wohnzimmer klebte von Weinresten — Tisch,
Fußboden, Stühle, alles pappte. Tessa öffnete das Fenster. Dann war sie bei mir
und umklammerte mich. Ich faßte ihr Haar neben ihren Ohren und drehte zwei
kleine Zöpfe daraus.
    »Bitte, sieh nach.«
    »Ja.«
    Ich ging durch den Küchenflur,
durch das hintere Zimmer. Die Tür zur Kammer stand halb geöffnet. Mabel hatte
keine Zeit oder keine Lust mehr gehabt, sie zu schließen. Ronald war auf die
linke Seite gedreht, Mabels Werk. Der rechte Arm war hinten geblieben, er hing
über den Bettrand herunter. Ron war vollständig nackt. Die emsige Mabel hatte
ihn ausgezogen, da war ihr nichts zuviel. Ein lebendiger Schläfer würde es
nicht lange in dieser Stellung aushalten. Rons hellbraune Augen, mit denen er
immer die Fehler anderer Leute gesehen hatte, waren teilnahmslos.
    Ich kniete mich neben das Bett
und schirmte die Pupillen mit der Hand gegen das Licht ab. Sie wurden nicht
enger, als ich die Hand wegnahm. Ich ging auf die andere Seite und faßte an das
Handgelenk des hängenden Armes. Der Puls bewegte sich so wenig wie die Pupillen.
Fingerabdrücke sollte man in so einem Fall möglichst nicht hinterlassen, um der
Polizei dumme Gedanken zu ersparen. Ich tat noch das letzte und hielt mein Ohr
an den Brustkorb. Die Haut war von dieser frostigen, unwiderruflichen Kühle.
    Mabel hatte richtig gefühlt.
    Ich kam hoch, es knackte dabei
etwas in meinem linken Knie. Hm. Ein aufstrebender Chemiker weniger auf der
Welt. Und das an seinem Geburtstag.
    Ich ließ das Licht brennen und
ging steifbeinig durch den Küchenflur zurück. Tessa saß neben der
Kaminattrappe. Die beiden Spulen begannen matt zu glühen. Ein lässiger
schwarzer Engel mit der Hölle im Hintergrund.
    Ich lehnte mich an den
Türrahmen und nickte.
    »Mabel hat nicht gesponnen?«
    »Mabel hat nicht gesponnen.«
    Tessa starrte auf die Spulen,
die jetzt grellrot strahlten. Sie wischte sich über die Augen. »Warte noch
etwas. Dann kann ich mitkommen.«
    Ich ging zu ihr und küßte sie
auf die Stirn. Sie streichelte meinen Arm. Ich zündete eine Zigarette an und
gab sie ihr. Ein Rest Wein war in einer Flasche. Ich trank ihn aus. »Wären wir
lieber zu Hause geblieben«, sagte ich, »da hatten wir nur Ärger mit der
deutschen Polizei, und jetzt kriegen wir noch welchen mit der englischen.«
    »Sieht man was — an ihm?«
    »Nichts. Mara sah schlimmer
aus.«
    Sie zerquetschte die Zigarette.
»Komm!«
    »Geht es?«
    »Ja.«
    Sie ging aufrecht vor mir her
auf ihren schönen Beinen, als wäre sie schon hinter Rons Sarg. Ich drückte die
Kammertür mit dem Ellenbogen ganz an die Wand heran. Tessa sah alles.
    »Was meinst

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