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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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soll man es
schlucken, wenn einem heiter zumute ist.«
    »Warum denn? Unsinn! Versuch’s
andersherum. Gerade jetzt. Die miese Stimmung geht weg, und alles ist okay. Wenn
es vorbei ist, haben wir den ganzen Quatsch vergessen. Und ich bleibe immer auf
deiner Seite.«
    Gott geb’s, dachte ich.
    »Na, los, mach schon!« Ihre
Augen glänzten, als hätte sie Fieber. Sie schien es tatsächlich nicht erwarten
zu können. »Wo hast du die Blättchen? Ich hab’ sie dir wiedergegeben, vier
Stück!«
    »Ich hole sie«, sagte ich. Ich
war matt und traurig. »Mach du zwei Whisky.«
    Tessa lief vor mir hinaus. Mein
Entschluß stand fest, bevor ich das Schlafzimmer verlassen hatte. Ich ging
hinüber ins Wohnzimmer. Ein paar Bücher lagen herum und meine Schreibmappe. Die
Blättchen lagen lose zwischen den Seiten, man hätte sie für einen abgerissenen
Fetzen Löschpapier halten können. Das war auch der Sinn der Sache. In der
Brieftasche wollte ich sie nicht herumschleppen.
    Ich riß eins der Blättchen ab.
Ich mußte mich beeilen. Tessa tat es bestimmt, sie konnte hereinkommen, bevor
der Betrug fertig war. Zweihundertfünfzig Mikro. Ich schnitt die Blättchen mit
der Schere mittendurch. Eine Hälfte zerrieb ich zwischen den Fingern und warf
den Rest in den Papierkorb. Dann schnitt ich ein gleich großes Stück aus dem
Löschpapier der Briefmappe. Es war etwas dunkler als das präparierte, aber
Tessa würde es kaum bemerken. Heute kaum.
    Sie kam ins Zimmer, atemlos.
Ihr Babydoll-Schlafanzug flatterte fröhlich. Die Whiskygläser waren randvoll
und dunkel.
    »Ich glaube, es ist besser, wir
ziehen erst ein bißchen was an«, sagte ich.
    »Warum?«
    »Man neigt zum Wandern mit dem
Zeug im Dünndarm. Wie dein verblichener Vater. Vielleicht gehen wir an die
Themse hinunter und halten sie für den See Genezareth. Morgen haben wir dann
Keuchhusten.«
    Es dauerte bei ihr nicht zwei
Minuten, bis sie Hosen und Pullover anhatte. Ich brauchte länger.
    Ich gab ihr das halbe Blatt.
    »Geteiltes Bett ist Doppelbett«,
sagte ich. »Ein Blättchen hat zweihundertfünfzig, wie du dich erinnerst.
Hundert genügen völlig für einen Anfänger. Jetzt haben wir beide etwa
hundertfünfundzwanzig. Das ist statt einer Vierwochenreise eine von sechs.«
    »Wenn schon, dann länger. Mit
Vier Wochen beginnt erst die Erholung.«
    »Paß auf.« Ich legte mein
Blättchen auf die Zunge. Ich lutschte und kaute daran herum. Geschmack nach
altem Filz. Tessa tat es mir nach. In meinem Mund lief der Speichel zusammen.
Ich schluckte das feuchte Knäuel hinunter und trank Whisky. »Das wäre schon
beinahe alles«, sagte ich. »Nun rauch eine und trink gemütlich aus. Fortsetzung
folgt.«
    »Nur das eine Glas?«
    »Reicht vollkommen. Soll ja nur
die Resorption fördern. Du sollst vom LSD besoffen werden, nicht vom Schnaps.
Außerdem besteht diese Füllung fast nur aus Whisky.«
    Tessa begann zu rauchen. Ich
trank ziemlich schnell. Ich brauchte den Alkohol, sonst würde sich bei mir
überhaupt nichts ereignen. Tessa protestierte laut, als ich mir den zweiten
einschenkte. »Das ist unfair! Du trinkst mehr!«
    »Sei friedlich. Ich vertrage
auch mehr. Und meine Verdauung funktioniert aus Altersgründen nicht mehr so wie
deine.«
    Ich trank wieder fast pur. Mit
zwei Gläsern im Blut würde ich aufgedreht genug sein, um mit ihr mitspinnen zu
können, und trotzdem genügend wach, um auf sie aufzupassen.
    Ich bemerkte, daß Tessa mich
anstarrte. Ihr Blick wich nicht von mir, was ich auch tat. Sie saß ganz still.
Alles, was an Leben in ihr war, drängte sich in ihre Augen. Große, runde,
glimmende Augen.
    Es ging los.
    Ich konnte mir vorstellen, wie
sie mich jetzt sah. Ein Ungeheuer mit einem blutigen Messer, dunkelrot und groß
wie ein Zweihandschwert. Vielleicht sah sie auch einen Raben mit glänzendem
Gefieder und meinem Gesicht.
    Die Zärtlichkeit verschwand aus
ihrem Gesicht. Sie sah älter aus und böser. Maras Anteil kam heraus. Sie sah
mich unverwandt an, blanke Augen mit blankem Eiaß. Nie hätte ich das gesehen,
wenn ich auch was geschluckt hätte. Heiter konnte das werden.
    Am Ende meines Gedankens schoß
sie auf mich los wie eine geborstene Stahlfeder.
    Ihre Hände waren so schnell an
meinem Hals, daß ich sie nicht mehr festhalten konnte.
    »Mörder«, schrie Tessa.
»Elender, gemeiner Mörder! Du Metzger, du Fleischermeister! Blutiges Schwein!«
    Na ja, Tessas Hände waren nicht
groß, aber dafür das Verhältnis der Muskulatur zum Körperbau. Wir hatten

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