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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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oft
miteinander gerungen, und ich war außer Atem gekommen. Ihre Daumen drückten
meinen Kehlkopf zusammen.
    Ich faßte ihre Handgelenke und
drehte und riß gleichzeitig. Sie mußte loslassen, und ihre Fingernägel zogen
seitengleiche Striemen um meinen Hals. Sie war dicht vor mir, als ich sie
weiter festhielt, und sie stieß mit ihrem Knie nach meinem Bauch.
    Nur zweimal. Dann erschlaffte
die Abwehr in ihren Armen. Der ganze Körper erschlaffte. Ihre Augen veränderten
sich. Sie sahen mich zum erstenmal im Leben. Ein paar Tränen kamen heraus. Sie
lächelte. Dann warf sie sich gegen mich, und ich wurde naß von ihren Küssen.
    Sie wich so plötzlich zurück,
wie sie gekommen war. Ihr Finger kam hoch und zeigte auf mich. »Du bist grün.
Ganz grün bist du!«
    »Ganz grün bin ich«, sagte ich.
»Und du bist lila und gelb. Das schönste Lila und Gelb, das ich je gesehen
habe.«
    Sie klatschte in die Hände und
freute sich unbändig. »Grün! Wie ein großer Walfisch, blubb, blubb, blubb. Ach,
mein süßer grüner Lump!«
    Sie umarmte mich noch einmal.
Dann begann sie im Zimmer herumzugehen, dicht an der Wand. Sie betrachtete die
Tapete, ihre Hände tasteten darauf herum. Sie sprach nichts dabei. Vermutlich
sah sie jetzt Marmor und Smaragde. Ich benutzte die Chance, das Glas aufzuheben
und neuen Whisky nachzufüllen. Danach merkte ich, daß es langsam Zeit für mich
wurde, auch eine Kleinigkeit auf LSD-Rausch zu machen. Ich wartete noch, denn
ich war zu faul. Solange Tessa nichts merkte und mit ihrem eigenen Kontakt mit
dem Irrsinn beschäftigt war, konnte ich sitzen bleiben und saufen. Um
wenigstens etwas zu tun, sank ich zusammen und machte auf dumpfes Brüten. Ich
zog ein Gesicht, als sähe ich die Hinrichtung von Marie Antoinette und das
Hochhalten ihres Kopfes.
    Inzwischen war Tessa fertig mit
den Wänden. Sie breitete die Arme aus und tanzte einen lautlosen Tanz. Sie
griff nach unsichtbaren Schleiern. Nichts dagegen zu sagen. Alles in Ordnung.
Alles besser, als meinen Kehlkopf zu quetschen. Plötzlich war sie aus dem
Zimmer heraus. Ich hörte ihren leichten Schritt auf der Treppe. Es würde nicht
verkehrt sein, aufzupassen.
    Ich ging zur Tür und hinaus.
Oben waren Fremdenzimmer und ein Bad. Das Wasser begann zu rauschen. Die Tür
zum Badezimmer war nicht abgeriegelt. Als ich öffnete, sah ich Tessa unter der
Brause. Der Wasserstrahl lief über Hose, Pullover, Figur. »Karpfen«, sagte sie,
»Karpfen bin ich.«
    »Du hast die schönsten Schuppen
der Welt.«
    »Willst du mich essen?«
    »Sofort. Frisch aus der Wanne.«
    Urplötzlich sprang sie auf. Ein
Schwall von Spritzern träufelte über mich. »Ich will in die Themse.«
    »Was ein richtiger Karpfen ist,
der gehört in die Themse. Und du kannst direkt in die Nordsee schwimmen.«
    Tessa lief hinunter. Ich drehte
den Wasserhahn ab und lief hinterher. Alle Lichter brannten. Das Haus blieb
hinter uns zurück wie ein verwunschenes Schloß mit glimmenden Fenstern und in
bizarrer Einsamkeit. Ich holte Tessa ein. Wir gingen den Pfad hinab, ohne zu
schlingern. Ich hatte noch nicht genug Whisky in mir, und beim LSD schlingert
man nicht. Man ist besoffen, aber keiner sieht es. Nur die Welt scheint
besoffen zu sein.
    Ich achtete auf den Weg. Er war
voll von Wurzeln und Bodenwellen wie ein zerschossener Acker. Ich sah die schweigenden
Stämme rings um uns. Vielleicht war es ein Fehler, zu scharf hinzusehen. Ich
witterte einen Schatten, von dem ich das Gefühl hatte, daß er nicht dorthin
gehörte, wo ich ihn wahrnahm. Zu klein für einen Baum und zu schmal für einen
Busch.
    »Moment«, sagte ich und blieb
stehen.
    »Was ist?« fragte Tessa.
    »Dort steht ein großer
Tintenfisch. Aufrecht auf acht Saugarmen. Den fang’ ich.«
    Ich lief schnell. Ich hatte
genügend Mut in mir, jedem den Hals umzudrehen. Ich fand keinen Schatten mehr.
    Whiskyspinnerei.
    Die Themse gurgelte matt. Wir
hockten uns dicht vor das Wasser. Um uns herum war ein unsichtbares
Nadelkonzert von Mücken. Der Mond zauberte schmutzigen Silberglanz aus dem
Fluß.
    »Sing was«, sagte Tessa.
    Ich sang. Ein Lied vom
Mississippi. »Wenn der alte Fluß fließt zum Meer — red nicht schlecht — von dem
schmutziggrauen Ufer — denn sein Anblick rührt mich so sehr — wenn der Mond ihn
glänzend macht — dann verträum mit mir die Nacht — wenn der alte Fluß fließt
zum Meer. When
the lazy river goes by.«
    »Schön. Schön war
das.« Tessa lehnte
ihre nasse Gestalt gegen mich. »Sing noch mal.«
    Ich sang

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