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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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»Riecht ihr nichts? Riecht ziemlich stark nach Gin hier. Könnte
schwören, daß welcher in der Nähe ist!«
    Er hatte den Satz noch nicht
vollendet, als Mr. Hatch ihm auf die Schulter klopfte und ihm ein Tablett mit
vier Bieren und vier randvollen Gingläsern entgegenreichte. Steve stellte es
vorsichtig zu Boden und schüttelte dem Butler die Hände, wie ein
Staatsoberhaupt dem anderen vor der Kamera der Wochenschau.
    Als Al sein Glas absetzte, kam
ihm die Idee.
    Das Geld!
    Sie bekam noch Geld von ihm!
Daß er jetzt erst daran dachte! Noch ein paar Runden, und sie hatten Pause.
Irgendwie mußte er an das Mädchen ran, und wenn sie von einer Armee von
Verehrern umgeben sein würde. Mut, das war es, was er brauchte. Noch ein paar
Glas Gin, und er hatte ihn.
    Al spielte verbissen und mit
wachsamen Augen. Aber, o unergründlicher Jammer!
    Während des letzten Parts vor
der Pause verließ sie den Saal.
    Als Augen durchstöberten jeden
Winkel, als sie fertig waren und zwischen den Gästen auf ihr Zimmer
zuschlenderten. Vergebens. Sie war nicht zu sehen. Na, egal. Vielleicht war es
besser. So konnte er sich noch mal zurechtlegen, was er sagen wollte, und ein
paar Schluck mehr vom Gin des Hausherrn konnten auch nicht schaden. Sie stand
am Büfett, als Al zurückkam.
    Er sah sie sofort, obwohl ein
Haufen Leute sich um sie drängte. Die Gespräche waren lauter, das Lachen
ungezwungener. Um die Leuchter und Kerzen wogte der Rauch schwerer, süßer
Zigaretten, und von überall her klang Gläserklirren.
    »Manhattan Boogie«, sprach Mr. Henry. »Mit Milde
ist hier nichts mehr auszurichten. Al, mach nicht zu schnell. Steve, grins die
Frauen nicht an und hops nicht so herum wie im Paris. Fertig? Alsdann!«
    Einen Augenblick saß er stumm
vor dem Flügel, als ob er betete. Dann legten sich seine Hände wie Krallen
eines Raubvogels über die Tasten. In der nächsten Sekunde schlug der Rhythmus
des Boogie wie ein Funke in den Saal.
    Das Mädchen war im Nu auf den
Beinen. Sie zog ihren Partner, einen bleichen Jüngling mit bleistiftdünner
Fliege, hinter sich her.
    Al geriet in helle
Begeisterung. Junge, konnte die tanzen! Alle Bewegungen paßten haargenau in den
Takt, kein falscher Schritt und keine verlegene Pause.
    Ein Vulkan ist sie, dachte Al,
ein Naturereignis! Sie wirbelte den mageren Heinrich wie ein Lineal über die
Fläche und schien sich königlich dabei zu amüsieren. Ja, so sah man wenigstens
etwas. Das Kleid spannte sich über ihrer Brust, und wie ein wirbelnder Trichter
flog der Rock von ihren Hüften. Ade, Virginia! Der Teufel soll mich holen, wenn
ich jemals wieder deine Beine ausschneide.
    Jetzt kamen die beiden näher an
das Podium, auf dem Mr. Henry und seine Mannen ihr Brot verdienten. Das Mädchen
drehte sich und fing ihren Schwung am ausgestreckten Arm ihres Tänzers ab.
    Al bemühte sich, sie nicht
anzustarren, aber er mußte. Für eine Sekunde hob sie den Blick, und Al senkte
den seinen blitzschnell auf die Gitarre, obwohl er sich fest vorgenommen hatte,
das nicht zu tun. Einen flüchtigen, erstaunten Schimmer hatte er in ihren Augen
gesehen, und er fühlte, wie es ihm heiß hinter den Ohren hochstieg. Hatte sie
ihn erkannt?
    Dann mußte er doch irgendeinen
Eindruck gemacht haben, und wenn’s ein schlechter war!
    Nach einigen Takten schielte er
blitzschnell hinunter. Sie war ein Stück weiter und zeigte ihren Rücken, der
eine einzige Aufforderung war, sie auch von vorn zu betrachten.
    Der Manhattan schloß
unter schrillen Synkopen. Der Beifall brandete auf, und sie erhoben sich auf
Mr. Henrys Wink und nickten, erschöpft in die Menge.
    Mr. Hatch erschien mit dem
Tablett. Sein Gesicht war gerötet, und seine Augen schwammen darin herum. Er
schien jede Flasche selbst vorzuschmecken.
    Mit dem Inhalt dieses Glases
verankerte sich in Als Hirn der Entschluß, das Mädchen in der nächsten Pause zu
stellen, oder zu fallen.
    Eine halbe Stunde später war es
soweit. Er machte absichtlich langsam und verließ das Podium als letzter.
Gegenüber, an der Tür, stand sie und trank Sekt, anmutig, aber hastig. Jetzt
setzte sie ihr Glas nieder. Al holte tief Luft, tat so, als wenn er zur Tür
hinaus wollte — dann vollführte er eine scharfe Linkswendung, wie in Aldershot
auf dem Kasernenhof und stand vor ihr.
    »Verzeihung — wahrscheinlich
störe ich — darf ich Sie einen Augenblick sprechen, Mylady?«
    Zum ersten Male sah er ihre
Augen voll auf sich gerichtet.
    Jetzt entscheidet sie, ob ich
ihr gefalle, dachte Al.

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