4 Meister-Psychos
widrige Umstände verlor ich in der
letzten Woche meine gute Stellung als Warenhausdetektiv. Sie werden verstehen,
was das für einen Mann wie mich bedeutet.
Anbei Ihr Ausweis zurück, damit
Sie keine unnötigen Schwierigkeiten mit der Polizei bekommen. Dazu das reizende
Bild. Nehme an, daß es Ihre Eltern sind. Nette Leute!
Den Verlust des Stadtplanes, so
hoffe ich, ertragen Sie ebenso gelassen, wie Sie ohne Zweifel den der zwei
Pfund ertragen haben. Ich kann ihn sehr gut gebrauchen. Sind doch verteufelt
viele Bezirke in London, wo ich noch nicht gearbeitet habe.
Ich begrüße Sie mit
Hochachtung!
Ihr Daniel Chucks,
Warenhausdetektiv a. D.
PS. Ich trage Ihnen nicht nach,
daß Sie nicht mehr bei sich hatten. Nehmen Sie sich’s nicht zu Herzen!
D. C.«
Nehmen Sie sich’s nicht zu
Herzen. Der Bursche hatte einen sonnigen Humor. Heute stände er auf der Straße,
wenn er nicht den begabten Mr. Henry getroffen und um drei Uhr früh seinen
Vorschuß aus dessen Künstlerhand empfangen hätte! Aber immerhin — Ausweis und
Bild waren wieder da. Die Leute schienen eine strenge Gewerbeordnung zu haben.
Alastair zog sich an und
schlenderte in die Küche.
»Mrs. O’Leary — ehe ich’s
vergesse — hier ist die Miete. Wollte sie Ihnen eigentlich schon gestern
geben.«
Al zog zwei Pfundnoten aus
seiner Brusttasche und legte sie sorgsam auf den Küchentisch. Mrs. O’Learys
Unterkiefer senkte sich. Ihre Augen wurden zu Schlitzen.
»Hat man so was... Wissen Sie,
was ich dachte?«
Alastair wußte es genau.
»Nein.«
»Hielt Sie für abgebrannt —
total fertig! Nein, wie die Menschen sich verstellen können!«
»So irrt man sich«, sagte
Alastair bekümmert. »Mein Gott, was müssen Sie für Mieter kennengelernt haben!«
Und er ließ die sprachlose Mrs.
O’Leary in ihrem Reich zurück.
»Na«, murmelte sie, als sie
sich gesammelt hatte. »Wollen sehen, wie es am nächsten Ersten ist! Möchte doch
wetten...«
Zwölf Stunden später saß Al mit
den anderen in einer Nische hinter der Bar. Sie hatten Pause, und er schlürfte seinen
Gin-Fizz mit Behagen.
»Jungs«, sagte Mr. Henry,
»nehmt euch nichts vor für Sonntag. Habe eine Einladung. Privates Fest bei
besseren Leuten, draußen in Sussex. Fünf Pfund für jeden! Hat einer was
dagegen?«
»Eigentlich wollte ich mit
Linda...« maulte Steve.
»Ich weiß genau, was du
wolltest«, sagte Mr. Henry. »Liebe ist gut, aber Geld ist besser. Laß sie ruhig
mal mit einem anderen ausgehen. Sie wird sich mit ihm nicht mehr langweilen als
mit dir! Fünf Pfund, Steve! Essen frei! Und viel Gin!«
»Gin?« Man sah förmlich, wie
Steve den Namen Linda vergaß. »Äh — nicht, daß ihr denkt, ich mache mir
besonders viel aus dem Saufen«, sagte er und trank sein Glas mit einem Zuge
aus, »‘s ist nur nicht so anstrengend, als ‘n Mädel zu unterhalten. Also schön,
mich hast du.«
»Gut. Johnny?«
»O. k.«
»Al?«
»Auch o. k.«
Fünf Pfund! Mrs. O’Leary sollte
sich wundern, diese
Hexe.
»Alsdann«, sagte Mr. Henry und
leerte sein Glas ebenfalls. »Auf, ihr Söhne von Synkopen! Weiter geht’s!«
Der kleine Bus fuhr durch das
Tor und hielt vor der geschwungenen Treppe. Steve kletterte als erster heraus,
und Al wuchtete den Kontrabaß durch die Wagentür.
»Nette Gegend«, sagte Mr.
Henry, als sie auf die Treppe zugingen.
»Riecht direkt nach Geld. Laß
deine Geige nicht fallen, Steve. Mußt so tun, als wüßtest du gar nichts von
ihr.«
»Dich möchte ich sehen, wenn du
das Klavier schleppen müßtest«, knurrte Steve. »Alle Leute kaufen sich Flügel.
Kein Mensch hat eine Baßgeige im Hause!«
»Es kann nicht jeder so große
Pfoten haben wie du«, erwiderte Mr. Henry. »Ruhig — da ist wer!«
Ein schwarz gekleideter Herr
stand wie eine Bildsäule am oberen Ende der Treppe. Er hatte wäßrige Augen und
trug einen Backenbart.
»Mensch«, sagte Steve. »Ein
richtiger Butler! Ich dachte, das gibt’s nur bei Galsworthy!«
»Die Kapelle?« fragte der Herr
gemessen.
»Nein, der Herzog von
Westminster mit Gefolge«, sagte Johnny leise. Mr. Henry warf ihm einen
tadelnden Blick zu.
»Jawohl, die Kapelle«, versetzt
er, ebenso gemessen.
»Ich nehme an, Sie haben es an
den Instrumenten erkannt, eh?« fragte Steve grimmig. Er nahm den Kontrahaß auf
die andere Schulter.
Der Butler würdigte ihn keines
Blickes.
»Darf ich die Herren bitten,
mir zu folgen?«
Mr. Henry bejahte ergriffen.
Steve stieß beim Passieren des
Portals mit dem
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