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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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denken
Sie?«
    Al sah sich um. Die Schritte
Bradfords und des Arztes waren verklungen.
    »An den Wagen«, sagte er leise.
»Und an ihr Gesicht!«
    June nickte langsam. Sie ging
um das Bett herum und nahm die Medizinflasche vom Nachttisch, die Summerville
dorthin zurückgestellt hatte. Wieder nahm Al den Baldriangeruch wahr, als sie
den Gummistopfen herauszog.
    »Ob sie es gestern eingenommen
hat?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Al.
»Ein Glas ist nicht da. Warten Sie — vielleicht im Bad.«
    Er öffnete die Tür und sah in
den kleinen, grüngekachelten Raum.
    Vor dem Fenster kreuzten sich
die Stäbe eines schmiedeeisernen Gitters. Das Sonnenlicht fiel auf die
chromglänzenden Hähne. Die Wände waren glatt und fest. Keine Spur von einem
anderen Ausgang.
    Auf der geschliffenen Platte
über dem Waschtisch stand ein halbgefülltes Glas. Al witterte den Geruch des
Baldrians zwischen Fichtennadel und Parfüm.
    Draußen hielt er June das Glas
vor das Gesicht.
    »Sieht aus, als wenn sie davon
genommen hätte.«
    »Ja.«
    Vorsichtig zog Al die Vorhänge
des zweiten Fensters zurück. Es war verriegelt wie das andere. Al sah einen
Augenblick hinaus. Dann wandte er sich um und ging auf den Kamin zu. Einige
verkohlte Holzscheite lagen auf dem rußverschmierten Rost. Schürhaken und
Blasebalg waren achtlos in die Nische geworfen. Seit Wochen schien keines
Menschen Hand sie berührt zu haben.
    Die Rußschicht war überall
unversehrt und glatt. Es roch nach Teer und Rauch.
    Nein, da war nichts. Wenn
jemand durch den Kamin gekommen wäre, hätte er Spuren hinterlassen müssen.
    Als Al sich umdrehte, sah er,
wie June die Medizinflasche in die Tasche ihres Morgenrockes steckte. Ihre Hand
hielt das Glas, und der entschlossene Ausdruck ihres Gesichtes hatte sich
verstärkt.
    »Das hier nehme ich mit.«
    Al verstand und sah ihr ernst
ins Gesicht.
    »Miß June — Sie wollen...?«
    »Ja, Mr. Maycock.«
    Al wußte, daß es zwecklos war,
noch etwas zu sagen...

X
     
     
    Luther Burbance kam am
Nachmittag zurück. Er wußte schon Bescheid, als Al ihn beim Essen sah.
    Noch immer war es, als wäre
Lady Cynthia unter ihnen und hätte jeden einzelnen im Auge. Bradford hatte
harte Linien im Gesicht, und seine Lider waren schläfrig und schwer.
    Junes schwarzes Kleid stand ihr
zauberhaft, aber ihr Gesicht war bleich und voller Trauer. Luther sah verstört
und ratlos aus und starrte immer wieder auf Lady Cynthias leeren Stuhl.
    »Hätte niemals gedacht, daß es
so ernst mit ihrem Herzen stand. Nie hat sie etwas gesagt. Und der Doktor auch
nicht.«
    Er schüttelte traurig den Kopf.
    »Arme Tante Cynthia. Was soll
nun werden?«
    Bradford aß seine Suppe zu
Ende, ehe er sprach.
    »Müssen uns um die Beerdigung
kümmern. Wäre das beste, wenn du und June das tun würden. Mr. Maycock kann euch
dabei helfen. Ich fahre morgen rein zu Notar Bellamy — wegen der Testamentseröffnung.«
    Das sieht ihm ähnlich, dachte
Al. Die anderen sollen sich um das Begräbnis kümmern, und er rennt hinter dem
Geld her. Möchte wissen, wann er mich hinauswirft. Wahrscheinlich sofort nach
der Trauerfeier. Noch auf dem Friedhof.
    Bradford hob den Kopf, als
erwarte er Widerspruch.
    June sagte nichts. Auf Luthers
Wangen erschienen rote Flecke und verschwanden wieder.
    Bradford wird es nicht einfach
haben, dachte Al wieder. Bin gespannt, wie das alles weitergeht.
    Jetzt erschien Hatch mit dem
Tablett. Er schloß die Tür hastiger als sonst, und sein Gesicht zeigte
Aufregung.
    »Verzeihung, Sir — ein Herr ist
gekommen.«
    Bradford sah aus wie ein alter,
mißtrauischer Wachhund.
    »Ein Herr? Was will er?«
    »Er sagt, er sei von der
Polizei, Sir«, erklärte Hatch furchtsam, aber in seiner Stimme schwang ein
heimlicher Triumph.
     
     
    Bradford fuhr auf und stierte
ihn mit wütenden Augen an. »Polizei? Ja wer, zum Teufel, hat denn...?«
    June nahm sich ein Stück
Fleisch von Hatchs Tablett. »Ich habe«, sagte sie ruhig. »Danke, Mr. Hatch.
Nimmst du auch, Onkel?«
    Bradford zerknitterte seine
Serviette und warf sie neben den Teller. »Möchtest du uns vielleicht erklären,
was das zu bedeuten hat?«
    »Sofort. Hatch!«
    »Miß June?«
    »Führen Sie den Herrn in die
Bibliothek. Wir kommen, wenn wir fertig sind.«
    Sie wartete, bis der Butler das
Zimmer verlassen hatte. »Eine reizende Art hast du an dir«, knurrte Bradford.
»Wie kommst du dazu, uns einen Polizisten ins Haus zu holen?«
    »Ich möchte ihm eine Geschichte
erzählen. Wenn du dich gedulden könntest, bis wir

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