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4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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hinaufgeklettert ist, die dominante Position einnimmt, während die zweite den Schutz gegen Aggressionen von außen bildet und sich um die Mitglieder der Gesellschaft sorgt. Bei permanenter Aktivität der beiden Spinnen funktioniert das Simulakrum mit einem Minimum an Autoaggression. Man muss die Bewohner nur hin und wieder zur Entspannung mit frischem Bier besprenkeln.«
    »Und niemand versucht auszubrechen?«, erkundigte sich Ilja. »Schließlich gibt es kein Dach …«
    »Äußerst selten. Und nur diejenigen, denen es reicht, die Spinne im Glas zu mimen. Erstens wird im Terrarium die Illusion eines ständigen Kampfes gewahrt. Zweitens verstehen die Versuchstiere das Dasein im Glas als Ausdruck der eigenen Außergewöhnlichkeit.« Schließlich fischte Geser aus seinem Kästchen etwas heraus. »Genug«, verkündete er. »Schluss mit den Banalitäten. Hier habt ihr ein erstes Objekt, über das ihr nachdenken könnt. Was ist das?«
    Schweigend betrachteten wir den grauen Klumpen Beton, der aus einer Mauer herausgehauen zu sein schien.
    »Und untersteht euch, Magie einzusetzen!«, blaffte Geser.
    »Ich weiß es«, verkündete Semjon entschuldigend. »Ich erinnere mich noch an die Geschichte. Ein Minisender. In den Fünfzigern … oder war es in den Sechzigern? … hat man versucht, uns abzuhören. Damals traten wir als Trust der Städtischen Elektrizitätswerke für Reparatur und Montage auf. Das
    Ding hatten wir irgendwelchen ausgebufften Jungs vom KGB zu verdanken, nicht wahr?«
    »Stimmt«, bestätigte Geser. »Damals jagte man Spione, was das Zeug hielt. Unter diesem Vorwand hat man auch uns überprüft … Wir weckten bei den zuständigen Stellen Verdacht … Nur gut, dass wir beim KGB unsere Augen und Ohren hatten. Wir führten eine Desinformationskampagne durch, die wachsamen Genossen fassten einen Tadel für die sinnlose Vergeudung von teurer Ausrüstung ab … Und was ist das?«
    In Gesers Händen blitzte eine beachtliche Stahlschraube auf. Ehrlich gesagt, wusste ich nicht einmal, dass solche riesigen Schrauben überhaupt hergestellt werden.
    »Darüber werdet ihr kaum etwas wissen«, erklärte Geser. »Der … wie ich hoffe … einzige Versuch der Dunklen, uns mit den Mitteln der Menschen auszuspionieren. 1979. Damals führte ich ein sehr ernstes Gespräch mit Sebulon. Danach unterschrieben wir eine Anlage zum Abkommen über verbotene Kampfmethoden.«
    Die Schraube wanderte in das Kästchen. Stattdessen kamen nun zwei winzige braune »Tabletten« zum Vorschein.
    »Das war, als sie versucht haben, uns das Haus abzuluchsen!«, rief Ilja lebhaft. »1996, stimmt’s?«
    »Stimmt genau«, bestätigte Geser nickend. »Ein junger ambitionierter Oligarch vertrat die Auffassung, der einstige Staatsbetrieb und die heutige GmbH Stadtlicht sei eine absolut verlockende und schutzlose Rosine im Eigentumskuchen. Sobald sie allerdings durch ihr Abhören und die Observation herausgefunden hatten, was für Leute hier ein und aus gingen, um mit dem Direktor, einem alten Mann, Tee zu trinken, ließ der Oligarch all seine ehrgeizigen Pläne schlagartig fallen.«
    »Natürlich gehörte auch das zur Desinformation?«, fragte Olga neugierig. Anscheinend richtete sich die ungewöhnlich ausführliche Ansprache des Chefs insbesondere an sie, der diese lang verjährten Ereignisse entgangen waren.
    Semjon kicherte und sagte mit schleppendem Tonfall: »Tjaa, wichtige Fragen hast du da für die ganze Stadt zu entscheiden, Namensvetter, aber um Unterstützung bittest du nicht … Also, wenn was ist, brauchst du bloß vorbeizukommen.«
    »Was das ›Wenn was ist, brauchst du bloß vorbeizukommen‹ angeht«, erwiderte Geser lächelnd, »da übertreibst du ein bisschen. Doch sei’s drum, man verurteilt keine Sieger … Aber all das ist Schnee von gestern. Unser heutiger Fang …«
    Er holte aus dem Kästchen etwas, das an ein Stück Leukoplast erinnerte. Ein schmales weißes Quadrat, dessen eine Seite klebte, weshalb Geser es nur mit Mühe von seinem Finger abbekam.
    »Die Technik schläft auch nicht«, meinte ich interessiert. »Aufnahmegerät und Sender?«
    »Es wird dich vielleicht erstaunen zu hören, dass hier auch noch ein Magnetofon eingebaut ist«, entgegnete Geser. »Alles wird aufgezeichnet und einmal am Tag innerhalb von drei Sekunden mit einem kodierten Impuls gesendet. Ein nettes Spielzeug. Und ein teures. Grundlos schafft man so etwas nicht an.«
    »Komm zur Sache, Boris«, bat Olga.
    Geser warf das Spielzeug in den Kasten

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