40 Stunden
wirklich eine schwere Geburt. Sind deine Alten immer so spießig?«
Jenny hatte in ihr Glas gelächelt. » Immer.« Sie fühlte sich leicht und beschwingt. Zum ersten Mal durfte sie allein verreisen! Und dann gleich nach Berlin. Sie dankte dem lieben Gott, dass er es eingerichtet hatte, dass der Kirchentag in diesem Jahr ausgerechnet in der Hauptstadt abgehalten wurde. » Die tun so, als lauere an jeder Straßenecke Gefahr für meine Jungfräulichkeit.«
Pia lehnte den Kopf gegen die Wand und schloss die Augen. Eine Weile schwiegen sie beide, dann meinte Pia: » Glaubst du, wir werden ein paar süße Jungs kennenlernen?«
Jenny grinste. » Es werden hunderttausend Leute erwartet. Die Chancen sind also relativ groß, würde ich sagen.« Sie verspürte ein Kribbeln in der Magengegend. Wie aufregend das alles war!
Wieder wurde es still im Raum.
» Also ich habe mir fest vorgenommen, dass es da passieren wird!«, murmelte Pia schließlich verträumt. Sie hatte noch immer die Augen geschlossen.
Jenny wandte den Kopf. » Was passieren wird?«, fragte sie.
» Dummchen!« Pia öffnete die Augen und schlug nach Jenny. » Meine Unschuld verlieren, natürlich!«
Erschrocken schaute Jenny zur Tür, um nachzusehen, ob sie auch wirklich geschlossen war. » Wenn meine Eltern dich so reden hören«, schimpfte sie, » kann ich einpacken! Dann lassen sie mich nie mit dir zusammen nach Berlin!«
Pia hatte nur gelacht. » Spießer eben! Berlin, Jenny! Wo, wenn nicht da muss es passieren?«
Jetzt, hier in diesem Bus, glitt Jenny ein Lächeln über die Lippen. Ihre Finger spielten mit dem Knicklicht, das sie an dem Band um den Hals hängen hatte.
» Gefällt dir das Ding?« Dennis’ Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
Sie kehrte aus der Vergangenheit zurück. » Das Knicklicht?«
» Ja, damit rennen doch echt alle rum.« Dennis streckte die Hand aus und tippte gegen den fingerdicken Plastikstab. Wie zufällig berührte er dabei kurz Jennys Finger. Es durchfuhr sie wie ein elektrischer Schlag.
» Na und?« Sie spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. » Ist doch eine tolle Idee, die Dinger morgen Abend beim Papstgottesdienst alle gleichzeitig zu aktivieren.« Sie hakte das Licht von dem regenbogenfarbenen Band ab und reichte es Dennis.
Er betrachtete es. » Das Wort Gottes mit Freimut reden«, las er das darauf abgedruckte Kirchentagsmotto vor.
Jenny entwand ihm das Licht. Diesmal sorgte sie dafür, dass sich ihre Hände berührten. Dennis lächelte sie strahlend an. Seine Blicke machten sie ganz nervös. Ihr war bewusst, dass Pia sie finster musterte, weil es ihr gelungen war, das Gespräch mit Dennis an sich zu reißen. Doch irgendwie war es ihr ziemlich egal, ob ihre Freundin sauer auf sie war. Sie sah Dennis in die Augen, und ein Flattern entstand in ihrem Magen.
Vielleicht würde ja sie auf diesem Kirchentag ihre Unschuld verlieren und nicht Pia. Wer wusste das schon?
Ein Hochgefühl jagte durch ihren Körper, denn nun griff Dennis nach ihrer Hand und nahm ihr das Licht wieder weg. » Es funktioniert nur einmal, oder?«, fragte er.
Jenny nickte, und prompt tat er so, als würde er es in der Mitte durchbrechen. Sie erschrak, gleich darauf jedoch bemerkte sie, dass er sie nur foppen wollte. Mit einem Lachen machte er Anstalten, ihr das Licht wiederzugeben, hakte es aber dann stattdessen eigenhändig an dem regenbogenfarbenen Band um ihren Hals fest. Seine Finger kamen ihrem Busen dabei sehr nahe…
Ihr Herz klopfte jetzt so heftig, dass es sich anfühlte, als würde es im nächsten Moment explodieren.
***
Nachdem sich der Kollege, der Faris’ Waffe und Marke gebracht hatte, verabschiedet hatte, herrschte einen Augenblick lang Schweigen im Konferenzraum.
» Sieh zu, dass du loskommst!«, sagte Tromsdorff schließlich. » Der Anrufer will, dass du das Internetcafé checkst. Wir sollten uns ihm nicht noch einmal widersetzen.« Er blickte auf Faris’ Smartphone. » Ben?«
Der KTI -Mitarbeiter schaute von seiner Arbeit hoch. » Ja?«
» Was machen wir mit Faris’ Handy?«
Ben kratzte sich an der Nase. » Er muss es mitnehmen, ist doch klar. Wenn der Kerl sich wieder meldet und nochmal ein anderer drangeht, dann haben wir ein Megaproblem.«
Tromsdorff wollte etwas einwerfen, doch Ben grinste breit. » Wir verpassen nichts, keine Angst!« Er wies auf seinen Computer. » Ich habe eine Vermittlungsstation gefaked. Wenn der Kerl anruft, klingelt es bei Faris, aber gleichzeitig können wir hier auch
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