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43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Tür hinaus. Draußen blieb der Knabe stehen und flüsterte:
    „Ludewig, geht es wirklich nicht?“
    „Nein, mein Junge; er hat es einmal gesagt.“
    „Gib du ihm doch gute Worte.“
    „Ich werde mich hüten. Dieser Wolf ist ein ganz außerordentlicher Kerl dahier; so groß wie ein richtiges Kalb. Da wärst du verloren.“
    Damit ließ Ludewig den Knaben stehen und eilte davon.
    Kurt verweilte einen Augenblick ganz betrübt an derselben Stelle; dann erhellte sich plötzlich sein Gesicht, und er eilte davon, zur Treppe hinunter, zum Hof hinaus und nach dem Vorwerk hinüber.
    „Warte, nun gerade, nun gerade!“ räsonierte er unterwegs bei sich. „Mich soll kein Wolf fressen, mich nicht, mich nicht!“
    Im Vorwerk angekommen, ging er nach der Stube. Dort saß sein Vater, der Steuermann, über verschiedenen Seekarten, die vor ihm auf dem Tisch lagen. Er sah, daß der Junge nach seinem Hinterlader griff und Patronen einsteckte.
    „Wohin?“ fragte er.
    „Krähen schießen, Papa.“
    „Gut, aber nicht lange; es ist zu kalt.“
    Es kam täglich vor, daß Kurt zu seiner Übung Krähen schoß; darum fiel es nicht auf. Der Junge steckte also unbemerkt ein kleines Waidmesser und eine feste Leine zu sich; dann ging er. Draußen hinter dem Vorwerk blieb er überlegend stehen.
    „Am Forellenbach soll der Wolf gewesen sein!“ murmelte er vor sich hin. „Hm, sie dürfen nicht sehen, daß ich vor ihnen hinaus bin. Ich mache einen Umweg, gehe durch die Erlen und dann hinüber nach dem Eichberg; da habe ich auch die Luft für mich.“
    Also die Richtung des Windes hatte er doch schon, und zwar ganz unwillkürlich, gesichert. Der mutige Knabe hatte gar keine Ahnung, welcher Gefahr er entgegenging.
    Er huschte auf die Straße hinüber, eilte eine Strecke auf derselben hin und trat dann in einen Erlenschlag ein, der sich links hinüberzog. Hier schritt er unbesorgt wohl zehn Minuten lang zwischen Büschen hin, bis ein trockener Boden kam, der mit hohen Eichen bestanden war. Er hatte wohl noch eine halbe Stunde bis zum Forellenbach zu gehen, nahm aber doch sein scharf geladenes Doppelgewehr, das er vom Hauptmann geschenkt erhalten hatte, von der Schulter und hielt es schußgerecht im Arm.
    Er fühlte nichts von der grimmigen Kälte; der Gedanke, einen Wolf zu sehen, erwärmte ihn. Er dachte nicht daran, daß das Tier erst gesucht werden müsse, daß es zwar am Forellenbach seine Fährte gezeichnet habe, jetzt aber bereits stundenweit davon entfernt sein könne. Er schritt nur immer weiter, dem Bach zu.
    Da krachte im Forst ein Baum. Ganz unwillkürlich wandte Kurt das Auge nach der Richtung, aus der der Schall gekommen war, und sofort blieb er stehen.
    „Ein Hund!“ flüsterte er. „Ein fürchterlich großer Hund! Oder ist das der Wolf?“
    Rasch trat er hinter die nächste Eiche. Nicht dreißig Schritte von ihm entfernt stand die Gestalt eines hundeähnlichen Tieres, das auch nach der Richtung äugte, in der der Baum gekracht hatte. Die spitzen Ohren waren horchend emporgerichtet, und der buschige Schwanz steckte zwischen den hinteren Beinen. Er war ein großes, mächtiges, aber sehr mageres Tier; es mußte der Wolf sein.
    Er mochte sich beruhigt haben und kam im Trottelschritt näher. Jetzt war er kaum noch zwanzig Schritte entfernt. Die Luft stand gut.
    Da hob Kurt sein Gewehr, und nicht im geringsten zitternd, da er ja zwei Schüsse hatte, zielte er gerade auf die Brust des Tieres und drückte ab. Der Schuß krachte, das Tier fuhr auf die Hinterbeine zurück, tat einen halben Sprung vorwärts, brach zusammen, wollte sich wieder aufraffen, stieß ein halbes, abgebrochenes Heulen aus und lag verendet am Boden.
    Zunächst lud Kurt den abgeschossenen Lauf wieder, dann trat er zu dem Tier; es bot einen so ekelhaften Anblick, daß der Knabe im stillen meinte:
    „Das ist kein Hund, sondern der Wolf.“
    Vor Freude glühend, stand er da.
    „Was tue ich?“ fragte er sich. „Schaffe ich ihn heim? Sie werden seiner Fährte folgen und ihn bereits erlegt finden. Dann sehen sie auch meine Fußstapfen. Welch ein großer, großer Ärger für sie! Ich gehe fort und lasse ihn liegen.“
    Und das tat er auch wirklich. Aber er befand sich nun einmal im Wald und wollte nicht gleich wieder nach Hause gehen, darum schritt er langsam durch den Schnee, immer weiter in den Eichenwald hinein, in der Hoffnung, vielleicht noch auf irgendein kleines Wild zum Schuß zu kommen.
    So suchte und suchte er, bis er fühlte, daß er ermüdet sei. Es gab

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