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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sagte sie mit geringschätzigem Ton.
    „Wir müssen ihn fürchten“, meinte Cortejo ernst. „Er hat seit dem ersten Tag seiner Anwesenheit in Rodriganda unsere Pläne durchschaut und durchkreuzt. Er besitzt einen Scharfsinn, der ganz erstaunlich ist, und hat dabei ein Glück, daß man ihn für einen Liebling des Teufels halten könnte.“
    „Nun, vielleicht ist er es auch, und der Teufel kommt seiner Zeit, um ihn zu holen. Ich dachte vorhin zufällig an ihn.“
    „Zufällig?“
    „Ja. Hast du nicht von dem Deutschen gehört, der jetzt hier unsere Salons so unsicher macht?“
    „Ja. Er ist Arzt, und Ärzte sind den Frauen ja immer sympathisch.“
    „Hast du seinen Namen gehört?“
    „Nein.“
    „Er heißt Señor Sternau. Er ist Gast des englischen Gesandten und wurde von diesem den höchsten Aristokraten vorgestellt. Sogar beim Präsidenten war er gestern geladen. Ein Arzt, ein einfacher Arzt. Es ist lächerlich.“
    „Sternau heißt er? Caramba! Es wird doch nicht derselbe sein?“
    „So habe ich mich auch gefragt, aber Name und Stand sind jedenfalls nur ein Spiel des Zufalles. Jener Karl Sternau, vor dem du dich so fürchtest, ist ja gegenwärtig in Deutschland, da kann er folglich doch nicht in Mexiko sein.“
    Das Gesicht Cortejos verfinsterte sich.
    „Meinst du?“ fragte er. „Wer sagt dir, daß er jetzt in Deutschland ist?“
    „Nun, der Oheim schrieb es ja in seinem vorletzten Brief.“
    „Allerdings, aber seit jenem Brief ist eine geraume, eine lange Zeit vergangen.“
    „Du meinst doch nicht etwa –?“ fragte Josefa gedehnt.
    „Ich meine, daß du den Brief lesen sollst“, antwortete er kurz und reichte ihr das Schreiben. Sie nahm es, öffnete und las:
    „Lieber Bruder!
    Dieses Mal habe ich Dir Wichtiges mitzuteilen. Wie Du weißt, ist uns Doktor Sternau entgangen, die Briganten halfen ihm, sodaß er über die Grenze kam. Ich ließ ihn heimlich verfolgen und erfuhr, daß er nach Paris zu gehen beabsichtige. Natürlich lag mir daran, ihn unschädlich zu machen, und so schickte ich ihm unseren Alfonzo nach.
    Leider kam Alfonzo zu spät. Sternau war bereits nach Deutschland abgereist. Alfonzo ging ihm nach, erlitt aber während eines Bahnunglückes eine Verletzung, so daß er liegen blieb. Darüber verging eine wichtige Zeit, und unterdessen wurde dieser Sternau mit Rosa – vermählt.
    Es geschah dies in einer deutschen Ortschaft, die Rheinswalden heißt. Alfonzo kam zu spät. Die Trauung war vorüber, und Sternau hatte sich auf eine Reise begeben. Wißt Ihr, was er beabsichtigt? Dieser Mensch will den Kapitän Landola aufsuchen, um ihm jenen Mariano, der sich auf Rodriganda Alfred de Lautreville nannte, abzujagen. Diesem Menschen ist das Äußerste zuzutrauen, ich hoffe aber, daß seine Pläne zu Schanden werden.
    Ich habe sogleich an alle Häfen, in denen Landola zu verkehren pflegt, teils telegraphiert, teils geschrieben, und da es immerhin eine Möglichkeit ist, daß er seinen Kurs auf Mexiko nimmt, so gebe ich auch Dir Nachricht. Dieser Sternau muß unschädlich gemacht werden, sonst sind wir verloren.
    Nun zu etwas Besserem und Angenehmeren. Alfonzo steht jetzt an der Spitze des Hauses Rodriganda; er hat die Interessen desselben zu vertreten, und auch dafür zu sorgen, daß die Traditionen desselben nicht verlöschen, mit einem Wort: Er muß sich vermählen!
    Ich habe an seiner Stelle Umschau gehalten, und es ist mir auch geglückt, ein Auge auf eine Dame zu richten, die alle Erfordernisse besitzt, den Namen Rodriganda zu noch höheren Ehren zu bringen.
    Du weißt, daß ich Haushofmeister des Herzogs von Olsunna war. Ich habe Dir von seinem Verhältnis zu jener deutschen Gouvernante erzählt, die ihm entfloh. Diese Liaison hat ihn in meine Hand gegeben, sodaß ich ihm vorschreiben kann, was mir beliebt. Er besitzt ein einziges Kind, eine Tochter. Sie ist zwar älter als Alfonzo, aber sie ist schön, unermeßlich reich und von einem höheren Grad als die Rodrigandas. Alfonzo hat sie gesehen und schwärmt für sie. Ich hoffe, daß es meinem Einfluß auf den Herzog gelingt, diese glanzvolle Verbindung zustande zu bringen, und werde Dir, sobald ein Resultat erzielt ist, das Weitere mitteilen.
    Dein Bruder. Gasparino Cortejo.“
    Während der letzten Hälfte des Briefes hatte Josefa sich entfärbt. Sie war blaß geworden, und als sie jetzt zu Ende war, knirschte sie wild die Zähne zusammen, ballte das Papier zu einem Knäuel, warf diesen auf den Boden und stampfte mit dem Fuß

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