44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
zehn Schützen aus Doppelgewehren feuerten. Auch der Indianer hatte mit seiner Büchse zwei niedergestreckt, und als Sternau endlich den Stutzen wegwarf und nach der Büchse griff, waren nur noch zwei übrig. Den einen schoß er nieder, den letzten aber wollte er schonen.
„Lege dich nieder und bewege dich nicht!“ rief er ihm zu.
Der Mann gehorchte auf der Stelle.
„Geh' hinab zu ihm, während ich ihn von oben bewache“, gebot er dem Häuptling der Mixtekas.
Dieser eilte in weiten Sprüngen am Rand der Schlucht dahin, bis er am Ausgang die Sohle erreichte und den Mann, der noch immer bewegungslos am Boden lag. Nun konnte dieser nicht entkommen. Sternau war dem Indianer gefolgt. Jetzt gebot er dem am Boden Liegenden: „Steh auf!“
Der Mann erhob sich. Er zitterte an allen Gliedern. Ein solches Massaker war ihm noch gar nicht vorgekommen.
„Wie viele Männer wart ihr?“ fragte ihn Sternau.
„Sechsunddreißig.“
„Wo sind die Fehlenden?“
Der Mann zögerte mit der Antwort.
„Rede, sonst kostet es dich dein Leben!“
„Sie sind nach der Hacienda Vandaqua.“
„Was tun sie dort?“
„Sie besuchen den Señor.“
„Wer ist der Señor?“
„Der uns befahl, die Hacienda del Erina zu überfallen.“
„Hat er euch seinen Namen nicht genannt?“
„Nein.“
„Ich kenne ihn dennoch. Habt Ihr Pferde bei euch?“
„Ja.“
„Wo sind sie?“
„Sie weiden nicht weit von hier auf einer Lichtung.“
„Wie weit ist es von hier bis zur Hacienda Vandaqua?“
„Drei Stunden.“
„Wann ritten die Leute fort?“
„Vor einer Stunde.“
„Wann wollen sie wiederkommen?“
„Kurz vor Abend.“
„Gut! Führe uns nach der Weide, wo sich die Pferde befinden.“
Sternau lud zunächst seine Gewehre wieder, dann ließ er sich nach der Weide bringen. Hier wurden die drei besten Pferde ausgewählt und nach der Schlucht gebracht. Alle vorhandenen Waffen wurden in Decken gebunden und den Pferden aufgeladen. Darauf wurde auch der Gefangene auf ein Pferd geschnallt, endlich stiegen die beiden Sieger auf, und fort ging es im Schritt durch den Wald, im Trab über die Berge und im Galopp über die Ebene.
Wie erstaunten die Bewohner der Hacienda, als die kleine Truppe dort anlangte. Sternau hatte seinen Patienten verlassen müssen, daher war sein erster Weg zu diesem. Unterdessen erzählte der Mixteka seinen staunenden Zuhörern, was geschehen war.
„Dieser Arzt ist der größte Held der Prärie“, sagte er. „Er ist Matava-fe, der ‚Fürst des Felsens‘. Er hat fast zweimal fünfzehn Feinde getötet in zwei Minuten, und dennoch ist seine Büchse nicht warm geworden.“
‚Büffelstirn‘ war soeben mit seinem Bericht fertig geworden, als Sternau wieder erschien. Er hatte seinen Patienten schlafend gefunden und Emma seine Maßregeln eingeschärft. Alle anderen Bewohner der Hacienda standen im Hof versammelt. Pedro Arbellez trat ihm entgegen und reichte ihm die Hand.
„Señor, Sie sind ein wahrer Teufel!“ sagte er. „Aber es ist gut so, denn Sie haben mich vor einem fürchterlichen Feind errettet.“
Sternau nickte nur und erkundigte sich:
„Wie weit liegt die Hacienda Vandaqua von hier?“
„Drei Reitstunden.“
„Wie stehen Sie mit dem Besitzer?“
„Er ist mein Feind.“
„Ich dachte es. Dort steckt jetzt Pablo Cortejo, der diese Mörderbande gegen Euch gedungen hatte. Wir müssen ihn haben. Ihr, Mariano, und ich reiten mit zehn Mann hin. ‚Büffelstirn‘ kehrt mit zehn Mann nach der Schlucht des Tigers zurück, um die Pferde und Beute zu holen, und die übrigen bleiben unter Aufsicht meines Freundes Helmers hier zum Schutz der Hacienda, da man nicht wissen kann, was geschieht. Seid ihr einverstanden?“
Alle die Genannten hatten nichts gegen die Rollen, die ihnen zugeteilt worden waren, und es dauerte nicht lange, so ritten die beiden Trupps von der Hacienda ab, ihrem Ziel entgegen.
Die Abteilung unter ‚Büffelstirn‘ hatte glatte Arbeit. Die Leute erreichten die Schlucht, plünderten die Toten und luden die sämtliche Beute auf die Pferde, die sie nach Haus brachten.
Anders war es mit der Abteilung, die nach der Hacienda Vandaqua bestimmt war. Diese mußte vorsichtig verfahren. Als man die Grenze überschritten hatte, begegnete ihnen ein Cibolero, der von der Hacienda kam. Sternau ritt an ihn heran und fragte:
„Du kommst von der Hacienda Vandaqua?“
„Ja, Señor.“
„Ist der Besitzer zu Haus?“
„Er sitzt beim Monte und spielt um silberne Pesos.“
„Mit
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