44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
hört es ja. Ich gebe ein Signal.“
„Macht keine Faxen.“
Mit diesen Worten wollte Cortejo den Mexikaner zur Seite schieben, dieser jedoch schlug sofort sein Gewehr auf ihn an und rief:
„Zurück! Bleibt halten, sonst jage ich Euch eine Kugel durch den Kopf. Ihr habt zu warten, bis Leute kommen. El Oro steht unter Belagerungszustand.“
„Ah! Seit wann?“
„Seit zwei Stunden.“
„Und wer hat es in diesen Zustand versetzt?“
„Señor Juarez.“
Dieser Name verursachte eine sofortige Wirkung. Die Männer, die Cortejo begleiteten, hatten Miene gemacht, den Posten einfach über den Haufen zu reiten, jetzt aber drängten sie ihre Pferde zurück. Auch Cortejo stieß einen Ruf der Überraschung aus.
„Juarez!“ rief er aus. „Ist er hier in El Oro?“
„Ihr hört es ja.“
„Oh, das ist etwas anderes, ich werde mich fügen. Da kommen schon Eure Kameraden.“
Auf den Pfiff des Postens war ein zweiter als Antwort erschollen, und jetzt nahten einige sehr gut bewaffnete Männer, von denen der eine, ihr Anführer, fragte:
„Was gibt es, Hermillo?“
„Diese Männer wollen in die Stadt.“
„Wer ist es?“
„Sie haben den Namen noch nicht gesagt.“
„So werden Sie mir ihn wohl nennen.“
„Ich heiße Cortejo“, sagte dieser, „und bin aus der Hauptstadt. Jetzt befinde ich mich auf dem Rückweg nach derselben und wollte in El Oro übernachten.“
„Gehören die anderen zu Euch?“
„Ja.“
„Was seid Ihr?“
„Ich bin Verwalter der Besitzungen des Grafen Rodriganda.“
„Ach, auch so ein vornehmer Blutsauger! Kommt, und folgt mir.“
Diese Worte wurden in einem nicht sehr freundlichen Ton gesprochen.
„Ich werde doch vielleicht vorziehen, weiterzureiten“, entgegnete Cortejo schnell, denn er fand augenscheinlich kein Wohlgefallen an seiner gegenwärtigen Lage, die ihm mutmaßlicherweise von keinem Vorteil sein konnte.
„Das geht nicht“, antwortete der Mann. „Ihr seid bis an unsere Vorposten gekommen und dürft nun nicht mehr zurück. Vorwärts.“
Jetzt folgte Cortejo. Es war kein großes Wagestück, auf dem Pferd in der Finsternis der Nacht zu entkommen, aber Cortejo war kein Held, er zog es vor, zu gehorchen.
Der Patrouillenführer geleitete sie in das Städtchen, das nur aus wenigen Häusern bestand, heute aber sehr belebt war. Überall erblickte man angehängte Pferde, deren Reiter sich bei den Einwohnern des Ortes gütlich taten.
Juarez ist derselbe, der in dem traurigen Schicksal des Kaisers Maximilian von Mexiko später eine so hervorragende Rolle spielte. Er war jetzt noch nicht Präsident, sondern nur Parteiführer, doch besaß er bereits genug Berühmtheit, um gefürchtet zu werden. Er war kein Weißer, sondern ein Indianer. Man wußte, daß er verwegen, listig und grausam sei, aber er besaß einen unerschütterlichen Charakter und einen Willen, der fest genug war, in den politischen Wirrwarr des Landes Klarheit und Festigkeit zu bringen.
Er hatte sein Quartier im besten Haus des Städtchens aufgeschlagen. Dorthin wurde Cortejo mit den Seinen geführt. Vor dem Eingang hielten vier bewaffnete Fahnenreiter mit gezogenen Degen Wache. Cortejo stieg mit den Seinen vom Pferd und gelangte mit seinem Führer in das Innere des Hauses. Dort wurde er sofort in ein großes Gemach geleitet, in dem man beim Abendbrot saß.
Am oberen Ende der Tafel präsidierte Juarez, der Indianer. Er trug sein Haar damals ganz kurz geschoren, so daß man den eckigen Bau seines mächtigen Schädels deutlich bemerken konnte, und war sehr einfach gekleidet, einfacher, als alle die Herren seiner Umgebung. Aber selbst ein Fremder hätte ihm angesehen, daß er ihrer aller Herr sei.
„Was ist's?“ fragte er kurz, als er die Eintretenden bemerkte.
„Diese Leute sind vom Posten angehalten worden“, antwortete der Gefragte.
Das Auge des Indianers richtete sich mit stechender Schärfe auf Cortejo.
„Wer seid Ihr?“ fragte er.
„Ich heiße Cortejo, bin der Verwalter des Grafen de Rodriganda und wohne in Mexiko“, antwortete Cortejo.
Juarez sann einen Augenblick nach und fragte dann weiter:
„Des reichen Spaniers Rodriganda, dem die Hacienda del Erina gehört?“
„Ja.“
„Wo wollt Ihr hin?“
„Heim nach Mexiko.“
„Und wo kommt Ihr her?“
„Von der Hacienda Vandaqua.“
„Was habt Ihr dort getan?“
„Den Haziendero besucht.“
„In welcher Angelegenheit?“
„Aus Freundschaft.“
Die Augenbrauen Juarez' zogen sich finster zusammen, und er stieß die Frage
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