44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
hervor:
„Ach, Ihr seid sein Freund?“
„Ja“, antwortete Cortejo unbefangen.
„So seid Ihr der meinige nicht. Dieser Mensch ist ein Anhänger von Miramon.“
Cortejo erschrak. Miramon war der Präsident von Mexiko. Er zog im Land umher, um sich Anhänger zu sammeln und vernichtete dabei rücksichtslos diejenigen, die sich ihm nicht ergeben zeigten.
„Ich habe ihn nach seiner politischen Ansicht niemals gefragt.“
Damit wollte Cortejo sich verteidigen, schien aber seine Lage nicht verbessert zu haben, denn es traf ihn ein Blick aus den dunklen Augen, und die Lippen Juarez' zogen sich auseinander, so daß man, etwa wie bei einem zähnefletschenden Kettenhund, die weiß glänzenden Zähne erblickte.
„Das macht mir nicht weis!“ rief Juarez. „Wo zwei beieinander sind, da wird von Politik gesprochen, das bringt der gegenwärtige Stand der Verhältnisse mit sich. Übrigens weiß ich, daß auch Ihr ein Anhänger von Miramon seid.“
Das klang noch bedrohlicher als vorher. Cortejo beeilte sich daher, sich zu verteidigen und entgegnete:
„Das muß ein Irrtum sein, Señor. Ich habe den Parteien stets fern gestanden.“
„So seid Ihr weder warm noch kalt, und das ist noch schlimmer. Übrigens habe ich gehört, daß Graf Rodriganda auf bloßen Wunsch hin ein ganzes Detachement Lanzenreiter erhalten hat, um sich die Hacienda del Erina zu unterwerfen. Muß er da nicht Freund des Präsidenten sein?“
„Er vielleicht, aber doch nicht ich.“
„Pah! Wie der Herr, so der Diener. Ich werde mit Euch vorsichtig sein und Euch, so lange ich nicht vom Gegenteil überzeugt bin, als Spion betrachten.“
„Señor, der bin ich nicht“, stieß Cortejo ängstlich hervor.
„Das wird sich finden. Ihr kommt mir verdächtig vor. Von Mexiko bis nach der Hacienda Vandaqua macht man keinen bloßen Freundschaftsbesuch.“
„Aber Señor, ich habe ja gar nicht gewußt, daß Sie in El Oro sind!“
„So haben Sie es erfahren wollen. Oder liegt El Oro etwa auf dem Weg von der Hacienda nach Mexiko? Weshalb dieser Umweg?“
Cortejo konnte eine Verlegenheit nicht verbergen.
„Ihr schweigt?“ fuhr der Indianer fort. „Gut, ich lasse Euch einsperren, und morgen wird sich die Wahrheit finden.“
„Ich bin unschuldig!“ beteuerte Cortejo.
„Das wird gut für Euch sein! Jetzt aber fort mit Euch!“
Da erhob sich unter den an der Tafel Sitzenden eine Stimme:
„Señor Juarez, erlaubt! Haltet Ihr mich für einen aufrichtigen Freund?“
Der Sprecher war ein großer, ungewöhnlich stark gebauter Mexikaner. Seine Gestalt fiel um so mehr auf, als die Bewohner Mexikos gewöhnlich von kleiner Statur sind.
„Welche Frage, Señor Verdoja!“ antwortete Juarez. „Hätte ich Euch zum Kapitän meiner Leibwache gemacht, wenn ich Euch nicht traute? Was wollt Ihr mit dieser Frage?“
„Ich möchte Euch bitten, den Worten Cortejos zu glauben!“ entgegnete der Große.
Cortejo hatte in seiner Befangenheit die einzelnen noch gar nicht näher gemustert und also auch diesen Mann nicht beachtet, aber bei dem tiefen Klang seiner Stimme zog der Ausdruck einer freudigen Überraschung über sein Gesicht. Er fühlte sich gerettet, denn er kannte seinen Fürsprecher.
Verdoja war zwar kein Millionär, aber doch ein ziemlich wohlhabender Grundbesitzer. Er besaß im Norden des Landes ein weitläufiges Weidegebiet und war dort der Nachbar Rodrigandas. Auch der Graf hatte dort eine Besitzung. Es befanden sich auf derselben alte Quecksilbergruben, und deshalb hätte Verdoja dieses Besitztum gern an sich gebracht, aber Graf Ferdinando hatte nicht verkaufen wollen.
„Wieso, kennt Ihr ihn?“ fragte Juarez.
„Ja“, lautete die Antwort.
„Ihr haltet ihn nicht für gefährlich?“
„Nein, im Gegenteil, er ist Euer Freund. Ich garantiere für ihn!“
Juarez musterte Cortejo nochmals aufmerksam und sagte dann:
„Wenn Ihr garantiert, so mag er gehen. Aber Ihr seid verantwortlich für alles.“
„Gern, Señor.“
Da wandte sich Juarez zu Cortejo:
„Wer sind die Männer bei Euch?“
„Es sind meine Begleiter, brave Leute, die keinem etwas tun.“ –
„Sie können abtreten und sich ein Lager suchen. Ihr aber mögt mit uns essen. Ich übergebe Euch an Señor Verdoja. Ihr habt gehört, daß er verantwortlich für Euch ist, und ich hoffe, daß Ihr ihn nicht in Schaden bringt.“
Somit hatte sich die erst so gefährlich aussehende Angelegenheit zum besten gewendet. Man machte Cortejo Platz am Tisch, er kam neben Verdoja zu sitzen und
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