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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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im Schlaf gelegen.
    Nun lag sie gefesselt am Boden, eine Schönheit preisgebend, so voll und üppig, so sinnberückend, wie Pardero bei all den Orgien, welche er mitgefeiert hatte, noch keine gesehen hatte. Er warf sich auf sie. Er umarmte und küßte sie auf die Wangen, den Hals und den Busen, er wollte die herrlichen Reize betasten und prüfen, aber das Mädchen wälzte sich hin und her, daß ihm sein Vorhaben nicht gelang. Da sprang er auf und griff nach ihrem Hemd.
    „Gut, ich werde dich jetzt nicht belästigen“, sagte er, „aber mein wirst du, und wenn ich deinetwegen das Leben verlieren sollte. Stehe auf, ich kleide dich an!“
    Er faßte sie an und stellte sie empor. Jetzt sah er noch viel mehr als vorher, welche Schönheit er vor sich hatte. Seine Augen wurden größer, seine Lippen zitterten, und er sagte, sich kaum beherrschend:
    „Du bist mehr als eine Venus, du bist eine Kleopatra!“
    Aber die Zeit drängte. Er griff nach ihrem Hemd und legte es ihr an, ihre Fesseln vorsichtig immer so lösend, daß sie keine Freiheit erhielt. So kleidete er sie vollständig an. Sie ließ es jetzt ruhig geschehen. Erst hatten ihre Augen mit unendlicher Wildheit auf ihn geblickt und geblitzt, jetzt aber hielt sie dieselben geschlossen, es schien ihr ganz gleichgültig zu sein, was mit ihr geschah, und als er ihre Hand berührte, fühlte er, daß diese vollständig kalt war.
    Da öffnete sich die Tür und Verdoja blickte herein.
    „Sind Sie fertig?“ fragte er.
    „Ja.“
    „Nehmen Sie noch einige Tücher und Decken. Es geht jetzt fort.“
    Auch die beiden männlichen Gefangenen hatten ihre Kleidung bekommen. Sie waren so gefesselt und eingewickelt, daß sie kein Glied zu regen vermochten, und wurden nun hinunter in den Hof getragen. Verdoja und Pardero brachten die Mädchen nach.
    Das geschah so leise und vorsichtig, daß es von keinem Menschen gehört wurde. Nun öffnete man ebenso leise das große Tor und holte Sternau herbei. Es war dunkel, und man sah also nicht, ob er die Augen geöffnet hielt; eine Bewegung bemerkte man nicht an ihm.
    Jetzt nahmen je zwei und zwei einen Gefangenen auf die Achseln und trugen sie unhörbar davon. Verdoja blieb zurück, um das Tor zu verschließen und über die Palisaden hinauszuspringen und den anderen nachzufolgen. Seit sie die Hacienda erreicht hatten, war eine Stunde vergangen; eine halbe Stunde später erreichten sie ihre Pferde im Wald.
    Für die fünf Gefangenen hatte man fünf Pferde mitgebracht, für die Mädchen sogar Damensättel. Man fesselte sie auf die Pferde fest, und dabei zeigte es sich, daß Sternau wieder zu sich gekommen war.
    Jetzt teilten sich die fünfzehn Mann in fünf Gruppen. Je drei Mann hatten einen Gefangenen oder eine Gefangene bei sich. Sie trennten sich und ritten in ganz und gar verschiedenen Richtungen davon. Dies war eine List, welche geradezu raffiniert genannt werden konnte, denn sie erschwerte eine Verfolgung auf das äußerste. Verdoja hatte diese Trennung angeraten. Erst nach einer vollen Tagesreise sollten je zwei Abteilungen zusammentreffen, und diese sollten dann am Ende der zweiten Tagesreise zu ihm stoßen. Die Punkte, an denen dies geschehen sollte, waren vorher bestimmt und ein jeder von den Räubern hatte einige Tage vor dem Überfall den Weg, den er zurückzulegen hatte, ganz genau rekognosziert. So war an einem Gelingen kaum zu zweifeln.
    Zwei Punkte freilich fielen hierbei gegenteilig ins Gewicht. Verdoja lief bei dieser Zersplitterung Gefahr, von seinen eigenen Helfershelfern betrogen zu werden, und außerdem konnten bei einem Überfall drei Mann doch nicht denselben Widerstand leisten, wie fünfzehn.
    Das überlegte er sich erst, als er mit den Seinen am anderen Morgen den ersten Halt machte. Er hatte Emma bei sich, die anderen Gefangenen waren Pardero und den Mexikanern anvertraut worden. Die erste Tagereise führte ihn auf den Kamm des Gebirges, welches als ein Teil der mittelamerikanischen Kordilleren sich von Norden nach Süden durch das Land zieht. Am anderen Morgen ritt er am westlichen Abhang dieses Gebirges herab und erreichte am Nachmittag den Rand der Wüste Mapimi, welche als die verrufenste Strecke Mexikos bekannt ist.
    Hier war das Rendezvous, wo die vier anderen Trupps zu ihm stoßen sollten, und nun erwartete er mit ängstlicher Spannung den Erfolg der listigen Maßregel, welche er getroffen hatte.
    Bereits eine Stunde nach seiner Ankunft sah er einen Reitertrupp von Süden kommen. Als derselbe näher kam,

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