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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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so vorsichtig wie möglich zu sein. Soll ich Ihnen sagen, was ich denke und vermute?“
    „Ich bitte Sie darum.“
    Der Strahl ihrer Augen wurde inniger; ihre Lippen zuckten leise, und auf ihren Wangen wechselte die Röte mit der Blässe. Sie hatte die drei durchschaut und sagte mit bebender Stimme:
    „Durchlaucht, Sie haben den Vater bei sich, und ich werde ihn mir holen.“ Rosa blickte im Zimmer umher. Ihr Auge fiel auf die Tür, die zum Nebenkabinett führte. Mit einem raschen Schritt eilte sie dorthin, streckte die Hand aus und öffnete. Ein lauter Jubelruf erscholl, und als die anderen herbeitraten, sahen sie Vater und Tochter innig umschlungen, sie, unter lautem, erschütterndem Schluchzen Freudentränen vergießend, ihn aber kalt und teilnahmslos, das geistlose Auge auf sie gerichtet. Er fühlte ihre Arme um seinen Hals und ihr Köpfchen an seiner Brust, aber er wußte nicht, wer sie war, und was mit ihm vorging.
    „Vater, mein Vater, mein lieber, armer, guter Papa, kennst du mich denn nicht?“ fragte sie. „Ich bin es, ich, deine Rosa! Antworte, o, antworte mir doch ein Wort, ein einziges, einziges Wort nur!“
    Sie blickte erwartungsvoll zu ihm auf, aber in seinem Gesicht gab es keinen Zug, der auf eine Spur von Seelenbewegung hätte schließen lassen. Nur seine schmalen, bleichen Lippen öffneten sich, und mit monotonem Klang sagte er: „Ich bin der gute, treue Alimpo.“
    Die Dabeistehenden erwarteten, daß dieser Mißerfolg Rosa erschüttern werde, aber dies war keineswegs der Fall. Sie küßte dem Wahnsinnigen wieder und wieder die Hände und den Mund und rief:
    „Ja, du bist krank, mein lieber Papa, aber wenn du heute unseren Alimpo siehst, so wirst du dich nicht länger mit ihm verwechseln. Und wenn auch das nicht helfen sollte, so wird mein Mann zurückkehren und dich gesund machen. Er hat ja das Mittel, das auch mir geholfen hat.“
    Sie zog den Kranken hinaus zu den übrigen und zu sich auf das Sofa nieder, und während sie sich da in tausend Liebkosungen erschöpfte, mußten sie erzählen, wie es ihnen gelungen war, seiner habhaft zu werden. Dabei kam natürlich auch Otto von Rodenstein zur Sprache, der ihr nun erst vorgestellt wurde. Als sie seinen Namen hörte, stutzte sie.
    Sie hatte während ihres Aufenthaltes auf Rheinswalden von dem Zerwürfnis zwischen dem Hauptmann und seinem Sohn gehört, wußte aber auch, daß dieser letztere stets und zu aller Zeit ein treuer Freund ihres Mannes gewesen sei.
    „Wie wunderbar!“ sagte sie. „Herr von Rodenstein, Sie haben so sehr viel zur Entdeckung meines Vaters beigetragen, das wird bei dem Ihrigen gar sehr in die Waagschale fallen. Ich schmeichle mir, seine ganze Liebe zu besitzen, und ich hoffe, daß meine Bitte bei ihm keine Fehlbitte sein wird. Sie stehen durchaus nicht ohne Schutz und Hilfe da!“
    Rosa reicht dem jungen Maler das Händchen dar, das er achtungsvoll an seine Lippen zog.
    „Was die Hilfe betrifft“, wandte sich jetzt der Herzog an Rosa, „so sind Sie nicht die einzige, auf deren Beistand Herr von Rodenstein rechnen kann. Ich selbst und auch Flora werden uns aus allen Kräften bemühen, ihn mit dem Vater zu versöhnen, und ich hoffe ein glückliches Gelingen, da es kaum denkbar ist, daß der Herr Hauptmann seiner Schwiegertochter gleich die erste Bitte abschlagen wird.“
    „Seiner Schwiegertochter?“ fragte Rosa befremdet.
    „Ja.“
    „Ah, ich wußte nicht –! Hat er vielleicht einen Sohn, der verheiratet ist, Durchlaucht?“
    „Nein.“
    „So sind Sie verheiratet, Herr von Rodenstein?“
    „Nein, sondern einstweilen erst verlobt“, antwortete der Gefragte mit dem glücklichsten Lächeln, das es nur geben kann.
    „Ah, darf ich fragen, mit wem?“
    „Gewiß, meine Gnädige. Gestatten Sie, Ihnen meine Braut vorzustellen!“
    Otto nahm Flora bei der Hand, und beide machten vor Rosa eine tiefe, halb zeremoniös ernsthafte, halb spaßhafte Verbeugung.
    Rosa wußte nicht, wie ihr geschah. Sie blickte das Paar erstaunt an; aber da hier eine Mystifikation ganz unmöglich am Platz war, so sagte sie:
    „Ist das wahr, ist das möglich?“
    „Es ist nicht nur möglich, sondern wirklich und wahr“, antwortete der Herzog. „Sie hatten sich lieb, und meine Tochter behauptete, sie könne ebensogut die Gattin eines Malers werden, wie Gräfin de Rodriganda die Gemahlin eines Arztes geworden ist.“
    „Oh, Durchlaucht, sagen Sie nicht bloß Gemahlin, sondern glückliche Gemahlin!“ rief Rosa, indem sie aufsprang und

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