44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
Flora umarmte. „Das ist ein Ereignis, das ich mit Entzücken begrüße. Oh, nun wird der alte, brave Isegrim nicht länger zögern, seine Hand zur Versöhnung zu bieten, und wir alle wollen nur dem Herzensglück leben, das an keine Rangstufe gebunden ist. Fahren wir sogleich nach Rheinswalden!“
„Gern“, sagte Olsunna; „aber Herrn von Rodenstein möchte ich für jetzt doch noch raten, nicht dort zu erscheinen. Sein Auftreten kann nur dann erst erfolgreich sein, wenn die Einleitungen vorüber sind.“
„Allerdings“, antwortete Rosa. „Aber zu entfernt darf er auch nicht sein, er muß bei der Hand sein und zu unserer Verfügung stehen.“
Da entschied Otto selbst: „Ich fahre mit nach Rheinswalden, gehe aber nicht aufs Schloß, sondern bleibe auf dem Vorwerk bei der Frau Steuermann Helmers.“ Dies wurde als das Beste anerkannt, und nachdem der Herzog sich noch vorher nach der Anwesenheit und dem Befinden von Sternaus Mutter erkundigt hatte, trat man die Fahrt nach Rheinswalden an, zu der allerdings der Wagen Rosas nicht genügend war, es mußte noch ein zweiter genommen werden.
Es war dabei rührend anzuschauen, mit welcher kindlichen Liebe und Aufmerksamkeit Rosa um ihren Vater besorgt war. Sie wich nicht von seiner Seite, und wollte ihr Angesicht beim Anblick seines Leidens ja einen Zug tiefen Leides annehmen, so wurde er doch sofort wieder durch den glücklichen Gedanken ausgewischt, den Vater wiedergefunden zu haben. Dies war ja für jetzt die Hauptsache, das übrige stand in Gottes Hand, und Rosa war überzeugt, daß die Kunst ihres Mannes auch den gefangenen Geist des Grafen sicher von seinen Fesseln befreien werde.
Otto stieg eine Strecke vor Rheinswalden aus, um unter dem Schutz des Waldes nach dem Vorwerk zu gelangen und dabei Frau Helmers die erfreuliche Botschaft zu bringen, daß er sich an Bord der Jacht befunden und mit ihrem Mann bei dieser Gelegenheit gesprochen habe. Die andern setzten ihre Fahrt nach dem Schloß fort.
Dort angekommen, fanden sie den Hauptmann unter dem Portal stehend, um die Gäste zu empfangen. Die beiden Damen Sternau, Mutter und Tochter, waren nicht zugegen, sie befanden sich in der Küche, um die Vorbereitungen zum ersten, gastlichen Mahl zu treffen.
Es war ganz außerordentlich, welch ein befriedigendes Aussehen der Herzog hatte. Sein Befinden war ein höchst günstiges. Er fühlte sich in einer gehobenen, glücklichen Stimmung, durch welche seine Kräfte ganz ihre alte Spannkraft wieder erhalten hatten.
„Willkommen auf Rheinswalden!“ rief der Hauptmann, indem er an die Wagen herantrat, um beim Öffnen derselben behilflich zu sein. „Der Herr Baron von Haldenberg?“
„Zu dienen“, antwortete der Herzog schnell, um Rosa keine Zeit zu einer Antwort zu lassen, durch welche sein Inkognito bereits jetzt hätte verraten werden können. „Und hier meine Tochter Flora, Herr Hauptmann!“
Der Hauptmann machte seine tiefste Verbeugung, indem er im stillen dachte: „Alle Teufel, das ist ein hübsches Frauenzimmer! Die hat Augen wie eine Prinzessin!“
„Und hier, wer ist das, Herr Hauptmann?“ fragte Rosa, indem sie auf ihren neben ihr sitzenden Vater zeigte.
„Dieser Herr, hm, den kenne ich nicht.“
Da wandte sich der Wahnsinnige zu ihm hin und sagte:
„Ich bin der gute, treue Alimpo.“
„Donnerwetter!“ rief da der Oberförster, indem er geradezu erschrocken zurückwich. „Das sind ja die Worte – die verteufelten Worte – o, ich hoffe, ich meine, ich denke – hm, Donnerwetter!“
„Nun, was meinen Sie?“ fragte Rosa.
„Etwa gar eine Überraschung?“
„Allerdings.“
„Himmelelement! Etwa gar Ihr Vater, der Herr Graf de Rodriganda?“
„Ja, er ist es“, antwortete Rosa, aus dem Wagen steigend. „Denken Sie sich meine Überraschung, meine Freude.“
„Holla! Hurra! Hosianna! Halleluja! Donner und Doria! Der Herr Graf ist da! Ludewig, Kurt, Heinrich, Wilhelm, wo steckt ihr denn, ihr Halunken? Wollt ihr wohl sofort kommen, um Seine Erlaucht, den Grafen Emanuel aus dem Wagen zu heben, ihr Faulpelze!“
Die gerufenen Jägerburschen eilten herbei und hoben den Kranken zur Erde, wo sich aber Rosa sofort wieder ihm anschloß, um ihn nach dem Empfangssaal zu führen. Dort wiederholte sich überlicherweise die Vorstellung, und dann konnte der Oberförster sich nicht enthalten, seiner riesigen Neugierde Ausdruck zu geben.
„Aber Baron, wie kommen Sie zu dem Grafen?“ fragte er.
Der Gefragte erzählte ihm den Hergang kurz,
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