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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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tief die Seele bewegt, darf auch nur im Heiligtum des Herzens zur Klarheit gelangen.“
    Die beiden Frauen umschlangen sich und setzten in dieser herzlichen Vereinigung nun still und wortlos den begonnenen Spaziergang fort.
    Es war gewiß, daß der Herzog keinen besseren Anwalt, keinen glücklicheren Fürsprecher haben konnte, als seine Tochter.
    Unterdessen schritt der Hauptmann an der Seite des Herzogs im Gespräch dahin. Er fühlte sich hoch geehrt, einen solchen Mann als Gast bei sich sehen zu dürfen, und war ganz entzückt von dem einfachen, anspruchslosen Wesen desselben. Man begab sich in die Stallungen und besichtigte die Wirtschaftsräume, man ging sogar ein Stück in den Wald hinein. Dabei fand der brave, wenn auch etwas schroffe Hauptmann Gelegenheit, sich auszusprechen, und als er dann später in sein Zimmer zurückkehrte, fühlte er sich so glücklich wie noch selten in seinem Leben, und der bei ihm eintretende Gehilfe Ludewig Straubenberger, der eine dienstliche Meldung zu machen beabsichtigte, fand den Oberförster in einer ganz selten guten Laune. Ja, dieser ließ sich sogar so weit herab, daß er fragte:
    „Wie gefallen dir unsere Gäste, Ludewig?“
    „Zu Befehl, Herr Hauptmann, ganz ausgezeichnet dahier.“
    „Der fremde Herr?“
    „Der Baron, ein feiner Kerl!“
    „Baron? Pah, ein Herzog ist er.“
    „Ein Herzog? Donnerwetter!“ rief der brave Ludewig ganz erstaunt.
    „Ja, ein Herzog. Er ist nur inkognito gekommen, wie es bei solchen hohen Herrschaften Mode ist.“
    „Eine hübsche Mode, Herr Hauptmann! Unsereiner bringt kein Inkognito fertig.“
    „Ich wollte es mir auch sehr verbeten haben, daß du einmal so inkognito zu mir kämest! Und seine Tochter – was sagst du zu ihr?“
    „Hm!“ schmunzelte der Gehilfe, daß ihm die Backen breit wurden.
    „Was denn, hm?“
    „Ein ganz famoses Frauenzimmer! Fast so schön wie unsere liebe Gräfin, Frau Sternau, dahier!“
    „Dummheit! Sie ist ebenso schön wie sie. Die Schönheiten sind nämlich ganz und gar verschieden. Man teilt sie in verschiedene Kompagnien, Bataillone, Regimenter und Divisionen ein. Es gibt schwarze, braune und blonde Schönheiten, es gibt auch große und kleine, dicke und dünne Schönheiten, es gibt endlich feurige und schmachtende, zärtliche und zurückhaltende, stolze und bescheidene Schönheiten, es gibt Rosen und Veilchen, Himmelschlüssel und Disteln, Klatschrosen und Vergißmeinnicht unter den Schönheiten, es gibt endlich echte und künstliche, süße und saure Schönheiten.“
    „Brrr!“
    „Ja, brrr! Du hast recht. Wir wollen beide Gott danken, daß wir von diesen sauren nichts zu kosten haben! Aber diese herzogliche Prinzessin hat es mir wahrhaftig angetan. Hätte ich einen Sohn, und wäre ich ein Herzog, so –“
    Er stockte mitten in der Rede. Es war bei ihm seit langer Zeit nicht vorgekommen, daß er das Wort Sohn ausgesprochen hatte, jetzt war es ihm doch entschlüpft, und halb zornig, halb verlegen darüber, fuhr er den Gehilfen an:
    „Nun, was stehst du noch da? Wir sind fertig. Oder denkst du etwa, daß ich meinen Vortrag über die Schönheiten gerade dir gehalten habe? Ich dachte, du wärst längst hinaus. Packe dich!“
    „Zu Befehl, Herr Hauptmann!“
    Der brave Ludewig ging. Er war diesen Ton bei seinem Herrn längst gewöhnt und nahm sich dergleichen Schroffheiten nicht zu Herzen. Draußen auf dem Korridor traf er auf die schöne Prinzessin, von der soeben die Rede gewesen war. Er stellte sich an die Wand, um sie vorüber zu lassen, aber sie blieb bei ihm stehen und fragte:
    „Wie ich beim Diner sah, haben Sie die Bedienung bei Tafel?“
    „Ja“, antwortete dieser.
    „Heute abend beim Souper auch wieder?“
    „Ja.“
    „Können Sie schweigen?“
    „Ganz fürchterlich dahier!“ beteuerte Ludewig mit Nachdruck.
    „Nun, so will ich Ihnen ein Geheimnis anvertrauen: Herr Otto von Rodenstein befindet sich hier in Rheinswalden –“
    „Donnerw – Sapperm – Herrjeh, wollte ich sagen! Entschuldigen Sie dahier! Aber der junge Herr darf ja gar nicht nach Rheinswalden!“
    „Leider! Aber ich hoffe, daß sich dies heute noch ändern wird. Er befindet sich jetzt drüben bei Frau Helmers. Wenn ich Ihnen heute abend beim Souper einen Wink gebe, so springen Sie eiligst hinüber, um ihn zu holen. Lassen Sie dann die Tür nur angelehnt, so wird er unsere Unterhaltung hören und wissen, wann er einzutreten hat. Wollen Sie das tun?“
    „Das versteht sich dahier ganz von selbst“,

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