44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
versicherte Ludewig.
Flora nickte ihm freundlich zu und ging weiter. Er blickte ihr lange nach und brummte dann vor sich hin:
„Ja, ja, der Herr Hauptmann hat ganz recht; diese Herzogin hat es auch mir angetan. Wäre mein Vater nicht ein Holzhacker, sondern ein Herzog gewesen dahier, so wüßte ich, was ich täte. Wollen täte sie mich schon, denn ich bin kein unebener Kerl, und sie hat mich ganz freundlich angelacht. So eine könnt manchmal auch ein bißchen sauer sein; die macht man bald wieder süß. Also der junge Herr ist da! Hm! Das wird einen schönen Skandal geben; aber ich tue ihr doch den Gefallen und hole ihn. Für so eine holte ich meinetwegen den Teufel bei den Ohren herbei, besonders wenn sie einen so zärtlich anblickt, wie mich jetzt eben!“
Es gab zwischen den Bewohnern des Schlosses und ihren Gästen so viel zu erzählen, daß der Nachmittag sehr schnell verging. Zur Abwechslung mußte der kleine Kurt Helmers erscheinen, um seine Künste zu zeigen. So kam der Abend heran und mit ihm das Souper, bei dem man recht munter war. Der Herzog fühlte sich fast gar nicht mehr als Patient; eine frohe Nachricht hatte ihm seine frühere Spannkraft fast ganz zurückgegeben. Flora hatte ihm nämlich ihre Unterredung mit Frau Sternau mitgeteilt; kurz vor dem Souper hatte eine ähnliche Unterredung stattgefunden, sie war zwar nur sehr kurz gewesen, aber Frau Sternau hatte angedeutet, daß sie entschlossen sei, dem Glück so vieler nicht entgegenzutreten. Auch das hatte der Herzog natürlich sofort erfahren, und er beschloß nun, den alten Hauptmann durch einen Handstreich zu überrumpeln, um jede Abweisung von vornherein abzuschneiden.
Die während des Essens auf ihn mild und versöhnlich gerichteten Augen der einstigen Gouvernante, der sanfte Ton ihrer Stimme hatten ihm Mut gemacht. Er war heiter gestimmt, und als von seiner Krankheit die Rede war und von der Hoffnung, daß er hier in Rheinswalden vollständig genesen werde, da sagte er:
„Gerade deshalb hat mich der Herr Doktor Sternau hergeschickt, und ich danke ihm herzlich dafür; aber es gibt noch einen zweiten Grund meines Kommens, er bezieht sich auf Sie, Herr Hauptmann.“
„Auf mich?“ fragte dieser. „Darf ich ihn erfahren, Durchlaucht?“
„Freilich! Meine Tochter steht nämlich im Begriff, sich zu vermählen, und da ich dann einsam sein werde, habe ich, um diesem zu entgehen, mich entschlossen, denselben Schritt zu tun, wie sie.“
„Sich zu vermählen?“ fragte der Hauptmann.
„Ja“, antwortete der Herzog.
Frau Sternau wußte, was nun kommen werde, und gab sich alle Mühe, ihre Bewegung zu verbergen. Flora aber gab Ludewig den betreffenden Wink, worauf er sofort aus dem Speisesaal verschwand.
„Zwar bin ich nicht mehr jung“, fuhr Olsunna fort, „und habe mich von meinem Leiden noch nicht ganz erholt, doch hoffe ich, bald wieder rüstig zu sein und dann die Befähigung zu besitzen, jenes heitere Glück genießen und geben zu können, das auf gegenseitiger Achtung und freundlicher Zuneigung beruht. Ich habe auch bereits gewählt, nicht eine Spanierin, sondern eine Deutsche, die auch zu dem Kreis Ihrer Bekannten zählt, Herr Hauptmann.“
„Ah, wirklich? Wer ist es?“ fragte dieser, vor Erstaunen gar nicht überlegend, daß er mit seiner Frage eine große Indiskretion begehe.
„Ich werde es Ihnen nachher mitteilen. Sie wissen, daß es Gepflogenheit ist, sich in solchen Angelegenheiten an einen Fremden zu wenden, der das Amt eines Freiwerbers übernimmt. Ich hoffe, Sie glauben meiner aufrichtigen Versicherung, daß ich Sie als meinen Freund betrachte, und so kenne ich keinen geeigneteren Herrn, mich ihm anzuvertrauen, als Sie, mein bester Herr Hauptmann. Wollen Sie die Werbung für mich übernehmen?“
Der Oberförster machte ein Gesicht, wie noch nie in seinem ganzen Leben. Er saß mit weit geöffnetem Mund da, er war ganz perplex. Er sollte den Freiwerber für einen Herzog machen! Er, der einfache Hauptmann außer Dienst! Welche Ehre! Sein Selbstgefühl dehnte sich in das Unendliche und gab ihm die Fassung zurück. Er sprang rasch auf und rief eifrig:
„Mit allergrößtem Vergnügen, Durchlaucht! Ich werde meine Sache so schön machen, wie kein anderer; ich werfe mich in die feinste Gala; befehlen Sie über mich! Und der Teufel soll das Frauenzimmer holen, das es wagt, Sie nicht zu mögen!“
Alle, sogar Frau Sternau, lachten über diese drastische Äußerung, zu welcher der Hauptmann sich von seinem Eifer hatte
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