45 - Die Banditen von Antares
»Ein einzelner Mann kann Erfolg haben, wo eine Armee scheitern muß.«
Nun, bei Krun, das war alles schön und gut und entsprach vielleicht sogar der Wahrheit. Ich war ein einzelner Mann. Auf Kregen ist es ein äußerst beruhigendes Gefühl, wenn man eine Armee im Rücken weiß.
In der Wand entstand eine Öffnung, das Felsgestein wurde vorsichtig gelockert, herausgenommen und leise auf dem Boden abgelegt. Bei dem angrenzenden Gebäude handelte es sich um ein Haus, dessen Bewohner schon vor langer Zeit in den von den Wütenden Vulkanen beherrschten Teil der Gräben geflohen waren. Ein paar einfache Möbelstücke standen aufgegeben und verlassen herum. Wenn – und nicht falls, hatte Brory verkündet – die Bösen Neemus diese Straße wieder unter Kontrolle hatten, würden diejenigen unter ihnen, die verjagt worden waren, wieder in ihre Häuser zurückkehren. Der Lärm draußen steigerte sich. Wir näherten uns der Stelle, an der sich die Barrikade befand, und gaben uns nicht der Illusion hin, daß das Haus nicht verteidigt werden würde.
»Macht die Löcher größer«, sagte ich. »Unsere Verstärkung soll so schnell wie möglich bei uns sein.«
Brory nickte und gab flüsternd seine Befehle. Jedes Mitglied von Nagzallas Bande trug irgendwo ein Abbild eines schwarzen Neemu an der Person. Die Vulkane hatten ein fantastisches Dreieck, aus dessen Innerem etwas heraussprudelte. Ich ging voraus und spähte in einen Raum, in dessen gegenüberliegender Wand sich ein Fenster befand. Ich runzelte die Stirn.
Die meisten Häuser standen Wand an Wand, doch eben nicht alle, und hier gab es eine Gasse, die von der Straße abzweigte und zum Fuß des Hügels führte. Ich hatte das Fenster mit ein paar Schritten erreicht.
Die Gasse war nicht sehr breit, und bei dem von Schatten verhüllten, gegenüberliegenden Gebäude mußte es sich um das Haus handeln, das an die Straßensperre angrenzte.
Brory wollte wissen, ob wir ein Loch in die Wand machen sollten, und ich bejahte. Wir mußten unsere Männer so schnell wie möglich heranführen können. Allerdings sparte ich mir die Bemerkung, daß wir uns unter Umständen noch schneller zurückziehen mußten, bei Krun!
Der Lärm entlang der Barrikade wurde etwas schwächer. Der sinnlose Angriff der Neemus geriet sicher ins Stocken. Wir mußten uns beeilen.
Ich schwang mich aus dem Fenster, lief durch die Gasse und duckte mich unter ein Fenster des gegenüberliegenden Hauses. Vorsichtig warf ich einen Blick über die Fensterbank nach innen – und erstarrte.
Ein kleiner brauner Skorpion krabbelte vor meiner Nase gemächlich über die Fensterbank. Er bewegte sich mit der arroganten Selbstsicherheit eines echten Skorpions. Ich hielt den Atem an. Er verschwand im Schatten der zusammenzementierten Steine, die das Fenster umgaben und den Architrav bildeten. Ich atmete ganz langsam aus. Ja, sagte ich im stillen, o ja, bei Zair. Ich stimme euch zu. Ich stimme euch in jeder Hinsicht zu, Everoinye. Was hatte ich hier in einer dunklen Gasse bei einer Bande von Halsabschneidern zu suchen, wenn ich eigentlich damit beschäftigt sein sollte, ein Herrscher zu werden? Was? Die Umstände können einen vom direkten Weg abbringen, wie die Herren der Sterne nur zu gut wußten. Ich mußte diese Angelegenheit zum Abschluß bringen, und zwar muy pronto. Dieser Gedanke machte mich leichtsinniger, als es sonst meine Art war, möge Opaz mir vergeben.
Ich konnte nicht sagen, ob dieser Skorpion tatsächlich von den Herren der Sterne geschickt worden war oder ob er einfach hier lebte. Das spielte auch keine Rolle. Wichtig war nur, welchen Einfluß er auf mich und die folgenden Ereignisse ausübte.
Die Gasse führte rechts von mir in die Schatten des steil aufragenden Hügels. Links von mir wurden die Umrisse miteinander kämpfender Männer und Frauen grotesk vom Fackellicht verzerrt. Ich erkannte, daß ich mich geirrt hatte. Ich hatte gehofft, mich durch die Häuser schleichen zu können und hinter der Barrikade wieder hinauszukommen. Die Vulkane waren zu durchtrieben, als daß diese einfache Strategie erfolgreich hätte sein können. Ich sah, was an der Frontlinie geschah. Links an den Fenstern der Vorderseite standen Bogenschützen und schossen auf die Neemus, die die Straßensperre stürmen wollten.
Männer und Frauen hasteten eilig durch die Tür, die sich auf der anderen Seite des Zimmers befand. Ein Bursche versuchte fluchend, eine Armbrust zu spannen, und ein Fristle rieb methodisch einen Schleifstein
Weitere Kostenlose Bücher