45 - Waldröschen 04 - Verschollen
ausgefochten werden. Meinen Sie nicht?“
„Ich stimme bei und werde sofort Platen sagen, daß ich die Forderung annehme. Welchen Ort würden Sie vorschlagen, Leutnant?“
„Was sagen Sie zu dem Park hinter der Brauerei auf dem Blocksberg?“
„Ausgezeichnet passend. Und die Zeit?“
„Ich mag keine Minute verlieren, denn ich brenne vor Begierde, diesem Helmers den Schädel zu spalten. Ich stimme für sofort. Man wird hier nicht sehr spät nach Mitternacht aufbrechen; eine Stunde genügt, um unsere persönlichen Angelegenheiten zu ordnen. Was sagen Sie zu vier Uhr früh?“
„Mir recht.“
„Schön. Aber ich habe eine dringende Bitte, Herr Oberst. Sie sind Familienvater, ich aber nicht, auch ist Ihre dienstliche Stellung eine ganz andere als die meinige, unsere Chancen stehen sich also nicht gleich. Mag die Angelegenheit ausfallen wie sie will, so fallen die Folgen viel schwerer auf Sie, als auf mich. Ich ersuche Sie daher, mir die Vorhand zu lassen.“
In Berücksichtigung seines höheren Ranges, hätte der Oberst auf diesen Vorschlag nicht eingehen sollen, aber er dachte an seine Familie, er dachte an die Strafen, welche das Duell nach sich zieht, er berechnete, daß er vielleicht gar nicht zum Kampf kommen werde, da Ravenow, den man für unbesiegbar hielt, den Gegner töten wollte, und so antwortete er:
„Sie sind ein braver Kerl, Leutnant, ich will Ihnen Ihre Bitte nicht abschlagen. Rittmeister Palm, Sie müssen als Ehrenrat bei der Partie sein. Branden, wollen Sie mir sekundieren?“
„Mit größtem Vergnügen, Herr Oberst“, antwortete der Gefragte.
„So gehen Sie sogleich zu Platen, dem Sekundanten Helmers, und sagen Sie ihm, daß ich den Gegner morgen früh vier Uhr an dem angegebenen Ort erwarte. Ich werde Pistolen mitbringen. Wir nehmen zwanzig Schritte feste Distanz und schießen so lange, bis einer von beiden tot oder dienstunfähig ist. Für den Arzt werde ich sorgen, dessen Aufgabe es übrigens sein wird, bei einer Verwundung zu bestimmen, ob sie dienstuntauglich macht oder nicht.“
„In welchen Intervallen wird geschossen?“
„Auf Kommando und zu gleicher Zeit.“
„Ihre Bedingungen sind ebenso streng wie die meinigen“, sagte Ravenow. „Helmers wird den Platz nicht verlassen. Was versteht dieser Kerl von türkischen Säbeln! Ich haue ihm gleich beim ersten Hieb den Kopf auseinander. Es ist geradezu unmöglich, daß er entkommen kann; sollte aber der Teufel doch sein Spiel haben, so fällt er dann von Ihrer Kugel, denn es ist bekannt, daß Sie, Herr Oberst ein ausgezeichneter Pistolenschütze sind. Ich werde sogleich mit Golzen sprechen. Er ist mein Sekundant und soll sofort zu Platen gehen, um ihm unsere Bedingungen mitzuteilen.“
Nach einiger Zeit kamen von Golzen, der Adjutant und Platen zu Kurt, welcher an der Seite Röschens auf einem Diwan saß.
„Herr Leutnant, wir haben mit Ihnen zu sprechen“, meinte Platen.
„Kommen Sie in das Nebenzimmer“, sagte Kurt. „Die Dame wird mich auf einige Augenblicke entschuldigen.“
„Nein, das tue ich nicht“, sagte Röschen energisch. „Ich vermute, daß sich Ihr Gespräch auf die Duellangelegenheit beziehen wird; ist es nicht so, meine Herren?“
Der Adjutant nickte und meinte mit einem Seitenblick auf Kurt:
„Sie haben richtig geraten, mein Fräulein. Da Herr Helmers den so ganz und gar ungewöhnlichen Weg eingeschlagen hat, Ihnen, einer Dame, von diesem Ehrenhandel Mitteilung zu machen, so sehe ich keinen Grund ein, Ihnen den Zweck unseres Kommens zu verschweigen.“
„Es kann gegen meinen Freund keinerlei Vorwurf aus seiner Aufrichtigkeit gegen mich entspringen“, parierte Röschen den in des Adjutanten Worten gegen Helmers enthaltenen Hieb. „Ich bin in einer Weise in ihn gedrungen, daß es ihm unmöglich war, zu leugnen, wenn er mich nicht belügen sollte. Und einer Unwahrheit macht er sich niemals schuldig. Übrigens habe ich das größte Recht, mich mit dieser Angelegenheit zu befassen, da eigentlich ich es bin, die von dem einen seiner Gegner beleidigt wurde. Ich erwarte daher, daß Sie auch jetzt sich nicht zurückziehen, sondern die Angelegenheit in meiner Gegenwart besprechen.“
Die Herren wechselten einen fragenden Blick untereinander, worauf Golzen das Wort nahm, um Kurt zu fragen:
„Was sagt der Herr Leutnant dazu?“
„Oh, mir ist alles gleich“, antwortete dieser kalt. „Die Sache erscheint mir gar nicht wichtig und bedeutend genug, als daß ich mit ihr viel Wesens machen mag.“
Da
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