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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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innigem Zusammenhang mit denselben.“
    Er berichtete nun von dem verschwundenen Teil des Königsschatzes, und wie er bei Auffindung desselben zugleich hinter die Geheimnisse der Verräter gekommen war. Er schonte den Bankier, so viel es möglich war, und doch meinte Bismarck, als er geendet hatte, zu ihm:
    „Die nachsichtige Fassung Ihres Berichtes ist für Sie eine ebenso große Ehre, als die Enthüllung des Geheimnisses selbst. Sie glauben, Ursache zu haben, in irgendeiner Beziehung Milde walten zu lassen, aber ich versichere Ihnen, daß Sie gegen mich offen sein können, ohne daß Ihre freundliche Absicht in Gefahr gerät. Man wird, wenn es ohne Gefahr geschehen kann, Ihre Gründe gern berücksichtigen. Ich bitte Sie also, aufrichtig zu sprechen.“
    Jetzt konnte von einer Verhehlung keine Rede mehr sein. Kurt erzählte alles. Bismarcks Gesicht nahm einen eigentümlich ergriffenen Ausdruck an, und als Kurt geendet hatte, reichte er ihm die Hand und sagte:
    „Herr Leutnant, ich schätze Sie! Dieses Wort mag Ihnen ebenso viel bedeuten wie ein Orden. Auf Ihren Freund Platen, der sich ja in den letzten Tagen ausgezeichnet hat, soll nicht der leiseste Schatten fallen. Ihnen aber will ich die Rücksicht, welche Sie für den Freund hatten, belohnen, indem ich Sie auffordere, morgen früh zehn Uhr bei mir zu erscheinen. Wir werden miteinander zum König fahren, damit er aus Ihrem eigenen Mund hört, wie es Ihnen gelungen ist, uns diesen weiteren großen Dienst zu leisten. Jetzt aber muß ich mich zurückziehen. Ich erwarte, Sie pünktlich zu sehen.“
    Er gab dem jungen Mann abermals die Hand und verschwand sodann im Saal. Wie trunken vor Glück stieg Kurt die Treppe hinab. Er hatte seinen Diener vom Bahnhof direkt nach Hause geschickt, und als er nun zu den Seinigen trat, fand er sie um das geöffnete Kästchen versammelt. Sie kamen ihm alle entgegen, um ihn zu beglückwünschen; er aber wies ihre Gratulationen mit den Worten zurück:
    „Das ist nichts! Ich habe noch weit Besseren erlebt. Ich komme von Bismarck.“
    „Von Bismarck?“ tönte es verwundert im Kreis.
    „Ja, und er gab mir mehr, als diese Juwelen wert sind. Er sagte zu mir: ‚Herr Leutnant, ich schätze Sie! Dieses Wort mag Ihnen ebenso viel bedeuten wie ein Orden.‘ Und dann lud er mich ein, morgen früh zehn Uhr zu kommen, um mit ihm zum König zu fahren. Das ist mir lieber als Gold und Diamanten.“
    Nun wurde er bestürmt, zu erzählen, wie das alles gekommen sei, er aber nahm eine komisch wichtige Miene an und antwortete:
    „Es handelt sich um höchst wichtige Staatsgeheimnisse, die ich nicht verraten darf. Später vielleicht werde ich alles mitteilen dürfen.“
    „Seht einmal den Diplomaten!“ lachte der Herzog. „Er scheint die recht Hand Bismarcks zu sein, so brüstet er sich.“
    „O, was er noch nicht ist, das kann er ja noch werden“, meinte Röschen. Aber kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, so merkte sie, daß sie zu mutig gewesen sei, und eine glühende Röte flog über ihr liebliches Gesichtchen.
    Ihre Mutter streichelte ihr die Wangen und stimmte bei:
    „Ja, er hat das Zeug zu einem ganzen Mann und auch das gehörige Glück dazu. Ich bin überzeugt, daß er von sich reden machen wird. Aber, lieber Kurt, was beabsichtigen Sie nun, mit diesem Geschmeide zu beginnen?“
    „Das hat mich bereits der Herr Hauptmann auch gefragt“, meinte er lächelnd.
    „Und was haben Sie ihm geantwortet?“
    „Ich sagte ihm, daß ich am liebsten alles unserem Waldröschen schenken möchte.“
    Alle lachten. Röschen erglühte abermals, und Rosa, ihre Mutter, fragte:
    „Und was antwortete der alte, wackere Haudegen?“
    „Hm, er meinte, ich solle mir nur keine Rosinen einbilden, denn ich sei ganz und gar nicht der Kerl dazu, Röschen etwas zu schenken.“
    „Er hat doch wohl nur gemeint, daß solche Kostbarkeiten einen Schatz bilden, der nicht verschenkt werden darf, sondern gehütet werden muß. Wir wollen gemeinschaftlich über ihn wachen, daß er Ihnen sicher bewahrt bleibe.“
    Aber als er sich später auf sein Zimmer zurückgezogen hatte, klopfte es leise an seine Tür, Waldröschen steckte das liebe, süße Köpfchen herein und fragte:
    „Kurt, hast du es mir wirklich schenken wollen?“
    „Ja, Röschen“, antwortete er.
    „Hebe es gut auf, denn später werde ich es annehmen dürfen.“
    „Keine andere als du soll es bekommen.“
    Bei diesen Worten hatte er das Köpfchen erfaßt und fest gehalten; ihre Lippen fanden sich zu

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