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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß du Gouverneur werden wirst?“
    „Ja“, antwortete er mit ungeheurer Würde.
    Das war ihr doch zuviel. Sie sah ihm mit unbegrenztem Erstaunen in das Gesicht; er hielt das für den Ausdruck der Bewunderung und sagte:
    „Ja, ich bin aus Pirna. Man wird mir dort nach meinem Tod ein Denkmal setzen, unten von Erz und darauf einen riesigen Adler von Sandstein. Und darunter wird stehen: ‚Dieser Vogel ist Elias Pirnero‘, weiter nichts. Denn bei großen Männern ist kein großer Sermon nötig.“
    „Wer sagt dir denn, daß du Gouverneur werden sollst?“
    „Der Präsident Juarez.“
    „Wann?“
    „Vorhin vor kurzer Zeit.“
    Dies mußte natürlich auf einem riesigen Mißverständnis beruhen; darum fragte sie:
    „Hat er es deutlich und genau gesagt?“
    „Wo denkst du hin! Ein Diplomat sagt niemals etwas deutlich.“
    „Wie sagte er denn?“
    „Er sagte immer: ‚Hm! Wenn – – – Ja – – – Und ob!‘ Ja, das sagte er.“
    „Und daraus hast du entnommen, daß du Gouverneur wirst?“
    „Natürlich. Ein Diplomat versteht den anderen auf alle Fälle.“
    „Das möchte ich doch bezweifeln.“
    „Bezweifle es bei anderen, aber nur bei mir nicht; das bitte ich mir aus. Die Bedingung hat er mir sogar ganz von der Leber weg und geradeheraus gesagt.“
    „Welche war es denn?“
    „Eine sehr vorteilhafte: Ich soll mir schleunigst einen Schwiegersohn anschaffen.“
    Sie konnte kaum das Lachen unterdrücken; aber sie bezwang sich und fragte:
    „So muß also ein Gouverneur unbedingt einen Schwiegersohn haben?“
    „Natürlich.“
    „Weshalb?“
    „Dumme Frage: Als Stellvertreter natürlich. Wenn der Gouverneur nach Paris, Petersburg oder Rom reist, um sich einen Orden zu holen, muß ein Stellvertreter im Land bleiben, welcher die Schreibstube besorgt. Und dazu hat ein Schwiegersohn jedenfalls stets das beste Talent.“
    Jetzt konnte sie sich nicht mehr halten; sie mußte lachen und fragte dabei:
    „Ich denke, er soll Dachsparren annageln?“
    „O, in einem Staat wird zuweilen auch ein Sparren locker, oft auch mehrere. Übrigens hat mir der Präsident die Sache ganz außerordentlich leicht gemacht, indem er mir ganz offen gesagt hat, wen er sich als Schwiegersohn wünscht, als meinen Schwiegersohn natürlich.“
    Sie errötete. Die Sache lag jedenfalls auch hier anders, als sie von ihrem Vater dargestellt wurde: doch war sie wirklich neugierig, den Namen des Glücklichen zu erfahren. Sie hütete sich jedoch sehr, eine darauf bezügliche Frage auszusprechen.
    „Nun, willst du es nicht wissen?“ fragte er deshalb.
    „Es würde doch nichts nützen“, antwortete sie.
    „Nichts nützen? Ah, sieh einmal an! Du willst ihn wohl nicht nehmen?“
    „Hm!“
    „Was denn hm? Ich habe lange genug Geduld mit dir gehabt; jetzt aber geht meine Güte zu Ende. In Pirna nehmen alle Mädchen Schwiegersöhne, die dem Vater gefallen. Dies befördert die Forterbung auf die Tochter hinüber. Ich werde es als Gouverneur hier auch so einführen. Von heute an hast du deinen Bräutigam. Weigerst du dich, ihn zu nehmen, so adoptiere ich mir ein anderes Mädchen als eheliches Kind und erkläre dich für meine Stieftochter. Bin ich dann als Gouverneur Großvater, so bist du die Stieftante meiner leiblichen Enkel. Das wird deine Strafe sein!“
    Sie schüttelte so zuversichtlich den Kopf, als glaube sie ganz und gar nicht an die Ausführung dieses Planes, und fragte in weiblicher Schlauheit:
    „Ob ich ihn will, ist am Ende nicht die Hauptsache. Aber, will er mich denn?“
    Der Alte fuhr sich langsam in die Haare, räusperte sich ein wenig und sagte:
    „Ja, das ist allerdings die Hauptsache. Wie denkst du darüber?“
    „O, mich hat noch keiner gewollt, Vater!“
    „Wirklich nicht?“ fragte er forschend.
    „Kein einziger!“
    „So! Hast du denn schon den einen oder den anderen gefragt?“
    „Das nicht. Aber wenn mich einer hätte haben wollen, so hätte er mir es gesagt.“
    „Unsinn! Du hast keinen nahekommen lassen. Übrigens habe ich eine Sorge bei dieser Geschichte, eine große, sehr große Sorge.“
    „Darf ich sie erfahren, Vater?“
    „Natürlich. Du mußt sie sogar erfahren. Sage mir einmal, Resedilla, hast du etwa ein Auge auf den ‚Geierschnabel‘ geworfen, he?“
    „Auf den ‚Geierschnabel‘?“ fragte sie fast erschrocken.
    „Ja, der die ganze Welt für einen Spucknapf hält und einem nur immer gerade neben der Nase vorüberschießt.“
    „Wie kommst du denn auf diesen Gedanken?“
    „Hm! Du

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