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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nur noch um die Frage, wie mein Oheim uns nachkommen und wieder treffen soll.“
    „Die Apachen werden ihn nach Cohahuila bringen, wo wir ihn erwarten. Habe ich nicht recht, Señor? Stimmen Sie bei?“
    Diese letzten Fragen waren an Sternau gerichtet. Dieser nickte und antwortete:
    „Ich stimme bei. Wir haben die Verpflichtung, den Lord in Cohahuila zu erwarten, wir müssen uns Ihnen anschließen. Der Graf liegt hier sicher und wird sich in ausgezeichneter Pflege befinden. In einigen Tagen hat er sich erholt und wird uns unter der Begleitung der Apachen sicher nachkommen. Du hast gar nichts zu befürchten, mein lieber Mariano.“
    „Nun gut, so mag es geschehen“, meinte dieser. „Es ist nicht zu verwundern, daß man nach allem, was wir erlebt und erfahren haben, vorsichtig wird.“
    „So sind wir also einig“, sagte Juarez. „Wann werdet Ihr aufbrechen, Señor ‚Geierschnabel‘?“
    „Sobald als möglich“, antwortete dieser.
    „Doch nicht vor morgen?“
    „Warum nicht Sir? Am liebsten stiege ich sofort in mein Kanu.“
    „Jetzt, bei Nacht?“
    „Ja. Ich habe keine Zeit zu verlieren.“
    „Ah, Ihr seid ein wackerer Mann. Ihr nehmt Eure Pflichten ernst, und ich will Euch da nicht hinderlich sein. Ich werde nach meinem Zimmer gehen, um Euch einige Worte aufzuschreiben, welche Ihr dem Lord übergeben sollt. Kommt mit!“
    Die beiden gingen.
    „Und ich“, sagte Sternau, „werde einmal nach dem anderen Patienten sehen. Don Ferdinande schläft; er bedarf jetzt meiner nicht; der ‚Schwarze Gerard‘ aber liegt so schwer, daß ich ihn nicht vernachlässigen darf.“
    Während dieses Gesprächs oben bei dem Grafen geführt wurde, war Pirnero in die Küche und auch nach dem Verkaufsladen gegangen, um seine Tochter zu suchen, hatte sie aber nicht gefunden. Er kehrte daher mißmutig in die Gaststube zurück und setzte sich an das geöffnete Fenster. Er blickte hinaus in die dunkle Nacht und dachte, er wußte selbst nicht, an was.
    Es war still und menschenleer im Ort; aber von fern her erscholl zuweilen ein wildes, hundertstimmiges Heulen. Es war das Klagegeheul der Apachen über ihre Gefallenen oder ihr Siegesgeschrei über die skalpierten Franzosen. Auch durch das Innere des Hauses zitterte zuweilen ein wilder, tierischer Ton. Es war der Schmerzenslaut des französischen Sergeanten, welcher in der Bodenkammer eingeschlossen lag und sich in unendlicher Pein auf der Diele hin und her wälzte. Die Glut des Wundfiebers hatte ihn ergriffen und ihm mitleidig das Bewußtsein geschwächt.
    Da ging die Tür auf und Resedilla trat ein. Ihr Vater bemerkte dies, tat aber so, als ob er es nicht gesehen habe. Sie machte sich leise im Zimmer zu schaffen, während er immer noch zum Fenster hinausblickte, obgleich er im Dunkel gar nichts sehen konnte. Es ärgerte ihn gewaltig, etwas zu sagen, was gegen seine früheren Worte war. Er hustete einige Male verlegen vor sich hin, begann aber dann doch das Gespräch:
    „Dichte Finsternis!“
    Sie antwortete nicht; darum wiederholte er mit erhöhter Stimme:
    „Schauderhafte Finsternis!“
    Als sie auch jetzt noch nichts sagte, drehte er sich um und sagte:
    „Nun?“
    „Was?“ antwortete sie jetzt endlich.
    „Ganz und gar dicke Finsternis!“
    „Ja.“
    „Man sieht nicht die Hand vor den Augen.“
    „Das ist wahr.“
    „Aber man hört desto mehr.“
    „Was hört man denn? Es ist ja überall so still da draußen.“
    „Still! Horch nur einmal! Hörst du jetzt das Geheul?“
    „Ja, jetzt höre ich es.“
    „So etwas kommt bei uns in Pirna ganz und gar nicht vor.“
    „Dort gibt es ja keine Indianer.“
    „Nein. Dort wird kein Mensch skalpiert. Höchstens hauen sie sich da einmal mit den Stuhlbeinen über den Kopf, daß der Schädel brummt, besonders bei Hochzeiten, Kindtaufen und Leichenschmäusen. Weißt du, welches von diesen drei Festen das schönste ist?“
    „Ich kann es mir denken.“
    „Nun, welches denn?“
    „Das Begräbnis.“
    Fast wäre er vor Schreck vom Stuhl in die Höhe gefahren. Er sah sie an, als ob er an ihrer Zurechnungsfähigkeit zweifle, und fragte erstaunt:
    „Ein Begräbnis? Ein Begräbnis soll das schönste Fest sein? Warum?“
    „Weil es dem Menschen am wohlsten ist, wenn er tot ist.“
    Sie war sehr ernst gestimmt; darum sprach sie in dieser Weise. Er aber konnte sie nicht begreifen. Er fixierte sie forschend und sagte:
    „Am wohlsten, wenn er tot ist? Du bist nicht recht gescheit. Warst du denn einmal tot, daß du so genau weißt,

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