46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Josefa war.“
„O, du warst bei ihr?“
„Ja.“
„Wie kamst du zu ihr? Was sagte sie?“
„Später davon! Ich habe ihr einen Tritt versetzt, daß sie einige Rippen gebrochen hat. Hätte ich aber vorher gesehen, was ich hier sehe, so hätte es ihr ganz sicher das Leben gekostet.“
„Was ist da zu tun?“ rief Marie. „Unser guter Herr wird sicherlich sterben.“
„Das beste und notwendigste, was wir brauchen, hat uns Gott bereits beschert.“
„Wasser, nicht wahr?“
„Ja. Und hätte ich Leinwand an mir, ein Hemd oder –“
„O, ein Hemd habe ich, und auch einen übrigen Rock“, sagte Marie. „Hier darf man keine Komplimente machen. Wir brauchen Verbandzeug.“
„Lösen wir das geronnene Blut erst auf.“
„Aber mit nassen Lappen, sonst verbrauchen wir zuviel Wasser.“
Sie zerriß einen der Röcke, welche sie anhatte, und entledigte sich auch ihres Hemdes. Dann wurden Lappen befeuchtet und dem Verwundeten aufgelegt. Es war eine sehr langwierige Arbeit, und als endlich Arbellez verbunden war, war auch das zweite Licht fast ganz verbrannt.
Der Haziendero hatte während des Verbindens nur Zeichen des Schmerzes von sich gegeben, aber kein Wort gesprochen. Jetzt lag er ruhig atmend da. Die beiden glaubten, daß er schlafe, und sprachen daher leise miteinander.
„Denkst du, daß er sterben wird?“ fragte Marie.
„Das steht in Gottes Hand. Jammerschade wäre es.“
„Ja, der gute, liebe Señor!“ schluchzte sie.
„O, nicht nur, weil er so lieb und gut ist, sondern auch aus einem ganz anderen Grund.“
„Aus welchem denn?“
Der Vaquero brannte vor Begierde, seine frohe Botschaft an den Mann zu bringen, aber er gab, wie diese Leute zu tun pflegen, seine Arznei in kleinsten Dosen.
„Es gibt Leute, welche uns wohl befreien würden, wenn es uns gelänge, uns einige Zeit zu halten.“
„Wirklich? Glaubst du das? Wer sollte das sein?“
„Rate einmal!“
„Das könnten nur solche sein, denen Cortejo ein Feind ist. Etwa die Franzosen?“
„Nein.“
„Die Österreicher?“
„Nein.“
„Juarez?“
„Dieser eher. Wenn er wüßte, was hier vorgeht, er käme sicherlich. Aber es gibt noch ganz andere Leute hier. Da weiß ich zum Beispiel einen Señor Sternau – – –“
Er hielt mit Vorbedacht inne und wartete.
„Sternau?“ fragte sie rasch.
„Ja.“
„Wer ist das?“
„Ein Mann, den ich in Fort Guadeloupe getroffen habe.“
„Was ist er?“
„Er ist ein Arzt und zugleich ein außerordentlicher Jäger und Krieger.“
„Mein Gott, da muß ich an jenen großen, deutschen Arzt denken, welcher damals auf der Hacienda so vieles erlebt hatte. Er hieß auch Sternau. Also der, den du meinst, würde kommen, um uns zu retten?“
„Ganz sicher.“
„Warum? Kennt er uns denn?“
„Freilich.“
„Aber ich weiß ja keinen Sternau, welcher auf der Hacienda gewesen wäre.“
„Du sagtest ja soeben selbst, daß jener Arzt Sternau hier gewesen sei.“
„Gewiß. Aber das ist doch nicht derjenige, welchen du meinst.“
„Warum nicht?“
„Ah, der ist tot!“
„Weißt du das genau?“
„Ja. Lebte er noch, so hätte man längst etwas von ihm gehört.“
„So! Hm! Ferner war da auf dem Fort ein gewisser Señor Mariano.“
„Mariano?“ fragte sie schnell.
„Ja; ferner ein gewisser Señor Helmers mit seinem Bruder –“
„Helmers? Geh, du schwärmst.“
„In meinen alten Tagen etwa? Es war ferner da ein gewisser Señor ‚Büffelstirn‘, ein gewisser Señor ‚Bärenherz‘, ferner ein –“
Da ergriff sie seine Hand und sagte:
„Höre, willst du zu allem auch noch Spott mit mir treiben?“
Er hielt ihre Hand fest und fuhr fort:
„Ferner war da eine gewisse Señorita Emma Arbellez –“
Sie entriß ihm mit Gewalt ihre Hände und zürnte:
„Schweig. Unser Unglück ist groß genug. Deine Phantasie ist gar nicht imstande, es durch trügerische Bilder zu mildern.“
Er aber fuhr unbeirrt fort:
„Ferner sah ich da einen gewissen Grafen Ferdinande de Rodriganda, von dem man gesagt hat, daß er gestorben sei; er aber lebt noch und kehrt nach Hause zurück, um seine alte, treue Marie Hermoyes zu belohnen.“
Das war der Alten denn doch zuviel.
„Ich bitte dich um Gottes Barmherzigkeit willen“, sagte sie, „mir ehrlich zu gestehen, daß du dies alles nur sagst, um mich hier zu trösten.“
„Fällt mir gar nicht ein!“
„Nicht trösten? Du willst dich also bloß lustig machen?“
„Fällt mir noch viel weniger
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