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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die andere. Weißt du schon, was mit ihm geschehen ist?“
    „Ja. Gott vergelte es diesem Satan am Tag des Gerichtes. Ihr sollt verhungern?“
    „Ja, und verdursten.“
    „So habt Ihr gar nichts zu essen und zu trinken?“
    „O doch! Irgendein Mitleidiger hat uns täglich Brot und Wasserflaschen durch das Luftloch herabgelassen. Auch andere Dinge scheinen dabei zu sein. Leider aber kann uns das alles nichts helfen.“
    „Brot und Wasser? Nichts helfen?“
    „Ja.“
    „Warum?“
    „Wir sind ja gefesselt. Ich kann die Hände nicht gebrauchen.“
    „Ich auch nicht. So habt Ihr noch nichts genossen?“
    „Noch gar nichts.“
    „Mein Gott! Und dieser enge Raum? Drei Personen können hier kaum treten, geschweige denn liegen. Ah, da fällt mir ein, ich habe ja mein Messer bei mir.“
    „Dein Messer? Hat man dich nicht entwaffnet?“
    „Freilich doch, aber man hat vergessen, mir die Taschen auszusuchen. In der linken Tasche meiner Hose steckt mein Klappmesser; es ist scharf wie Gift, aber ich kann die Hand nicht in die Tasche bringen.“
    „Vielleicht gelingt dies mir, wenn du zu mir trittst.“
    „Laß es uns versuchen.“
    Er trat ganz nahe zu ihr heran, sodaß es ihr gelang, eine ihrer gefesselten Hände in seine Tasche zu bringen und das Messer herauszunehmen.
    „Aber was nun?“ fragte sie. „Ich kann es nicht öffnen.“
    „Halte den Griff nur fest, ich werde die Klinge mit den Zähnen packen“, sagte er.
    Dies geschah, und nach vielen vergeblichen Versuchen gelang es.
    „So“, sagte der Vaquero. „Jetzt nehme ich das Messer in meine rechte Hand, und du reibst deine Fesseln an der Schneide hin und her. Hast du einmal deine Hände frei, so schneidest du auch meine Riemen durch.“
    Dies geschah. Freilich verging eine lange, lange Zeit, ehe sie es fertigbrachten; endlich aber standen sie doch fessellos da.
    „Gott sei Lob und Dank!“ sagte Marie. „Nun kann ich doch nach unserem guten Señor sehen, oder wenigstens nach ihm greifen. Nimm dich in acht, daß du nichts von dem zertrittst, was uns der unbekannte Wohltäter herabgelassen hat.“
    „Laß uns zunächst sehen, was es ist!“ sagte der Vaquero.
    Beide knieten nieder und fühlten mit den Händen um sich.
    „Ein kleines Brot“, sagte Marie.
    „Eine Wasserflasche“, meinte der Vaquero.
    „Auch eine Flasche.“
    „Und ich ein Brot.“
    „Und ich – ah, ein Talglicht!“
    „Ist's wahr, Señora?“
    „Ja.“
    „So hat man jedenfalls auch Zündhölzer herabgelassen. Leider werden sie wohl naß geworden sein. Ah, hier liegt ein kleines Lederpaket.“
    Er öffnete es, betastete den Inhalt und fuhr fort:
    „Wirklich, Zündhölzer, noch ganz trocken, und ein Zettel dabei. Laßt uns das Licht anbrennen, Señora Marie, damit wir uns umsehen können.“
    Das Licht war bald in Brand gesteckt, und so fand sich noch ein zweites Licht und noch eine dritte und vierte Wasserflasche.
    „Gott sei Dank, verdursten können wir nun doch nicht“, sagte Marie. „Jetzt muß ich vor allen Dingen sehen, ob etwas auf dem Zettel steht.“
    „Hier ist er“, meinte der Vaquero.
    Während er leuchtete, warf sie einen Blick darauf.
    „Ja“, sagte sie, „hier stehen einige Zeilen, zwar schlecht geschrieben, aber doch leserlich.“
    Sie hielt den Zettel etwas näher an das Licht und las:
    „Von einem, der sich an euch versündigt hat. Heute muß ich fort, aber ich habe einen anderen gefunden, der euch an meiner Stelle täglich Licht, Brot und Wasser geben wird. Betet für mich und vergebt mir.“
    „Wer mag das sein?“ fragte Marie.
    „Jedenfalls der, welcher den Señor geschlagen hat.“
    „Ja, jedenfalls. Gott verzeihe es ihm! Er mußte gehorchen. Aber, heilige Maria, wir denken ja gar nicht an unseren Herrn!“
    Jetzt leuchteten sie Pedro Arbellez an. Er bot einen traurigen Anblick dar. An Händen und Füßen gefesselt und am ganzen Leibe zerfleischt, bildeten die Fetzen seiner Haut, seines Fleisches und seiner Kleider samt den Fesseln eine einzige, formlose, durch das geronnene Blut verbundene Masse.
    Seine Augen waren geschlossen, und sein Gesicht glich dem eines Toten. Er bewegte sich nicht. Die beiden braven Leute brachen in das heftigste Weinen aus.
    „O heiliger Himmel, mein lieber, lieber Señor!“
    Während Marie diese Worte schluchzte, nahm sie den Kopf des in dieser Weise Gemarterten in den Arm. Der Vaquero aber ballte die Faust.
    „Das hätte ich vorhin wissen sollen!“ sagte er.
    „Wann?“ fragte sie.
    „Als ich bei dieser

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