46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
eine Schwadron in der Stadt. Die anderen Quartiere sind leer. Sie stehen ihnen zur Verfügung.“
„Das paßt vortrefflich. Darf ich Ihnen meine Offiziere vorstellen?“
„Ich bitte darum.“
Dies geschah, dann saßen die Mannschaften ab, um sich nach ihren Quartieren zu begeben, die ihnen sehr schnell angewiesen wurden.
Der Kommandant war so höflich, die Offiziere zunächst zu einem Glas Wein einzuladen. Sie nahmen dies an und saßen bald in demselben Saal, in welchem damals Gerard gestanden hatte.
„Wie kommt es, Herr Kamerad“, fragte Oberst Laramel, „daß Sie die Stadt so von Truppen entblößen? Sie befinden sich auf einem der gefährlichsten Posten des Landes.“
„Sie haben recht, doch muß ich nach den Instruktionen handeln, die ich erhalte, das ist leider nicht immer angenehm.“
„Hatten Sie da böse Erfahrungen zu machen?“
„Nicht nur böse, sondern sogar schlimme.“
„Alle Teufel, wie wäre dies gekommen?“
„Ich hatte vier Kompanien und Schwadronen Besatzung. Ich habe in einer Nacht eine ganze Kompanie verloren bis auf den letzten Mann.“
„Ah! Fast unglaublich!“
„Aber doch wahr. Es liegt da im Norden von uns ein kleines Fort, Guadeloupe genannt, das sollte ich fortnehmen. Ich detachierte die betreffende Kompanie, sie wurde von den Apachen überfallen und niedergemacht.“
„Niemand entkommen? Gar niemand?“
„Nur ein Mädchen, eine kleine Grisette, welche mit dem Junker gelaufen war, hat sich wiedergefunden.“
„War denn der Zug nicht geheimgehalten worden?“
„Auf das allerstrengste. Aber es gibt in dieser Gegend einen Menschen, welcher für Juarez und die Apachen den Spion macht. Er ist ein unglaublich verwegener und listiger Mensch. Man hat sich alle Mühe gegeben, ihm beizukommen, aber es ist nicht gelungen. Er ist überall und nirgends, er weiß alles, er scheint allwissend und allgegenwärtig zu sein.“
Oberst Laramel schüttelte den Kopf.
„Dies klingt sehr unglaublich, Herr Kamerad“, sagte er. „Ein Mensch ist und bleibt ein Mensch, selbst wenn er die größten, hervorragendsten Eigenschaften besitzen sollte. Ich halte es für kein großes Kunststück, noch viel weniger aber für unmöglich, einen Spion zu fangen.“
„Ich glaube Ihnen dies, aber Sie kennen den ‚Schwarzen Gerard‘ nicht.“
„Der ‚Schwarze Gerard‘? Ah, dieser ist es, den Sie meinen?“
„Ja, dieser und kein anderer.“
„Da haben Sie allerdings einen schlimmen Gegner. Ich habe viel von ihm gehört, sein Name wurde sogar im Hauptquartier sehr oft genannt. Also dieser Mensch ist jetzt in der Gegend von Chihuahua zu finden?“
„Bereits seit längerer Zeit. Wir wissen ganz genau, daß er sogar in der Stadt selbst verkehrt und Verbündete in derselben hat.“
„Ah, woher wissen Sie das?“
„Er hat es uns ja selbst gestanden.“
„Er selbst?“ fragte der Oberst verwundert. „Sonderbar! Wie konnte dies zugehen?“
„Er war ja hier in Chihuahua, hier in diesem Zimmer.“
„Unmöglich. Er war hier, wirklich hier?“
„Ja. Wir hatten ihn gefangen.“
„Also doch. Ist nicht ein Preis auf seinen Kopf gesetzt?“
„Ja, ein sehr bedeutender.“
„Nun, den haben Sie sich also verdient?“
Der Kommandant befand sich in einer ziemlichen Verlegenheit. Er war gezwungen, einzugestehen, daß er diesen Preis nicht erhalten hatte.
„Ja, beinahe hatten wir uns ihn verdient“, sagte er.
„Beinahe? Nun, ich denke, Sie hatten den Kerl festgenommen?“
„Ja, festgenommen und gebunden in einer zahlreichen Versammlung von Offizieren und anderen Herrschaften hier in diesem Zimmer. Ich verhörte ihn, der Mensch betrug sich sehr frech und renitent, und – wissen Sie, Herr Kamerad – plötzlich gelang es ihm, sich zu befreien. Er schlug mich nieder vor allen anwesenden Leuten, und sprang zum Fenster hinab.“
„Donnerwetter! Er entkam?“
„Leider!“
„Das wäre mir wohl nicht passiert!“
Da warf sich der Kommandant in die Brust und sagte in stolzem Ton:
„Das sagen Sie, das glauben Sie, aber Sie irren sich. Haben Sie schon einmal mit so einem echten, rechten Präriejäger zu tun gehabt?“
„Noch nicht!“
„Da dürfen Sie auch nicht sagen, daß Ihnen so etwas nicht passieren könne. Diese Kerls haben den Teufel im Leib. Sie haben jahraus, jahrein mit Gefahren zu kämpfen, sie sehen den gewaltsamsten Tod stets vor ihren Augen, sie rechnen mit anderen Ziffern als wir. Ich sage Ihnen, ein Savannenmann nimmt es mit zwanzig unserer besten
Weitere Kostenlose Bücher