46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Unteroffiziere auf.“
„Herr Kamerad, nehmen Sie wirklich an, daß ich dies glauben soll?“
„Glauben Sie es oder nicht. Nun Sie nach dem Norden kommen, werden Sie es bald erfahren. Ich habe jetzt eine ganz bedeutende Mannschaft nach dem Fort Guadeloupe detachiert, dies ist der Grund, daß Sie hier so offene Quartiere fanden. Diese Leute sind wacker und stehen unter guter Anführung, aber doch muß ich gewärtig sein, daß sie das Nest nur unter großen Opfern nehmen können.“
„Ist Guadeloupe so fest?“
„Gar nicht. Aber dieser ‚Schwarze Gerard‘ hat jedenfalls bereits ausspioniert, was wir wollen, und liegt mit irgendeinem Trupp Apachen im Hinterhalt, wo man dies am allerwenigsten erwartet. Hätten wir unsere Señorita Emilia nicht, so hätten wir Chihuahua längst räumen müssen.“
„Señorita Emilia? Wer ist das?“
„Ah, Sie kennen unsere beste und scharfsinnigste Spionin nicht?“
„Nein.“
„Nun, dann ist Ihnen die große Schönheit Mexikos unbekannt.“
„Alle Teufel! Was Sie sagen!“
„Es ist die Wahrheit!“
„Die größte Schönheit Mexikos? Wird man sie sehen können, Herr Kamerad?“
Oberst Laramel war als einer der rücksichtslosesten und grausamsten Offiziere der französischen Armee bekannt. Er und sein Regiment gab nie Pardon. Er war der Mörder zahlreicher Mexikaner gewesen, welche in seine Hände gefallen waren. Tollkühn bis zum Exzeß, galt bei ihm ein Menschenleben nichts, daher war er es, den man jetzt über Chihuahua nach Villa del Fuerte schickte, wo es galt, unter den Republikanern aufzuräumen und das blutige Dekret in Ausführung zu bringen. Dazu war er der richtige Mann.
Und wie die allgemeine Erfahrung lehrt, daß grausame Leute zugleich Anhänger der wollüstigen Göttin sind, so hatte dieser Fall auch hier seine Anwendung. Oberst Laramel war ein leidenschaftlicher Bewunderer des schönen Geschlechtes. Darum elektrisierte es ihn förmlich, hier von einem Mädchen zu hören, welche die schönste Dame Mexikos sein solle.
„Es kommt ganz auf Sie an“, antwortete der Kommandant. „Wenn Sie wünschen, ihre Bekanntschaft zu machen, so ist nichts leichter als das.“
„Ah, sie ist also nicht so schwer zugänglich?“
„Gar nicht. Ich hatte ja die Absicht, Sie nebst den anderen Herren Kameraden heute abend bei mir zu sehen. Ich werde mehrere Herren und Damen der Stadt bitten lassen, und dabei soll Señorita Emilia sein.“
„Ich danke Ihnen. Ich möchte nicht in die Heimat zurückkehren, ohne dort erzählen zu können, daß ich die Dame gesehen habe, welcher unter allen Mexikanerinnen der Preis der Schönheit gebührt. Señorita Emilia wird sie genannt. Wie ist ihr weiterer Name? Es steht zu erwarten, daß sie nicht nur einen Vornamen, sondern auch einen Familiennamen hat.“
„Den kennt man nicht.“
„Ah, das wäre ja sonderbar.“
„Allerdings. Es herrscht über diese Dame ein Geheimnis, welches aufzuklären sie sich keine Mühe gibt. Vielleicht hat sie die Ansicht, daß dadurch das Interesse, welches man an ihr nimmt, noch bedeutend erhöht werde. Während die einen sie für eine geborene Mexikanerin halten, sagen andere, sie sei eine Italienerin, Spanierin oder gar eine Französin.“
„Welche Meinung haben Sie denn, Herr Kamerad?“
„Ich stimme der letzteren Ansicht bei. Sie spricht das Französisch wie eine echte Pariserin. Übrigens werde ich in meiner Meinung durch den außerordentlichen Eifer bestärkt, den sie unseren Angelegenheiten widmet.“
„Das wäre, falls sie eine Mexikanerin sein sollte, allerdings zu verwundern. Diese Damen sind im Herzen alle echt republikanisch gesinnt.“
„Sie ist gerade das Gegenteil davon, obgleich es stets mein Prinzip gewesen ist, der Frauenwelt nicht zu großes Vertrauen zu schenken. Sie hat uns zahlreiche Beweise gegeben, daß wir uns auf sie verlassen können.“
Der gute Mann ahnte nicht, daß diese ‚Beweise‘ nur scheinbar gewesen waren und nur dazu gedient hatten, die Franzosen ins Verderben zu locken. Von dem vollständigen Untergang der abermals nach Fort Guadeloupe gesandten Truppen hatte er noch gar nichts erfahren. Oberst Laramel sagte:
„Man muß zugeben, daß eine weibliche Spionin, wenn sie schön ist und den nötigen Scharfsinn besitzt, ganz andere Erfolge erzielt, als ein männlicher Spion. Wir sogenannten Herren der Schöpfung lassen uns von einem Paar schöner Augen alle mehr oder weniger schwach finden. Doch, um auf den Untergang Ihrer Kompanie zurückzukommen,
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