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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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keinen Fall.“
    „Warum nicht?“
    „Weil Ihr ihn nicht bezahlen könnt.“
    „Hm! Aber ansehen darf man ihn einmal!“
    Welcher Handelsmann zeigt nicht gern seine Ware her! Pirnero war überzeugt, daß Gerard kein Geld habe; aber der Anzug war das beste Stück seines Ladens, und die Gelegenheit, mit demselben zu prahlen, wollte er sich doch nicht gern entgehen lassen, zumal doch noch ein Jäger zugegen war.
    „Ansehen?“ sagte er daher. „Schaden kann es nichts. Vielleicht trefft Ihr einen, den Ihr zu mir weisen könnt. Ich will ihn Euch zeigen.“
    „Gut, so gehen wir nach dem Laden.“
    „Nach dem Laden? O nein“, antwortete der Alte rasch. „Wer nur einen Julep trinkt und mit meiner Tochter liebäugelt, darf nicht in den Laden. Ich werde den Anzug holen. Wartet hier, ehe ich Euch hinauswerfe.“
    Er ging. Da räusperte sich der ‚Kleine André‘ und sagte:
    „Wißt Ihr noch, was ich gestern zu Euch sagte?“
    „Daß ich kein Jäger sei?“ antwortete Gerard.
    „Ja.“
    „Und daß ich keine Ehre habe, weil ich mir alles gefallen lasse?“
    „Ja. Ihr seid wirklich ein ganz und gar unbegreiflicher Kerl!“
    „So wartet, bis Ihr mich begreifen werdet! Der Mensch will seinen Spaß haben, und ein jeder hat ihn auf seine eigene Weise.“
    Nach einiger Zeit kehrte Pirnero mit dem Habit zurück und breitete es auf die lange Tafel aus. Die beiden Jäger betrachteten die Sachen und fanden sie ganz ausgezeichnet und allen Anforderungen entsprechend.
    „Donnerwetter!“ sagte der Kleine. „Dergleichen Arbeit ist sehr selten. Hätte ich Eure Gestalt, Señor, sofort kaufte ich mir den Anzug!“
    Er meinte damit Gerard. Pirnero aber sagte:
    „Der und kaufen! Das soll er wohl bleiben lassen!“
    „Aber anziehen darf er die Sachen doch einmal, damit man sieht, wie sie sitzen“, bat der Kleine.
    „Hm, ich habe nichts dagegen“, sagte der Alte. „Ich bin selbst neugierig, wie der Schnitt ist. Und eine Gelegenheit wie heute kommt nicht gleich wieder. Dieser Mann ist ja ein Riese, und da er mir das Haus nicht wieder betreten darf, so habe ich später keine Gelegenheit, die Sachen anzumessen. Er mag also dort hinter den alten Schrank treten und das Habit anlegen; aber nur für zwei Minuten.“
    Gerard nahm lächelnd die Kleidungsstücke und trat hinter den Schrank, welcher so tief war, daß er ihn vollständig verbarg. Als er fertig war und sogar den breitkrempigen Hut aufgesetzt hatte, kehrte er zurück. Die beiden Männer staunten ihn an, als ob sie ihn noch gar nicht gesehen hätten.
    „Alle Teufel“, meinte der Kleine, „ist das eine Verwandlung!“
    „O, hier sieht man erst, was der Rock aus dem Mann macht!“ sagte Pirnero. „Sieht der Kerl nicht gerade aus wie ein echter, richtiger Felsenmann? Steht diese Tracht nicht wie angegossen, wie gerade für ihn gemacht?“
    Er drehte Gerard hin und her, besah ihn von allen Seiten und sagte dann:
    „So, jetzt mag's gut sein. Zieht Euch wieder um und macht, daß Ihr verschwindet. Man hat nun wenigstens gesehen, wozu Ihr zu gebrauchen seid.“
    „Wozu?“ fragte Gerard.
    „Als Hauben- und Kleiderstock.“
    „Danke, Señor! Also Ihr meint, daß mir die Sachen passen?“
    „Ganz vortrefflich. Aber Euch kann das ja gar nichts nützen!“
    „Aber hören darf man doch, wie hoch der Preis ist?“
    „Warum nicht? Es ist mein bester und teuerster Anzug. Er kostet achtzig Dollars.“
    „Nicht mehr?“
    „Seid Ihr gescheit? Ich dachte, achtzig Dollars wäre Geld genug.“
    „Hm, für Euch wohl, aber für mich nicht.“
    „Unsinn! Zieht Euch aus!“
    „Das fällt mir gar nicht ein, Señor Pirnero. Dieses Habit gefällt mir sehr gut, und ich behalte es.“
    „Ah, pfeift Ihr so?“ rief der Alte drohend. „Herunter damit! Ohne Geld verkauft der alte Pirnero nichts!“
    „Wer sagt denn, daß ich nicht bezahlen will?“
    „Ihr? Woher wollt Ihr eine solche Summe nehmen, Ihr Ziegenträger?“
    „Das werdet Ihr wohl abwarten müssen. Also achtzig Dollars?“
    „Ja, keinen Cent weniger. Aber macht keinen Unsinn!“
    „Das fällt mir nicht ein. Habt Ihr Eure Goldwaage bei der Hand?“
    „Die brauche ich nicht zu holen. Habt Ihr etwa auch Nuggets?“
    „Wartet es ab!“
    „Nun wohl, so will ich mit Theater spielen. Ich hole die Waage. Aber, Señor André, ich mache Euch dafür verantwortlich, daß dieser Mann mir nicht etwa unterdessen entspringt!“
    „Geht ruhig, Señor“, sagte der Kleine allen Ernstes. „Wenn er Miene macht, die Stube zu verlassen,

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