46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
ehe Ihr zurück seid, jage ich ihm eine Kugel durch den Kopf.“
Dies gab dem Alten Mut, die Waage zu holen. Als er fort war, trat Resedilla herein. Sie hatte von der Küche aus das ganze Gespräch hören können und kam nun, Zeuge von dem Sieg Gerards zu sein. Als sie ihn jetzt dastehen sah, schlug ihr das Herz noch lauter als vorher. Welch einen Eindruck machte er jetzt gegen früher.
Da trat ihr Vater wieder herein. Er schien befriedigt zu sein, Gerard noch zu sehen. Jedenfalls hatte er wirklich den Verdacht gehabt, daß derselbe sich aus dem Staub machen werde.
„Nun, wo habt Ihr Eure Nuggets?“
„Nuggets sind es nicht.“
„Was denn?“
„Sollt es gleich sehen!“
Gerard nahm sein Messer und griff dann nach seiner Büchse. Er legte letztere auf die Tafel und tat mit dem Messer ein paar kräftige Hiebe in den schweren Kolben. Beim dritten Hieb bereits sprang ein großes Stück gediegenen Goldes ab.
„Alle Wetter!“ rief der Alte.
„Donner und Doria!“ rief der Kleine. „Señor, wer seid Ihr?“
„Der Käufer dieses Anzuges“, antwortete der Gefragte ruhig.
Er hieb noch mehrere Stücke los. Pirnero stand ganz erstarrt.
„Nun, Señor“, fragte Gerard, „ist diese Büchse wirklich ein so altes, schlechtes Schießeisen, wie Ihr sagtet?“
Da faßte ihn der Kleine am Arm und rief:
„Herr, Sie sind der ‚Schwarze Gerard‘, oder mich soll der Teufel holen!“
„Könnt es erraten haben“, nickte der gewaltige Jäger.
„Aber warum sagtet Ihr dies nicht eher?“
„Hatte meinen Spaß daran.“
Da schlug sich Pirnero mit der Hand vor den Kopf und sagte:
„O, ich Esel, ich dreifacher Esel!“
„Ich denke, Ihr seid ein großer Diplomatist?“ fragte Gerard lachend.
„Ein Heupferd bin ich, aber kein Politikus“, antwortete der Alte. „Aber ich werde diesen Fehler sofort gutmachen.“
Er faßte seine Tochter am Arm und wollte sie herbeiziehen; sie aber sträubte sich dagegen.
„Hier ist sie, Señor!“ rief er. „Ihr sollt mein Schwiegersohn sein.“
Das Gesicht Resedillas erglänzte im tiefsten Rot. Gerard bemerkte es. Er schüttelte den Kopf und antwortete:
„Señor Pirnero, macht keinen zweiten Fehler! Die Señorita hat das Recht, sich einen Mann zu nehmen, der ihr gefällt.“
„Aber wenn nachher die Apachen kommen?“ fragte der komische Alte.
„So braucht Ihr dennoch keinen Schwiegersohn, der Euch beisteht. Sie werden keinen Brandy trinken, denn das leidet ihr Häuptling nicht. Sie werden sich nur Blei, Pulver und Messer kaufen, und dabei nicht einmal den Laden betreten. ‚Bärenauge‘ wird das en gros von Euch nehmen und bezahlen und es dann an seine Leute verteilen.“
„Ist das wahr?“
„Ja, denn so habe ich es mit ihm ausgemacht.“
„Aber, so sagt, Señor, warum habt Ihr mir nicht schon längst gesagt, wer Ihr seid?“ fragte der Alte in seiner großen Verlegenheit.
„Es sollte niemand wissen, daß der ‚Schwarze Gerard‘ hier auf jemand wartet.“
„Dieser Jemand bin ich?“ fragte der Kleine.
„Wahrscheinlich!“
„Nun, so will ich Euch sagen, daß –“
„Halt!“ gebot Gerard mit einem warnenden Seitenblick auf Pirnero. „Wir sprechen nachher davon. Soll ich nun gehen, Señor Pirnero?“
„Beileibe nicht, Señor!“ antwortete der Gefragte schnell.
„Ich darf auch später wiederkommen?“
„Natürlich!“
„Aber Ihr wollt mich ja lebendig skalpieren, wenn ich wiederkomme!“
„O, Señor, das war nur ein Spaß. Wir Leute aus Pirna sind alle gern spaßhaft.“
„Nun, so wiegt dieses Gold und gebt mir heraus, es ist mehr als für achtzig Dollars.“ Dies geschah und dann trug der Alte die Waage wieder fort. Während er im Haus umherlief, um dem Gesinde zu sagen, daß der fremde Lump der berühmte Gerard, die rechte Hand des Präsidenten Juarez sei, fragte der ‚Kleine André‘ Gérard:
„Warum winktet Ihr mir zu schweigen, Señor?“
Gerard setzte sich ihm gegenüber und antwortete:
„Vor allen Dingen hier meine Hand. Wir sind Jäger und haben bereits voneinander gehört. Wir haben nicht nötig, uns Komplimente zu sagen, und werden uns einfach Du und beim Namen nennen. Topp?“
„Topp!“ rief der andere, freudig einschlagend.
„Gut. Ferner mußt du wissen, daß es besser ist, vor Pirnero zu schweigen, denn er spricht zu gern, als daß ich ihm ein Geheimnis anvertrauen möchte.“
„Das ist mir unlieb, sehr unlieb.“
„Warum?“
„Du weißt, weshalb ich hier bin?“
„Ich erwarte einen Boten vom General
Weitere Kostenlose Bücher