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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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ganz besondere Bedeutung.
    Doch dieses Abbild Fudōs glich keinem anderen, das er je gesehen hatte. Statt der üblichen den Körper umgebenden Flammenaura ... hatte es Flügel. Sie waren nicht Teil des ursprünglichen Gusses gewesen, sondern waren wie Spinnenseide aus einem ihm unbekannten Material gesponnen und zu Mustern verwoben worden, die sie wie durchsichtige Libellenflügel erscheinen ließen, obwohl sie eher wie Vogelschwingen geformt waren.
    Er konnte ihr filigranes Muster so deutlich erkennen, weil die Flügel von zahllosen roten Lichtern unheimlich ausgeleuchtet wurden und scheinbar glühten. Er war nicht sicher, ob er Hunderte winzige Kerzen in durchsichtigen Schalen sah, oder ob eine unbekannte Art von Glühwürmchen sich dauerhaft auf den Schwingen des Buddha niedergelassen hatte. So oder so, der Effekt war so magisch, als ob Fudōs reinigende Flammen sie wirklich berührt hätten.
    Vielleicht waren die Männer, die hier saßen und sangen, einfache Yamabushi und keine Dämonen. Yamabushi streiften allein oder in kleinen Gruppen durch die Berge, da sie glaubten, dort das mächtigste Qi der Welt zu finden. Sie führten ein streng diszipliniertes Leben, das Gebete und extremes Kampfkunsttraining vereinte. Man sagte ihnen die Fähigkeit der Wunderheilung und unglaubliche Stärke nach, mit der sie Meisterleistungen vollbringen konnten.
    Weiterhin hieß es, vor langer Zeit hätten sie die grausamen
tengu
zu ihrem Glauben bekehrt und ihre Körper und Seelen umgeformt, bis sie zu Hütern von verlassenen Tempeln geworden waren ...
wie diesem hier
.
    Er sah noch einmal zurück zu den Mönchen, die weiterhin dasaßen und sangen. Seine oder Kais Gegenwart schienen sie nicht wahrzunehmen. Seine Augen gewöhnten sich immer mehr an das Zwielicht, und er sah die Mönche jetzt deutlicher ... Er erkannte, dass diese Geschöpfe, die Männern täuschend ähnlich sahen, eigentlich etwas Seltsameres waren. So seltsam wie ein Abbild Fudōs mit Schwingen.
    Sie hätten beinahe als eine Zusammenkunft von Yamabushi durchgehen können. Ihre Gestalten sahen Menschen, die jahrelang gebetet und gefastet hatten, trügerisch ähnlich. Ihre Körper waren unglaublich ausgezehrt und sahen dennoch kraftvoll aus, als befänden sich unter der runzligen Haut nichts als Muskeln und Knochen. Dennoch ...
    Oishi ging ein wenig nach vorn, um die Gesichter der Mönche besser sehen zu können, und plötzlich verschwand ihre Ähnlichkeit zu Menschen. Ihre Gesichter waren durch dieselbe Selbstkasteiung, die auch ihre Körper verändert hatte, zu verwitterten Masken geworden und sahen eher aus wie die Gesichter von Greifvögeln.
Das waren
tengu. Tengu-
Mönche
.
    Vor jeder meditierenden Gestalt stand ein glühendes
katana
mitten in der Luft auf der Spitze und war perfekt ausbalanciert.
    Die
yōkai
aus den Geschichten und Legenden, die Helden dazu ausgebildet hatten, wie Dämonen zu kämpfen, waren echt … und es waren dieselben Kreaturen, die Kai ausgebildet hatten, wie er behauptet hatte.
    Es musste auch wahr sein, dass sie von den Yamabushi die Lehren des Buddha gelernt hatten und sich durch die Vereinigung mit derselben spirituellen Energie, nach der auch die Menschen strebten, weiterentwickelt hatten. Sie waren zu ergebenen Kampfmönchen des
yōkai
-Reichs geworden. Dort bewachten sie die Tempel, die man den Elementen überlassen hatte, und beteten in ihnen.
    Das Halbblut war nicht von seiner Seite gewichen und beobachtete noch immer die ins Gebet versunkenen Mönche. Doch auf seinem Gesicht war keine Ehrfurcht zu sehen. In seinen Augen sah Oishi nur geballte Erinnerungen an seine frühen Jahre und keine Bruchstücke von Mythen oder Legenden.
    »Wartet hier«, sagte Kai.
    »Wohin gehst du?«, fragte Oishi alarmiert.
    »Meinem früheren Herrn Respekt erweisen.« Kai wandte sich von Oishi ab, zum hinteren Teil der Höhle, wo weitere Schatten hinter der Statue des geflügelten Fudō warteten.
    Oishi schaute auch in die Richtung, aber sein Blick blieb wieder an den Mönchen und den glühenden Schwertern hängen, die auf unmögliche Weise vor jedem einzelnen schwebten.
Kai hatte in allem die Wahrheit gesagt
.
    »Lasst Euch nicht verführen«, warnte Kai scharf, der gemerkt hatte, auf was sein Blick ruhte. »Und ganz gleich, was geschieht –
zieht auf keinen Fall das Schwert

    Er schaute Oishi lange an. In seinen Augen lag das Versprechen, dass jedes Zeichen von Schwäche oder mangelnder Willenskraft sofort mit dem Tod bestraft werden würde …

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