47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
Erinnerung fest und ließ ihre Liebe seinen Geist wie eine Aura einhüllen.
Er schaute über die Schulter des
tengu
-Fürsten hinweg und sah plötzlich Mika –
nein, das war unmöglich. Mika konnte nicht hier sein
–, die die Höhle betrat. Sie ging lächelnd auf ihn zu. Dabei war sie so substanzlos wie der Nebel, sah aber genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte.
Er wurde wieder verspottet
. Dennoch reichte dieses Trugbild, um ihn daran zu erinnern, dass das menschliche Leben nicht in Stein gemeißelt war. Nichts daran war unveränderlich ... nicht einmal das Leben selbst.
Tengu
waren nicht unsterblich, sie konnten getötet werden. Doch er hatte keine Ahnung, wie uralt der Dämonenfürst war, der ihn in gewissenlosem und gnadenlosem Kampf unterwiesen hatte und ihn gelehrt hatte, dass das Leben nur ein Bote des Todes war. Es war kein Wunder, dass das Leben für Wesen keine Bedeutung hatte, die die Existenz lebender Toter führten.
Doch er hatte wahre Güte ebenso wie Hass und Grausamkeit in der Welt der Menschen erfahren und er hatte ein anderes menschliches Wesen geliebt. Er betrachtete weiter Mikas Trugbild, das vor ihm stand. Ihr Gesicht war voller Liebe, die seine eigene widerspiegelte.
Ein Funke echten Zorns flackerte in den Augen des
tengu
-Fürsten auf, als er Kais Sehnsucht sah. »Ich habe Tausende mögliche Versionen der Zukunft gesehen, in denen du versuchst, Mika zu retten«, krächzte er und zeigte auf das Trugbild, »und jede davon endet mit deinem Tod. Wählst du mit diesem Wissen noch immer die Liebe?«
»Für sie, ja.« Kai hob den Kopf.
Das Mika-Trugbild streckte seine Hand nach ihm aus und verschwand dann so schnell, wie es erschienen war.
»Ganz gleich, was du tust«, sagte der Älteste, »Mika wird in diesem Leben niemals dir gehören.«
Kai erduldete den Schmerz dieser Worte mit schweigender Resignation. Er war sich dieser Wahrheit schon immer bewusst gewesen. »Dann gehe ich eben in den Tod«, erwiderte er, »und bete, dass ich sie im nächsten Leben finde.«
Die Pupillenschlitze des
tengu
-Fürsten weiteten sich, und seine Augen wurden schwarz. Dahinter offenbarte sich die ganze Leere seiner Seele. Kai musste sich der absoluten Entschlossenheit des Ältesten stellen, seinen Willen endgültig zu brechen.
Ihm fiel ein, dass der Name seines früheren Fürsten »Hohepriester Buddhas« bedeutete, doch er erkannte plötzlich, dass sich jeder
Priester
nennen konnte – oder
Samurai
– doch das sagte nicht mehr über seine Persönlichkeit aus als
Dämon
oder
Halbblut
...
Kai warf dem wartenden Schwert einen Blick zu und wagte, zu hoffen.
In der Haupthöhle hatten die Dämonen die Ronin vom Eingang weggelockt und sie voneinander getrennt. Jetzt waren sie endlich in der Lage, die geballte Macht ihrer übermenschlichen Schwerter und Fähigkeiten freizusetzen. Sie griffen die Männer in Gruppen an und mähten sie nieder.
Hara warf sich auf einen der
tengu
. Doch anstatt ihn mit seinem Schwert zu durchbohren, glitt es einfach durch ihn hindurch, als besäße er gar keinen Körper. Der Dämon umschlang das Schwert wie ein vom Wind zerzauster Nebel, nahm plötzlich wieder feste Gestalt an und schlitzte Hara mit seinem eigenen Schwert auf. Yasuno und Bashō kämpften Rücken an Rücken mit dem Mut eines zweiköpfigen Drachen und versuchten, das Unmögliche zu besiegen – oder wenigstens das Unausweichliche aufzuhalten. Horibe kreuzte mit einem anderen
tengu
die Klingen. Doch sein
katana
wurde einfach von dem dämonischen Metall in zwei Teile geschnitten. Dann fielen noch mehr
tengu
über ihn her.
Oishi stand einfach da und war so gelähmt vor Angst, wie er es noch nie erlebt hatte. Er beobachtete, wie seine Männer einer nach dem anderen niedergemetzelt wurden.
Tengu
-Schwerter schwebten wie Mücken in einer Sommernacht überall um ihn herum. Er wich ihnen hilflos aus und wusste, dass er nur eines ergreifen musste ...
nur eines
...
Wieder schaute er auf sein Schwert hinab. Seine Hände zitterten, während er sich davon überzeugte, dass es noch immer fest in seiner Scheide steckte. Kais gehetzter Blick und seine warnenden Worte wollten ihm nicht aus dem Sinn gehen, also gestattete er es sich nicht einmal, den Griff zu berühren oder eines der Dämonenschwerter seinen Ärmel streifen zu lassen.
Der Kampf entfernte sich immer weiter von ihm. Nicht einer seiner Männer hatte sich nach ihm umgesehen oder nach ihm gerufen, als wäre er wirklich unsichtbar und von allen Beteiligten, Männern
Weitere Kostenlose Bücher