47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
was er vor seiner Abreise hatte sehen wollen: Mika, die von ihren Dienerinnen begleitet an seinen schwerbewaffneten Truppen vorbei geleitet wurde, bis sie schließlich vor ihm stand.
Mikas Dienerinnern knieten und verbeugten sich zu seinen Füßen. Die sie begleitenden Wachen verbeugten sich ebenfalls vor ihm. Doch Mika schlug nicht einmal die Augen nieder und starrte ihn mit demselben trotzigen Stolz an, den sie das ganze letzte Jahr an den Tag gelegt hatte.
In schweigender Bewunderung schaute er sie an. »Ich reite zum Schrein meiner Ahnen, um ihnen für unsere Heirat zu danken«, sagte er. Dann fragte er mit ausgesuchter Höflichkeit: »Gibt es etwas, um das ich für Euch beten soll?«
Mikas Blick wandte sich kurz dem riesigen Samurai in der schwarzen Rüstung zu, der Kira überallhin begleitete und sowohl seine Leibwache als auch sein Burgvogt war. Dann schaute sie Kira wieder an. »Meinem Herrn wird meine Antwort nicht gefallen«, erwiderte sie mit absolut gelassener Stimme gleichermaßen höflich.
Kira lächelte ihr sanft zu. »Dann werde ich für Euch antworten. In zwei Tagen werden wir verheiratet sein und ich werde an Eurer Seite Ako regieren.« Mikas Blick wurde eisig wie der Wind, doch er hielt ihm stand, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ihr mögt genau wie Euer Vater auf mich herabsehen, Madame, aber unsere Kinder und deren Kinder werden vom selben Blut sein.« Er wandte sich von ihr ab, stellte seinen Fuß in den Steigbügel und schwang sich in den Sattel.
Die Ronin erreichten den Standort von Kiras Familienschrein, als die Dämmerung zur Nacht wurde. Sie hatten kaum genug Zeit, ihre Pferde gut versteckt unter den Bäumen zurückzulassen und sich vorsichtig zu Fuß zu nähern.
Kein Mondlicht schien wie eine unwillkommene Laterne auf ihre verstohlenen Bewegungen. Die unzähligen Sterne verbreiteten gerade genug Licht, damit die Ronin ihre Umgebung erkennen konnten. Doch wie Kerzen, die in unerreichbarer Ferne brannten, boten sie keinen Trost, als die letzte Wärme des Tages sich in der Weite des Himmels verlor.
Die Silhouette von Kiras Familienschrein sah eher so aus wie die Umrisse einer Hütte und nicht wie die eines Tempels. Das abseits liegende Gebäude befand sich an einem matschigen Feldweg, zwischen Feldern, auf denen erst in einigen Wochen die Frühlingspflanzen gesetzt werden würden. Der Schrein enthielt nur eine kleine Holzstatue von Buddha und einen Platz für Opfergaben. Darin war kaum genug Platz, um drei oder vier Menschen aufzunehmen, die kniend beten wollten. Kai fragte sich, ob Kira ihn als Tribut an die bescheidenen Anfänge seiner Ahnen unverändert gelassen hatte. Er vermutete allerdings, dass dies eher Kiras Wunsch symbolisierte, sich von ihnen zu distanzieren.
Große Heuhaufen bildeten eine Gasse durch die Stoppeln direkt von der Stelle, an der Isogai die anderen aus dem Wald herausgeführt hatte, zum Schrein. Diese gewährten ihnen freie Sicht und boten gleichzeitig Deckung, um sich anzuschleichen.
Doch je länger Kai das Bild vor seinen Augen betrachtete, desto mehr schienen die kegelförmigen Heuhaufen, die sich vom Himmel abhoben, etwas viel Unheimlicheres zu verbergen. Er hatte das Gefühl, als sähe er die gespenstischen Särge von längst verstorbenen Königen, die an einer Prozessionsstrecke Spalier standen. Das, was am Ende dieses Weges stand, hätte viel beeindruckender sein müssen als nur eine bescheidene Holzhütte, die einen einfachen Schrein schützte.
Er presste seine Hand gegen seine Stirn und versuchte, sich vor dem schauderhaften Bild zu schützen, das seinen Geist mit einer widernatürlichen Kraft erfüllte. Diese Kraft schien von dem Schrein auszugehen.
Er zwang seine Sinne wieder unter seine Kontrolle. Seitdem sie das Bauernhaus erreicht hatten, war er viel müder gewesen, als für ihn oder die anderen gut war. Er erkannte erneut, wie sehr die feindseligen Blicke zu vieler Menschen, die nicht an seine Anwesenheit gewöhnt waren, sein unbehagliches Gefühl verstärkt hatten.
Selbst zu ihrer Mission aufzubrechen, hatte seine Laune nicht verbessert. Er sagte sich, dass er einfach nervös vor dem Kampf war:
Sie hatten alle so lange darauf gewartet
. Er sah sich keinem
kirin
gegenüber und auch keinem
tengu
-Fürsten. Und diesmal stand er dem Feind nicht allein gegenüber.
Angst schränkt dich ein
... Er dämpfte seine Rastlosigkeit, akzeptierte sein Unbehagen und sagte sich, dass nur der Nachtwind für sein Zittern verantwortlich war. Und wenn er eine
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