47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
die Männer darauf zugingen. Dabei trugen sie ihre Schwertscheiden in der Hand.
Als die Ronin sich im Hof verteilten, verdrängte überwältigende Erleichterung jedes andere Gefühl von ihren Gesichtern. Von der Tür sah Kai Isogai, der wie ein Fürst auf einem wunderschönen weißen Pferd saß. Die Männer scharten sich um ihn. Er stieg ab und bahnte sich seinen Weg durch die Menge zu Oishi. Er verbeugte sich und sagte: »Verzeiht meine Verspätung, Herr. Fürst Kira macht sich heute Abend auf den Weg zum Schrein seiner Ahnen. Ich kenne die Route.«
Kai hatte Oishi noch nie glücklicher gesehen als in diesem Moment. Er legte einen Arm um Isogais Schultern und gratulierte ihm. »Kommt, Isogai«, sagte er und ging auf die Scheune zu, wo die Waffen und Vorräte aufbewahrt wurden. »Ruft die Männer zusammen!«, rief er seinen Offizieren zu, die die einzelnen Abteilungen während des Überfalls leiten würden.
Kai warf noch einen Blick auf das weiße Pferd und fragte sich, wie Isogai an ein solches Pferd gekommen war und gleichzeitig die Informationen über Kira beschafft hatte. Vielleicht hatte er es beim Spiel von einem Samurai auf der Durchreise gewonnen. Doch irgendetwas an dem Tier irritierte ihn, obwohl er nicht genau wusste, was ...
Er merkte, dass er seine Hand gegen seine Stirn presste. Er zwang sich, die Hand zu senken – und nicht ständig wie besessen nach Hexenwerk zu suchen, nur weil sie scheinbar plötzlich Glück hatten. Isogai war rechtzeitig eingetroffen, und vielleicht lächelten die Götter doch auf sie herab.
Und doch folgten seine Augen Isogai, und er spürte noch immer diesen verwirrenden Stich, als würde etwas nicht stimmen. Im Laufe der Zeit hatte er gelernt, diesem mehr zu vertrauen, als ihm lieb war. Nach allem, was er in der Gruppe beobachtete, war das der Isogai, den er kannte. Doch er hatte ihn nicht aus der Nähe betrachten können und er bezweifelte, dass ihm das bald gelingen würde.
Doch Oishi hatte ihn der Gruppe zugeteilt, die Kira direkt angreifen würde, während die anderen Einheiten die Truppen und abseits aufgestellte Wachen ausschalten würden. Dann hätte er eine Chance, Isogai direkt in die Augen zu sehen, wenn auch nur kurz ...
Hazama und die anderen hatten ihren Job gut gemacht. Aus der selbstbewussten Art, mit der Oishi sich bewegte, schloss Kai, dass Kira nur mit kleinem Gefolge zu seinem heimlichen Besuch am Schrein aufbrechen würde.
Kai ging auf die Scheune zu und sah, dass Chikara auf seinen Vater zuging und forderte: »Herr, ich möchte mit Euch gehen.«
Kai war überrascht, dass Oishi seinem Sohn verboten hatte, an diesem Überfall teilzunehmen, nachdem er ihm erlaubt hatte, bis hierher mitzukommen.
Oishi wurde nicht langsamer und sah seinen Sohn auch nicht an. »Horibe, bleibt bei ihm«, sagte er mit einem gebieterischen Nicken zu dem alten Ronin.
Horibe sah leicht verdutzt aus. Er hatte bisher mehr zu dieser Mission beigetragen, als die meisten anderen Ronin und niemand würde das je vergessen.
Doch Kai sah Chikaras niedergeschlagenen Gesichtsausdruck. Die Enttäuschung und Frustration, darüber, dass sein Kommandant und Vater ihn für untauglich erklärte, an der Seite seiner Ronin zu kämpfen, traf ihn härter als eine Ohrfeige.
Kai warf Oishi einen Blick zu und fragte sich, warum im Namen aller Götter er das seinem Sohn antat ... bis er erkannte, was in Oishis Augen zu sehen war. Es war derselbe Blick, den er erhascht hatte, als er Oishi gefragt hatte, was er im Heiligtum der
tengu
gesehen hatte, und dieser geantwortet hatte: »Meine Männer.«
Seine sterbenden Männer ... und er war nicht in der Lage gewesen, sie zu retten. Sein sterbender Sohn
...
Von unerwartetem Mitleid für Vater und Sohn ergriffen, sah Kai zu Boden und wünschte, es gäbe eine Möglichkeit der Wiedergutmachung für die beiden. Doch er erkannte, dass niemand mehr Einfluss auf sein eigenes Schicksal hatte, nachdem sie diesen Weg einmal gewählt hatten.
Es gab nicht genug Zeit auf der Welt, um zurück in die Vergangenheit zu gehen und diese zu ändern. Jetzt war nur noch genug Zeit, damit er sich wie Oishi auf einen erneuten Kampf vorbereiten konnte.
19
Im oberen Hof von Burg Kirayama wartete Fürst Kira neben seinem Pferd, während die Krieger seiner Eskorte die letzten Vorbereitungen für die Reise zu seinem Familienschrein trafen.
Doch sie waren nicht das Einzige, auf das er mit seinem üblichen trügerisch geduldigen Ausdruck wartete. Schließlich fand sein Blick das,
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