47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
Vater sie sofort sprechen wollen würde.
Die Berater konnten die Einzelheiten über die Abwesenheit des
daimyō
direkt von ihm erfahren, und Mika war überzeugt, dass sie vom Ausgang der Geschichte mehr als beeindruckt sein würden. Sie schob Chikara von den Herren weg, bevor er auch nur ein einziges weiteres Wort sagen konnte, damit er sie zu ihrem Vater brachte.
Fürst Asano schwang sich vom Pferd. Er war erleichtert, endlich wieder auf dem Steinpflaster innerhalb der Wände des unteren Burghofs zu stehen. Sein erschöpfter Körper spürte sein Alter, nun da die Jagd vorüber war.
»Vater!«
Er blickte auf und sah Mika auf sich zueilen. Ihr Gesicht strahlte wie der Tag, und ihre Augen leuchteten vor Erleichterung, als sie ihn erblickte. Einen Augenblick fühlte Asano sich an seine Frau erinnert und hoffte, dass sie, wo immer ihre Seele sich gerade aufhielt, diesen Anblick durch seine Augen sehen konnte – die Verkörperung ihrer Liebe in Gestalt ihrer bezaubernden Tochter. Bei ihrem Anblick verschwanden seine Schmerzen und die Müdigkeit gemeinsam mit den Gedanken über das Alter. Sie erinnerte ihn stets daran, dass alles, was er für Ako tat, der Mühe wert war. Denn aus Ehre, Gerechtigkeit, Mut und Liebe gedieh eine wunderbare Zukunft.
Mika schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihn fest an sich. Sie zuckte nicht einmal zusammen, als sich die scharfen Kanten seiner Rüstung in ihren Körper bohrten. Sie ließ ihn wieder los und machte einen Schritt zurück, um die gesamte Jagdgesellschaft zu betrachten und das Strahlen ihres Lächelns und ihren Stolz mit ihnen allen zu teilen. Schließlich sagte sie leise nur zu ihrem Vater: »Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Wir haben Euch bereits gestern Abend zurückerwartet.«
Fürst Asano zuckte mit den Schultern und seufzte, aber sein eigenes Lächeln verrutschte keinen Millimeter. »Die Jagd hat länger gedauert, als wir gehofft hatten.« Er übergab die Zügel seines Pferdes einem wartenden Knecht, und Mika hakte sich bei ihm unter, während sie über den Burghof gingen.
Sie sah an ihrem Vater vorbei und ihr Miene verdüsterte sich, als sie bemerkte, dass einige der Männer verletzt waren und zu einem Ort geführt oder getragen wurden, an dem die Ärzte sich um ihre Wunden kümmern konnten. »Wurde jemand ernsthaft verletzt?«
Fürst Asano tätschelte ihren Arm. »Einige von den Trägern ...«, sagte er und blickte in dem vergeblichen Versuch, sie abzulenken, in eine andere Richtung. »Yasuno hat großen Mut bewiesen. Er hat das Biest ganz alleine getötet.« Asano zeigte auf den jungen Mann, der die Gratulationen der Bediensteten aus der Burg entgegennahm, weil er Mikas Gedanken weg von den Verletzten und auf den positiven Ausgang der Jagd hinlenken wollte.
Mika runzelte die Stirn, als sie Yasunos offensichtliches Unbehagen über das überschwängliche Lob und die Glückwünsche bemerkte. Verlegenheit war das Letzte, das sie bei ihm erwartet hatte. Er war einer der unbescheidensten Männer, die sie kannte. Und immerhin hatte er ein
kirin
getötet – und dazu noch ganz alleine.
Ihre Aufmerksamkeit wurde von einer Gruppe verletzter, einfacher Bürger angezogen.
»Wen suchst du?«, fragte ihr Vater.
Bei dieser Frage stockte ihr der Atem. Seine Intuition überraschte sie mehr als die Erkenntnis, dass sie tatsächlich nach jemand Bestimmtem Ausschau gehalten hatte. Sie schüttelte den Kopf, blickte nach unten und konnte ihm nicht in die Augen sehen. »Niemanden, Herr.«
»Du scheinst beunruhigt zu sein?« Es war eigentlich gar keine Frage, und sie hörte die Sorge in seiner Stimme.
Sie schüttelte noch einmal den Kopf und setzte ein Lächeln auf, als sie zu ihrem Vaters aufblickte. »Ich mache mir Sorgen wegen der Vorbereitungen.« Mika hoffte, dass diese Entschuldigung für ihre Zerstreuung ihn überzeugen würde.
»Musst du nicht«, sagte er lächelnd. Er nahm beschwichtigend ihre Hand – wie er es getan hatte, als sie noch ein Kind war –, während sie den im Zickzack verlaufenden Verteidigungskorridor betraten, der steil hinauf zum inneren Burghof führte.
Als sie das Tor passierten und auf die Palastgebäude zugingen, hörte sie, wie er beim Anblick der Umrisse seines prächtigen Wohnturms zufrieden seufzte. Das Symbol seines Zuhauses, seines Reichs war von blühenden Kirschbäumen und den Quartieren seiner hochrangigen Offiziere umgeben. Ihr Weg war von Dienern und Untergebenen gesäumt, die allesamt niederknieten oder sich verbeugten und
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