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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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alles kannte er in- und auswendig, weil er hier, im Schatten des Wohnturms, innerhalb der sicheren Mauern des inneren Hofes, aufgewachsen war. Erinnerungen an seine Jugend, seine Eltern und Vorfahren kamen ihm in den Sinn und löschten die gerade vergangenen Tage aus.
    Er dachte daran, wie auch sein eigener Sohn hier aufgewachsen war, umgeben von Traditionen. Wie er und Riku Chikara die Dinge gelehrt hatten, die er wissen musste, um eines Tages seine erblichen Pflichten als
karō
zu übernehmen, wie es die Männer in seiner Familie seit Generationen getan hatten, lange bevor Tokugawa Ieyasu die Dynastie gegründet hatte, die nun Japan regierte.
    Er atmete tief ein.
Er war Zuhause. Das war alles, was zählte
...
    Als Riku schließlich das letzte Stück seiner Rüstung entfernte – ihn geduldig und liebevoll von der Bürde seiner Pflichten befreite, die nun endlich beendet waren, zumindest für heute – fühlte er sich nicht nur physisch erleichtert. Er war unaussprechlich glücklich, dass er ein verheirateter Mann war, der eine Familie hatte, zu der er zurückkehren konnte – weitaus glücklicher, als er als junger Mann erwartet hatte.
    Seine Ehe mit Riku war von seinem Vater mit Zustimmung von Fürst Asano arrangiert worden ... Nicht anders als die meisten Hochzeiten innerhalb ihres Standes, in dem die wichtigsten Überlegungen zunächst dem Rang, Ruf und der Stärkung politischer Allianzen durch familiäre Bindungen galten. Meistens, wie auch in seinem Fall, kannten sich die Betroffenen nicht einmal.
    Aber die Götter – oder die Weisheit ihrer Eltern – hatten sie gesegnet. Ihre Persönlichkeiten passten so gut zueinander, dass er sich sogar darauf freute, mit ihr alt zu werden ... ihr warmer Körper, der sich nachts an ihn schmiegte, und ihr Lächeln, das ihn stets zu Hause willkommen hieß.
    Er lächelte sie an, als er seine Arme ausstreckte und seine Schultern lockerte. Als er das Klappern von
bokken
hörte, wandte er sich für einen Moment ab. Draußen lieferte sich Chikara zum Spaß ein Duell mit den hölzernen Übungsschwertern mit einem anderen Jungen –
jungen Mann
, korrigierte er sich.
    Riku sah ihm an, dass sein Geist wieder so weit in ihre Welt zurückgekehrt war, dass sie ein Gespräch beginnen konnte. Sie legte ihre Hände sanft auf seine Arme und sagte endlich: »Ich habe mir Sorgen gemacht.« In ihrem liebevollen Lächeln zeigte sich plötzlich eine Spur Besorgnis.
    Sein eigenes Lächeln wurde breiter. »Du machst dir immer Sorgen«, antwortete er leise. Aber er war dankbar, dass sie ihn nach all den Jahren noch immer so sehr liebte, dass sie sich sorgte. Er streckte die Hand aus und streichelte ihre Wange. Sie küsste seine Handfläche und umschloss seine Hand mit der ihren.
    Er wollte gerade fragen, was es zum Abendessen geben würde, als draußen ein wütender Schrei ertönte und beide zur Tür sahen. Es hörte sich an, als wäre aus Spaß Ernst geworden.
    Oishi ging zum Eingang und schob die Tür auf. Nun bemerkte er, was ihm vorhin aus Müdigkeit nicht aufgefallen war: Chikara kämpfte mit Jinnai, der drei Jahre älter, größer, stärker und viel erfahrener mit dem Schwert war.
    Selbst mit einem Holzschwert konnte man einen vernichtenden Schlag ausführen, und keiner der Jungen –
Männer
, erinnerte Oishi sich wortlos – trug Schutzpolster. Chikaras
genpuku
, die Zeremonie, die seinen Eintritt ins Erwachsenenalter markierte, lag fast ein halbes Jahr zurück. Doch aus Oishis Sicht, über eine mehr als zwei Jahrzehnte umfassende Kluft voller Erfahrungen, waren sie noch immer halbwüchsige Jungen. Ein Sprichwort der Samurai besagte, dass die Seele eines Mannes in seinem Schwert lag, die einer Frau in ihrem Spiegel. Aber er fand, dass es Chikara gut zu Gesicht gestanden hätte, einen Blick in den Spiegel zu werfen und seine Übungsrüstung anzulegen, bevor er Jinnai bat, mit ihm zu trainieren. Das
genpuku
verlieh einem nicht über Nacht den Körper eines erwachsenen Mannes.
    Er sah den beiden beim Angreifen und Parieren zu und war von den Fortschritten, die sein Sohn in letzter Zeit beim Schwertkampf gemacht hatte, und dem Selbstvertrauen, das damit einherging, beeindruckt. Trotzdem sah er Jinnai noch immer im Vorteil.
    Chikara bekam einen harten Schlag auf den Arm und ließ seine Abwehr sinken, wodurch er ungedeckt für Jinais Schwert war. Oishi spürte, wie Riku vor Schreck erstarrte, als sie neben ihn trat, und auch sein eigener Körper spannte sich in Erwartung des Schlags instinktiv

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