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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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der Lage gewesen, seine Wunden zu versorgen, bevor er geschlafen hatte.
    Glücklicherweise – schätzte er – hatte ihn der Schmerz in seinem Rücken, dem Stand der Sonne nach zu urteilen, nach nur zwei oder drei Stunden wieder geweckt. Er merkte, dass sich seine Muskeln, wenn er noch länger geschlafen hätte, so sehr verhärtet hätten, dass er gar nicht mehr hätte aufstehen können.
    Er hatte eine Handvoll gepresster Reiskuchen gegessen, die die kleine Gruppe von Bauern und Trägern ihm dagelassen hatte, nachdem er darauf bestanden hatte, dass sie ihn hierherbrachten. Wenigstens hatte er nun so viel Kraft gesammelt, dass er aufstehen, Wasser aus dem Fluss holen und Feuer in der Feuerstelle machen konnte.
    Er handelte eher aus langer Gewohnheit als aus bewussten Entscheidungen heraus, als er den Wasserkessel zum Erhitzen auf das Gitter aus Knochen und Geweihen über dem Feuer stellte und aus den kleinen Bündeln in den Körben medizinische Kräuter auswählte. Als das Wasser warm genug war, stellte er einen Teil beiseite, um sich das verkrustete Blut und den Schmutz von Armen und Oberkörper zu waschen. Währenddessen kochten die Kräuter zu einem Sud, von dem er hoffte, dass er ausreichende Heilkräfte besaß.
    Nun da es zu spät war, konnte er vor sich selbst zugeben, dass er ein Narr gewesen war, nicht mit den anderen Jägern zur Burg zu gehen. Aber die Wahrheit über den Tod des
kirin
– alles daran – schmerzte schlimmer als die Wunde auf seinem Rücken. Er war nicht zur Burg gegangen und er würde auch nicht gehen. Das Beste, was er allein fertigbrachte, würde eben reichen müssen, so wie immer.
    Er nahm die stinkende Mixtur vom Feuer und schüttete den Großteil seines kleinen Kruges Sake als Desinfektionsmittel hinein. Den Rest des billigen Reisweins verwendete er als Schmerzmittel. Er kippte ihn schnell hinunter, da ihm der Geschmack kein Genuss war. Er brannte in seinem Magen, während er vorsichtig die Arme wieder aus dem Kimono zog und das Oberteil herunterhängen ließ, sodass er sich um seine Wunde kümmern konnte.
    Der Klumpen aus Moos und Ton, mit dem er die Blutung provisorisch gestillt hatte, hatte nicht lange gehalten. Zudem hatten die Samurai ihre Pferde zur Eile angetrieben, um schnell zurückzukehren. Das hatte ihm kaum Zeit gelassen, zu Atem zu kommen, geschweige denn unterwegs seine Wunden zu versorgen.
    Als der Morgen anbrach, war er so weit zurückgefallen und ständig gestolpert, dass einige der Bauern und Träger umgekehrt waren und ihm geholfen hatten, auf den Beinen zu bleiben, obwohl sie selbst schon genug Probleme damit hatten, Schritt zu halten. Ihnen war bewusst, wie schwer verletzt er war, und er erkannte, dass sie seine Fähigkeiten als Fährtenleser offensichtlich weitaus mehr zu schätzen wussten als die Samurai, die einfach vorausgeritten waren, ohne auf seine Verletzungen zu achten.
    Es hätte ihn nicht im Mindesten überrascht, wenn einige der Samurai gehofft hätten, dass er die Reise nicht überlebte. Die Vorstellung, dass Leuten, die er kaum kannte – und die auch so schon genug eigene Probleme hatten –, nicht egal war, ob er lebte oder starb, überraschte ihn dagegen sehr. Er stand in ihrer Schuld und hoffte, dass der Tod des
kirin
diese Schuld wenigstens teilweise beglich.
    Er nahm den zerbrochenen Spiegel zur Hand, den er benutzte, wenn er sich die Haare schnitt. Er trug es nie zu kurz, weil er schon die Erinnerung an seine Kindheit mit dem rasierten Schädel und den Anblick der Narben auf seiner Kopfhaut hasste. Aber er durfte es nie so lang werden lassen, dass er es tatsächlich zu einem Haarknoten binden konnte. Das hätte vielleicht einem der betrunkenen Soldaten einen Grund gegeben, ihn zu töten, weil er versuchte, sich als etwas auszugeben, was er nicht war.
    Jedes Mal wenn er in den Spiegel sah, erinnerte dieser ihn daran, wer und was er wirklich war. Ein Grund mehr, warum er sein widerspenstiges Haar schneiden musste. Wenn es in der Sonne ausblich, zeigten sich rote Strähnen, wie die Haare eines echten Dämons.
    Er seufzte und wandte sich vom Anblick seines Gesichts ab. Der Spiegel war in solchen Situationen ebenfalls nützlich.
    Er hielt ihn ungeschickt hoch und versuchte, die Wunde zu betrachten, die ihm das
kirin
beigebracht hatte. Aber es war unmöglich, seinen geschundenen Körper in eine Position zu bringen, in der er einen guten Blick darauf werfen und gleichzeitig die blutverkrustete Wunde mit dem in Heilmittel getränkten Stoff säubern

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