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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mächtige Gestalt Sternaus, welche einen großen Eindruck auf alle Umstehenden machte; dennoch hielt er es für seiner Würde gemäß, so zu tun, als ob er sich nicht einschüchtern lasse. Er antwortete:
    „Erst habt ihr euch zu legitimieren!“
    „Ah, bei wem denn?“
    „Bei mir!“ klang die stolze Antwort.
    „So! Wer seid Ihr denn?“
    „Ich bin der, welcher die Meldung macht.“
    „Nun, so meldet mich bei Cortejo. Das übrige geht Euch nichts an.“
    Der Mann stieß ein höhnisches Lachen aus und sagte:
    „Ich werde euch beweisen, daß es mich gar wohl etwas angeht. Wir befinden uns hier auf dem Kriegsfuß. Ihr seid meine Gefangenen, bis ihr bewiesen habt, daß ihr wirklich vom ‚Panther des Südens‘ kommt!“
    „Mensch! Was bildest du dir ein! Wirst du mich melden oder nicht?“ donnerte Sternau ihm entgegen.
    Der Mann aber glaubte, sich in Respekt setzen zu müssen, und antwortete: „Oho! Jetzt werde ich ein Mensch genannt! Und zwar redet man mich mit du an! Nehmt euch in acht, daß es euch nicht wie Arbellez ergeht!“
    „Ah! Wie ist es diesem ergangen?“
    „Ich habe ihn bis auf die Knochen gepeitscht.“
    „Du selbst?“
    „Ja. Und wenn ihr euch renitent betragt, geht es euch ebenso!“
    „Das wagst du mir zu sagen? Hier hast du meine Antwort, Bube!“
    Er faßte ihn bei der Kehle und schlug ihm mit der Faust zweimal an den Kopf; dann schleuderte er den Besinnungslosen über den Tisch hinüber in einen Winkel.
    Kein Mensch wagte ein Wort zu sagen. Sternau sah sich funkelnden Auges im Kreis um und drohte:
    „So kann es einem jeden ergehen, welcher mich beleidigt, ohne mich zu kennen. Wo ist Cortejo?“
    „Alle Teufel! Das ist jedenfalls der ‚Panther‘ selbst“, flüsterte es im Hintergrund.
    Dies verdoppelte den Respekt und einer antwortete:
    „Señor Cortejo ist nicht hier.“
    „Wo sonst?“
    „Er hat die Hacienda für kurze Zeit verlassen. Wohin er ist, weiß ich nicht.“
    „Aber die Señorita ist da?“
    „Ja.“
    „Wo?“
    „In dem Zimmer, welches gerade über diesem liegt.“
    „Das finde ich auch selbst. Ihr braucht mich also gar nicht anzumelden.“
    Es getraute sich wirklich keiner, ihm zu folgen, als er die Stube verließ, um sich mit Helmers nach oben zu begeben.
    Josefa Cortejo lag in einer Hängematte und stand große Schmerzen aus. Ihr Zustand hatte sich unter der schlechten Behandlung eher verschlimmert als gebessert. Doch der Gedanke an die Rückkehr des Vaters tröstete sie. Er kam jedenfalls als Sieger über seine Feinde und mit großen Reichtümern beladen.
    Da erschallten draußen rasche, kräftige Schritte. Kam er vielleicht schon? Sie richtete sich erwartungsvoll auf. Zwei Männer traten ein, ohne vorher zu klopfen und dann zu grüßen. Wer war es? Hatte sie nicht die athletische Figur des einen bereits gesehen? Sein Bart machte, daß sie ihn nicht gleich erkannte.
    „Wer seid Ihr? Was wollt Ihr?“ fragte sie.
    „Ah! Ihr kennt mich gar nicht mehr, Señorita?“ fragte Sternau.
    Ihre Augen wurden größer und ihre Wangen totenbleich.
    „Wer – o mein Gott, Sternau.“
    „Ja“, antwortete er. „Und hier steht Señor Helmers, der Bräutigam von Señorita Emma Arbellez.“
    Sie nahm sich zusammen und fragte:
    „Was wagt Ihr? Was wollt Ihr?“
    „O, ich will Euch nur dieses Papier zurückgeben.“
    Er griff in die Tasche und zog den Brief heraus, welchen er ihrem Boten abgenommen hatte. Sie nahm ihn entgegen und warf einen Blick darauf. Ihr eigener Brief. Sie war einer Ohnmacht nahe.
    „Gott! Wie kommt Ihr zu diesem Schreiben?“ hauchte sie.
    „Wir haben es der Leiche Eures Boten abgenommen.“
    „Der – Leiche –?“
    „Ja. Er fiel nämlich mit seiner Truppe in unsere Hände, wobei alle bis auf den letzten Mann niedergemacht wurden.“
    Sie war geistesabwesend. Die Angst vor diesem Mann machte ihr Herz erzittern. Sie brachte kaum die Worte hervor:
    „Niedergemacht worden? Schrecklich!“
    „Tröstet Euch. Es war nicht schade um sie. Übrigens wären sie mit dem Brief doch nicht zurechtgekommen, denn wir haben auch Euren Vater überfallen, als er dem Lord auflauerte. Von seinen Leuten lebt wohl keiner mehr. Ob er selbst entkommen wird, läßt sich noch nicht sagen.“
    „O Gott, o Gott!“ stöhnte sie.
    „Pah! Ruft nicht den Namen Gottes an. Ihr seid eine Teufelin. Dieses Wort in Eurem Mund ist der reine Frevel, die größte Gotteslästerung.“
    Diese Worte gaben ihr einen Teil ihrer Tatkraft zurück.
    „Señor“, sagte sie,

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