48 - Die Fehde von Antares
und euer Boot ist gekentert? Das muß aber ziemlich früh gewesen sein.«
»Äh, ja, Horter, wir sind wegen der Fische so früh aufgebrochen.«
Lamnias sind für gewöhnlich sanfte Leute, und sein Lächeln war warm.
»Wie ich sehe, bist du völlig durchnäßt.«
Ich wies ihn darauf hin, daß man naß war, wenn man in den Fluß fiel.
»Das ist richtig.« Seine Stimme war nachdenklich. »Heute morgen habe ich in meinem Garten zufällig einen besonders schönen Paline-Baum bewundert. O ja, er ist wirklich prächtig. Ich habe auch zum Fluß geblickt. Wenn du aus dem Boot gefallen bist, warum mußtest du dich dann von meinem Tor abwenden und erneut in den Fluß springen?«
Ich sparte mir ein klägliches »Äh!« Aber ich fühlte mich so.
»Ich sehe, es ist sinnlos, dich täuschen zu wollen, Horter. Die einfache Wahrheit ist die, daß ich in der Nacht in den Fluß gefallen bin und nur mit Mühe das Ufer erreichen konnte. Ich war so erschöpft, daß ich auf der Stelle eingeschlafen bin. Heute morgen fürchtete ich dann, daß man mir keinen Glauben schenken würde, obwohl es die Wahrheit ist, und so mußte ich noch einmal naß werden, um einen Beweis für meine Geschichte zu haben.«
Er dachte eine Zeitlang nach, dann sagte er: »Lahal. Dein Name?«
»Lahal. Man nennt mich Drajak den Schnellen.« Ich hatte diesen Namen seit der Begegnung mit meiner Kregoinye-Kameradin Mevancy so oft benutzt, daß er mir ohne Zögern und mit der Macht der Gewohnheit über die Lippen kam.
»Ich bin Dorval ham Hesting. Das ist mein Cadade, Jiktar Larghos Frenden.« Er lächelte wieder. »Bekannt als der Flinke. Lahal.«
Als ich seinen Gruß erwiderte, fühlte ich Erleichterung. Ob er nun meiner Geschichte Glauben schenkte oder nicht, er würde nicht befehlen, mich einen Kopf kürzer zu machen.
Es war nur bedauerlich, daß ich seinen Namen nicht früher erfahren hatte. Er war ein Hamaler. Wie sehr wäre mir doch mein geerbter echter Name Hamun ham Farthytu, Amak des Paline-Tals, hier von Nutzen gewesen!
Dorval ham Hesting war kein Adliger. Die korrekte Anrede lautete Horter, nicht Notor. In dieser von Kriegern dominierten Gesellschaft wurde ein Kaufmann nur wegen seiner Geschäftsverbindungen ins Ausland akzeptiert. Der Standort seines Hauses – so schön es auch sein mochte – verriet ebenfalls seine gesellschaftliche Stellung. Es befand sich flußabwärts von der Hauptstadt Winbium. Die schäumenden braunen Abwässer wurden nur ein kurzes Stück unterhalb von Hestings Haus in den Fluß geleitet.
Hesting musterte mich. »Stehst du im Augenblick in jemandes Diensten?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Horter. Ich bin zur Zeit Tazll.«
Die beiden Männer tauschten einen Blick aus. »Ja, es ist ziemlich offensichtlich, daß du ein Paktun bist«, sagte Jiktar Larghos Frenden. »Welche Ränge hast du gehabt?«
Beim Söldnerhandwerk nimmt man die Arbeit, wie sie kommt. Es werden wesentlich weniger Jiktars als Swods gebraucht.
»Ich habe in allen Rängen gedient, Jik.«
»In allen?« Frenden der Flinke befleißigte sich eines ausgesprochen scharfen Tonfalls, bei Krun! »Willst du damit sagen, du hast als Chuktar gedient?«
Das ging jetzt nun wirklich zu weit. »Als Kapt«, sagte ich knapp.
Jiktar Frenden öffnete den Mund, doch der Lamnia kam ihm zuvor. »Und deine letzte Beschäftigung?«
»Swod.«
Wenn sie vorhatten, mir Arbeit anzubieten, was ihnen anzusehen war, würde ich ablehnen müssen. Alles, was ich wollte, bei Zair, war etwas zu essen!
Hesting traf offensichtlich eine Entscheidung. Er nickte energisch. »Ich muß mich um Geschäfte kümmern. Ich sehe dich in der Stunde des Mid.«
Mit diesen Worten verließ er den Raum, ohne Remberee.
Die behutsame Frage nach etwas Eßbarem wurde mit der Neuigkeit belohnt, ich müsse mich bis zum zweiten Frühstück gedulden. Ich bewältigte diese schwierige Aufgabe. Als wir uns in der hellen Küche der Wachunterkünfte zu Tisch setzten, wurde meine Geduld belohnt.
Sie aßen gut, die Jurukker in Horter Hestings Diensten. Vollgestopft und eine Handvoll Palines kauend, fühlte ich mich wie ein neuer Mensch.
Natürlich hatte Frenden mir Fragen gestellt, und ich hatte mir eine Geschichte einfallen lassen, die seine Neugier zumindest für den Augenblick stillte. Als ich erwähnte, daß für mich die Zeit zum Aufbruch gekommen sei und ich für das Frühstück danke, brachte er mich mit der Bemerkung zur Verzweiflung, er benötige einen Spaziergang und werde mich deshalb in meine
Weitere Kostenlose Bücher