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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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interessant!“ rief der Kaiser, in dessen Gesicht sich das allergrößte Erstaunen zu erkennen gab. „Sie sind es, der mich retten will?“
    „Ich bin es“, antwortete Kurt ruhig.
    „Ein junger Leutnant!“
    „Ich bin überzeugt, Majestät könnten sich mir anvertrauen. Sie sehen, daß Juarez ganz derselben Überzeugung ist.“
    „Das wäre Wahnsinn! Hier haben Sie Ihr Papier zurück.“
    Kurt nahm die Schrift und schob sie wieder in die Brieftasche.
    „Ich halte es für meine Pflicht, Eure Majestät aufmerksam zu machen, daß dies der letzte Schritt von Benito Juarez ist, den er in dieser Angelegenheit tun kann.“
    „Diese Bemerkung ist vollständig überflüssig.“
    „Sie kommt aus einem wohlmeinenden deutschen Herzen, Majestät, und sollte sie wirklich überflüssig sein, so gestatte ich mir eine zweite, nämlich die, daß sich eine Clique gebildet hat, welche Juarez dadurch stürzen will, daß sie ihn zwingt, Ihr Mörder zu werden.“
    „Das klingt sehr romantisch.“
    „Ist aber dennoch wahr. Und da er nur dann Ihr Mörder werden kann, wenn Sie in seine Hände geraten, so wird diese Clique alles tun, um Sie zu veranlassen, hier in Querétaro zu bleiben.“
    „Woher wissen Sie das so genau?“
    „Ich gestatte mir vorher die Gegenfrage, ob nicht ein gewisser Pater Hilario aus Santa Jaga hier angekommen ist.“
    „Ich betrachte diese Frage als nicht an mich gerichtet.“
    „So kann ich nur bemerken, daß dieser Pater das Werkzeug dieser Clique ist und daß es sehr wohlgetan sein wird, alles, was er tut und sagt, mit Mißtrauen entgegenzunehmen.“
    „Ich verstehe. Juarez will nicht gestürzt sein, darum will er mich nicht fangen und darum fordert er mich auf, zu entfliehen.“
    Der Kaiser sprach diese Worte in einem höchst beleidigenden Ton aus. Kurt aber blieb gleichmütig und antwortete:
    „Ich bezeuge mit meinem Ehrenwort, daß Juarez nicht durch eine solche Berechnung, sondern allein durch die Stimme seines Herzens und durch unsere vereinten Bitten veranlaßt wurde, die Zeilen zu schreiben, welche ich die Ehre hatte, Eurer Majestät vorzulegen. Juarez ist nicht der Mann, sich durch eine Intrige in seiner Handlungsweise beeinflussen zu lassen. Ein Mann des festen, unerschütterlichen Prinzips, wie er ist, kann wohl besiegt werden, kann untergehen, wird aber nie einer gemeinen Berechnung fähig sein. Er kennt sein Ziel, er weiß, daß er es erreichen wird, und wenn er während seines riesenhaften, gigantischen Ringens einmal zeigt, daß in seinem Herzen nicht nur eine geradezu bewundernswerte Energie, sondern auch ein menschliches Fühlen wohnt, so muß man diesen großen Mann umso höher achten.“
    Er verbeugte sich und ging hinaus.
    Der Kaiser wußte nicht, wie ihm geschah. Er vergaß, zu fragen, ob Kurt in Querétaro bleiben oder dasselbe verlassen werde. Er vergaß ferner, daß die militärische Klugheit es fordere, sich dieses Mannes zu bemächtigen, der das Innere der Stadt gesehen hatte und dasselbe an Juarez verraten könne. Er dachte nur an die Worte, welche er zuletzt gehört hatte. Sie klangen wie ein sich immer mehr entfernendes Donnergrollen an sein Ohr, aber – er hatte die Stunde der Rettung unbenutzt vorübergehen lassen.
    Kurt fühlte sich nicht aufgelegt, in seine Venta zurückzukehren. Der Nachmittag neigte sich zu Ende und so strich er sinnend und langsam durch die Stadt, bis die Dunkelheit hereinbrach. Erst dann begab er sich zu André, welcher mit dem Abendbrot auf ihn gewartet hatte.
    „Gelungen?“ fragte dieser kurz.
    „Mißlungen!“ lautete die Antwort.
    „Warum?“
    „Der Kaiser hat jedenfalls noch eine Hoffnung, Juarez niederzuwerfen.“
    „Wird ihm verdammt schwer werden.“ –
    Es war gegen neun Uhr und Emilia erwartete bereits ihre Gäste. Da ließen sich schleichende Schritte draußen vernehmen; die Tür wurde eine Lücke breit geöffnet und zwei Augen lugten vorsichtig herein. Als der draußen Stehende sich überzeugt hatte, daß die Dame allein sei, trat er ein.
    Emilia war erst ein wenig erschrocken gewesen, jetzt aber erkannte sie ihn. Es war – der Beichtvater des Kaisers.
    Er grüßte sehr höflich und sagte dann:
    „Verzeihung, Señorita, daß ich in dieser Weise Zutritt zu Ihnen nehme. Aber es handelt sich um eine diskrete Angelegenheit. Sie waren heute mit dem General Mejia beim Kaiser. Seine Majestät konnte Ihnen keine Aufmerksamkeit schenken, weil Miramon mit einer anderen Person zugegen war. Da nun der Kaiser gewisse Vorschläge und

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