48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Hand, diesem Mann mit der nicht zu verachtenden Waffe des lächerlich machenden Witzes entgegenzutreten.
„Ihr habt eure Sache sehr gut gemacht, Señores“, sagte er. „Nun sollt ihr aber auch sehen, wie ich die meinige gemacht habe. Kommt!“
Er schritt voran; sie folgten ihm, und sein Neffe ging hinter ihnen.
Um eine Ecke biegend, zog er jene hülsenartige Rolle aus der Tasche, brannte das eine Ende an, drehte sich gegen sie um und blies in das andere. Im nächsten Augenblick sprang er weit nach vorn, und sein Neffe tat dasselbe nach rückwärts.
Ein Flammenstrahl war Cortejo und Landola entgegengezuckt. Sie hatten rufen wollen, brachten aber kein Wort hervor, denn es umgab sie eine penetrante Luftart, welche ihnen den Mund sofort wieder schloß. Einen Augenblick später lagen sie besinnungslos an der Erde.
Als Cortejo wieder erwachte, war ihm der Kopf fürchterlich schwer, sodaß er es kaum vermochte, seine Gedanken zu sammeln. Er fühlte um sich her und gewahrte zu seinem Entsetzen, daß er sich in einem steinernen Raum befinde, an dessen Mauer er mit einer Kette angeschlossen war.
„O Himmel!“ rief er unwillkürlich aus.
„Ah, der eine erwacht!“ hörte er seitwärts eine dumpfe, männliche Stimme sagen.
„Er redete“, fügte eine weibliche hinzu, welche von gegenüber ertönte.
„Wer ist hier?“ fragte er.
„Arme Gefangene, so wie du“, antwortete die männliche Stimme.
„Ich hörte zwei Personen sprechen?“
„Ich war es und meine Tochter.“
„Wer bist du?“
„Ein Unglücklicher. Mehr darf ich nicht sagen, da ich dich nicht kenne.“
Cortejo vermochte noch nicht, sich in seine Situation zu finden.
„Zum Teufel! Warum bin ich hier?“ fragte er.
„Um gefangen zu sein!“ lautete die Antwort.
„Gefangen? Ich? Unsinn!“
„Fühle an die Mauer, und fühle deine Ketten!“
Cortejo klirrte mit den Ketten und tastete, soweit diese es ihm zuließen, an der feuchten Wand hin. Er fühlte vor sich einen Wasserkrug und ein Stück trockenen Brotes.
„Heiliger Himmel!“ rief er. „Das kann doch nur ein Scherz sein.“
„Ein Scherz? O nein! Hier unten ist alles bitterer Ernst. Auch wir glaubten an Scherz. Dann hockten wir in einem furchtbaren Loch, bis man uns eine bessere Zelle gab. Vorhin wurden wir aus dieser hierher gebracht, wo es wieder schlechter ist, und unser Peiniger sagte, daß wir Gesellschaft erhalten würden, die uns in große Freude versetzen werde. Die Gesellschaft seid Ihr, aber wo bleibt die Freude?“
„Wer ist es, den du euren Peiniger nennst?“ fragte Cortejo.
„Der Pater Hilario. Er ist auch der Eurige.“
„Der Pater? O nein, er ist mein Freund!“
„Dein Freund? Also auch du hast ihm so vertraut wie wir. Hat er dir nicht giftige Luft in das Gesicht geblasen?“
„Ja.“
Cortejo hatte noch immer nicht die Besinnung und Urteilskraft erlangt. Er antwortete wie einer, der langsam aus dem Traum erwacht. Die dumpfe Stimme, welche er hörte, klang wie aus einem Grab hervor, und auch ihm war ganz so, als ob er in einem solchen liege.
„Er hatte kein Licht, als er Euch brachte“, sagte der andere, „aber ich habe gehört, daß er es war und sein Neffe. Sage uns, wer du bist.“
„Auch ich kann es dir nicht sagen, bevor ich nicht weiß, wer du bist.“
„Du sprichst von noch einem. Wer ist noch da?“
„Einer, welcher mit dir gebracht und rechter Hand von dir an die Mauer gefesselt wurde.“
„Ah! Sollte es Lan –“, er besann sich noch zur rechten Zeit und fuhr fort, sich verbessernd, „sollte es mein Gefährte sein?“
„Er wird es sein. Du bist mit ihm tot, wie wir beide auch. Hier gibt es kein Licht, kein Leben, keine Gnade und kein Erbarmen. Hier ist alles Tod, und das einzige Leben, welches es noch gibt, das ist ein unstillbares Lechzen nach Rache!“
„Seit wann seid Ihr gefangen?“
„Ich weiß es nicht. Hier gibt es keine Sonne und keine Sterne. Hier gibt es keine Unterscheidung zwischen Tag und Nacht, denn hier ist nur Nacht.“
Da richtete Cortejo sich auf, so weit es ging, und rief:
„Das gilt wohl Euch, aber nicht mir. Ich kann, ich will, und ich darf nicht Gefangener sein!“
„Du Tor! Du bist es ja bereits!“
„Der Pater betrügt mich nicht!“
„Er betrügt alle!“
„So werde ich sehen, ob es wirklich Ernst ist.“
Er legte sich in seine Ketten und versuchte sie zu sprengen; aber es gelang ihm nicht, trotzdem er alle seine Kräfte daran setzte.
„Hölle, Tod und Teufel!“ rief er keuchend.
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