48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Namen nannte.“
„Ich hörte es auch.“
„Was geht dem General mein Name an?“
„Wir werden es jedenfalls sehr bald erfahren.“
„Nun, da genießen wir wenigstens das große Glück, mit einem französischen General reden zu können. Hole ihn der Teufel!“
Der Weg führte sie durch zahlreiche Militärgruppen nach der Stadt zurück, bis vor das Gebäude, in welchem der Kommandierende sein Quartier aufgeschlagen hatte. Sie wurden sofort zu ihm geführt. Es befanden sich mehrere Offiziere bei ihm, welche die Eintretenden mit finster forschenden Blicken musterten. Der Rittmeister blieb mit seinen Leuten an der Tür halten, um die Arrestanten genau im Auge zu behalten.
Der General wendete sich zunächst an Geierschnabel, dessen ungewöhnliche Physiognomie er einige Augenblicke unter sichtlicher Belustigung musterte. Dann fragte er:
„Ihr Name?“
Geierschnabel nickte ihm außerordentlich freundlich zu und wiederholte:
„Ja, mein Name!“
Der General machte jetzt eine Miene des Erstaunens und wiederholte:
„Ihr Name!“
Sein Ton war jetzt ein bedeutend strengerer als vorher; aber der Jäger schien dies gar nicht zu bemerken. Er schmunzelte den General abermals höchst vertraulich an und antwortete kopfnickend:
„Freilich, freilich! Mein Name!“
„Mann, was fällt Ihnen ein. Ihren Namen will ich wissen!“ rief jetzt der Offizier erzürnt.
„Ah! Wissen wollten Sie ihn? Ja, das konnte ich doch nicht erraten. Sie sagten: ‚Ihr Name!‘ Ich habe gedacht, er gefällt Ihnen so ausnehmen. Nun erfahre ich aber, daß Sie ihn noch gar nicht wissen.“
„Sind Sie des Teufels? Es versteht sich doch ganz von selbst, daß ich wissen will, wie Sie heißen!“
„Ganz von selbst? O nein! Wenn jemand zu mir sagt: ‚Hochverehrtester Señor, wollen Sie nicht die Gewogenheit haben, mir zu sagen, wie Ihr geehrtester Name lautet?‘ so weiß ich, was er will; aber wenn einer bloß sagt: ‚Ihr Name!‘ so kann ich nur vermuten, daß er in Beziehung meines Namens irgend eine Absicht verfolgt, welche sie aber ist, das weiß der Teufel!“
Der General wußte nicht was er denken sollte. Hatte er hier einen äußerst frechen oder geistig beschränkten Menschen vor sich? Er hielt noch an sich und sagte:
„Nun, also jetzt wissen Sie, daß ich Ihren Namen hören will.“
„Den richtigen oder den anderen?“
„Den richtigen!“
„Den richtigen? Hm! Das wird schwer halten!“ meinte Geierschnabel höchst nachdenklich.
Der General runzelte die Stirn und sagte:
„Wieso? Sie haben wohl Ursache, sich des richtigen gar nicht zu bedienen? Sie tragen falsche Namen? Das ist sehr verdächtig.“
„Schwerlich!“ antwortete Geierschnabel leichthin. „Aber man hat mich so lange Zeit nicht bei meinem richtigen Namen genannt, daß ich ihn fast ganz und gar vergessen habe.“
„Nun, so besinnen Sie sich! Wie lautet er?“
„Hm! Ich glaube, ich heiße William Saunders.“
„Woher?“
„Woher ich so heiße?“
„Nein, sondern woher Sie sind!“ fuhr ihn der General an.
„Aus den Vereinigten Staaten.“
„Und wie heißt der andere Name?“
„Geierschnabel.“
„Ah! Ein nom de guerre, wie ihn die Verbrecher untereinander zu führen pflegen. Wer hat Sie so genannt?“
„Meine Kameraden.“
„Ich dachte es mir! Diese Kameraden waren wohl Bewohner der hintersten Quartiere?“
„Der hintersten Quartiere?“ fragte Geierschnabel erstaunt. „Diesen Ausdruck habe ich noch nie gehört. Was hat er zu bedeuten?“
„Ich meine, daß es Menschen waren, welche das Licht des Tages zu scheuen hatten.“
„Ah! Sie meinen wohl Spitzbuben und Konsorten?“
„Ja“, nickte der General.
„Pfui Teufel! Pchtichchchch!“
Dabei spuckte er so nahe am Kopf des Generals vorüber, daß dieser erschrocken zur Seite sprang und mehr erstaunt als zornig ausrief:
„Mensch, was fällt Ihnen ein. Wissen Sie, vor wem Sie stehen?“
„Ja“, nickte Geierschnabel ganz gemütlich.
„So betragen Sie sich auch danach. Also, wer waren Ihre Komplizen?“
„Komplizen? Ich will geteert und gefedert werden, wenn ich dieses Wort verstehe! Meinen Sie etwa meine Kameraden?“
„Ja.“
„Die mir den Namen gegeben haben?“
„Ja.“
„Nun, das waren wackere Jungens, lauter Jungens, lauter tüchtige Kerls, denen es ganz egal war, ob sie mit einem Pferdedieb oder mit einem General redeten. Jäger waren es, Trapper, Squatter und Indianer. Sie müssen nämlich wissen, daß es in der Savanne fast keinen Jäger gibt, der nicht
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