48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Mörder.“
„Befleißigen Sie sich eines anderen Tones! Selbst wenn ich das Bisherige fallen lasse, so bleibt doch der Umstand, daß Sie als Kombattant dieses Juarez, hier mitten in unserem Lager betroffen wurden. Sie werden wissen, was das zu bedeuten hat.“
„Kriegsgefangen etwa?“
„O nein! Viel schlimmer. Sie haben sich hier eingeschlichen. Sie sind natürlich Spion!“
„Oho!“ rief da Geierschnabel. „Ich bin nicht mehr Kombattant. Hier ist der Beweis.“
Er gab ein drittes Papier hin.
„Das ist allerdings die Zufertigung Ihres Abschiedes von Seiten des Juarez“, sagte der General, als er es gelesen hatte; „aber das kann nichts ändern. Sie sind im Lager getroffen worden, Sie sind Spion!“
„So muß ein jeder Fremde, welcher zufälligerweise an einem Ort kommt, an welchem sich französische Truppen befinden, ein Spion sein!“
„Ihr Argument ist kein geistreiches. Ich habe übrigens weder Zeit noch Lust, mich mit Ihnen weiter zu unterhalten. Das bereits angezogene kaiserliche Dekret sagt, daß ein jeder, welcher den Truppen des Kaisers gegenübersteht, nämlich mit den Waffen in der Hand, ein Aufrührer und ein Räuber ist und als solcher behandelt, das heißt, erschossen werden soll. Ihr Urteil ist gesprochen.“
Da richtete sich die Gestalt des Jägers stolz in die Höhe.
„General“, sagte er, „Sie sind Untertan des Kaisers von Frankreich, welcher den Erzherzog Max von Österreich als Kaiser von Mexiko anerkannte; für Sie mag also das, was Max oder Napoleon dekretieren, Geltung haben. Ich aber bin Untertan der Vereinigten Staaten, deren Präsident einen Kaiser von Mexiko nie anerkannt hat; was also der Erzherzog von Österreich dekretiert, ist meinem Präsidenten und auch mir ganz egal.“
„Es wird sich zeigen, daß es Ihnen nicht ganz und gar egal zu sein braucht. Sie befinden sich innerhalb unseres Machtbereiches und werden nach den Gesetzen behandelt, welche hier Geltung haben.“
„Man versuche es! Ich protestiere gegen jede Gewaltsamkeit. Mein Präsident wird sich und mir Genugtuungen zu verschaffen wissen.“
„Pah! Der Präsident von Krämern“, rief der General verächtlich.
„Pchtichchchchchch!“ spie Geierschnabel einen Strahl aus, welcher über das ganze Zimmer hinüber und gegen die Wand spritzte. „Krämer?“ rief er. „General, sagen Sie mir doch, weshalb die Franzosen jetzt aus Mexiko gehen? Dieser Präsident der Krämer hat Napoleon mitgeteilt, daß er keinen Franzosen mehr in Mexiko dulde, und Ihr großer Kaiser läßt Sie abmarschieren. Diese Krämer müssen also doch Kerls sein, die nicht auf den Kopf gefallen sind, und welche man in Paris zu respektieren gezwungen ist.“
So hatte noch niemand gewagt, mit dem General zu sprechen. Auf seine Büchse gestützt, stand Geierschnabel in stolzer, selbstbewußter Haltung da, als ob er der Kommandierende, der General aber der Arretierte sei. Dieser letztere hätte den mutigen Jäger am liebsten sofort erschießen lassen, aber er kannte gar wohl die Macht der von diesem vorgebrachten Argumente. Er befleißigte sich daher eines hochstolzen, eisigen Tones und sagte:
„Ich habe mich herabgelassen, Ihren Fall direkt zu untersuchen. Sie haben nun zu schweigen und das Weitere zu gewärtigen.“
„Bin neugierig darauf“, meinte Geierschnabel.
Der General wendete sich zu Grandeprise:
„Wie heißen Sie?“
„Grandeprise.“
„Woher?“
„Aus New Orleans.“
„Also auch Untertan der Vereinigten Staaten?“
„Ja, ursprünglich, dann aber nicht mehr, jetzt aber wieder.“
„Wie habe ich das zu verstehen?“
„Ich bin Jäger und wohne am texanischen Ufer des Rio Grande.“
„Kämpften Sie unter Juarez?“
„Nein.“
„Was tun Sie hier?“
„Ich bin von dem Herrn Leutnant Helmers engagiert.“
„Und Sie?“ fragte der Franzose den Seemann Peters.
„Ich bin Matrose, heiße Peters und habe einen Privatauftrag in Mexiko auszurichten. Hier meine Legitimation.“
Das war eine ebenso kurze wie exakte Auskunft. Der General las die Legitimation und fragte:
„Aber Sie sind wohl auch von diesem Herrn engagiert?“
„Ja.“
„Trotz Ihres privaten Auftrages?“
„Ja. Unsere privaten Absichten sind zufälligerweise ganz dieselben.“
„So werde ich wohl hier darüber Aufklärung erlangen.“
Bei diesen Worten wendete er sich Kurt zu. Dieser hatte bisher ganz ruhig dagestanden und gar nicht getan, als ob das Gesprochene ihn berühre. Jetzt wurde er gefragt:
„Sie heißen?“
„Hier
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